Entscheidungsstichwort (Thema)
Strafverteidigerkosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit
Leitsatz (amtlich)
Strafverteidigungskosten können Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit sein. Voraussetzung für den Werbungskostenabzug ist aber, dass der Tatvorwurf in einem ausschließlichen und unmittelbaren Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen steht. Eine nur angelegentlich der Berufsausübung begangene Tat reicht für den erforderlichen Veranlassungszusammenhang nicht aus.
Wird einem angestellten Piloten vorgeworfen, durch vorsätzlich falsche Angaben über seinen Wohnsitz Einkommensteuern hinterzogen zu haben, so hat die vorgeworfene Tat der Steuerhinterziehung keinen unmittelbaren Bezug zu der Berufstätigkeit als Pilot.
Die mit dem Vorwurf der Steuerhinterziehung in Zusammenhang stehenden Strafverteidigungskosten mindern deshalb nicht die Einkünfte des Piloten aus nichtselbständiger Arbeit. Die Aufwendungen betreffen vielmehr die persönliche Einkommensteuerschuld und damit den Privatbereich des Steuerpflichtigen.
Das gilt auch dann, wenn der Strafverteidiger zugleich eine Zuverlässigkeitsprüfung nach § 7 LuftSiG für den Piloten abwendet und damit arbeitsrechtlichen Konsequenzen vorbeugt. Denn das "auslösende Moment" der Aufwendungen bleibt die vorgeworfene Steuerhinterziehung als sog. Privattat.
Normenkette
EStG §§ 9, 49; LuftSiG § 7
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Aufwendungen für das Honorar eines in einem Verfahren wegen vermuteter Steuerhinterziehung tätigen Strafverteidigers als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in Abzug bringen kann.
Der Kläger ist niederländischer Staatsbürger und seit dem Jahr 2003 bei der A GmbH als Pilot beschäftigt. Aus dieser Tätigkeit erzielt er Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Da sich Wohnsitz und gewöhnlicher Aufenthalt des Klägers seit dem Jahr 2003 in den Niederlanden befunden haben, unterliegt der Kläger in Deutschland lediglich der beschränkten Steuerpflicht, mithin sind für die Besteuerung die inländischen Einkünfte nach § 49 EStG maßgeblich.
Für die Veranlagungszeiträume 2003 bis 2005 hat der Kläger beim zuständigen Betriebsstättenfinanzamt Anträge auf Erteilung von Bescheinigungen für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer gestellt. Nach der Erteilung legte der Kläger diese Bescheinigungen bei seinem Arbeitgeber vor, so dass dieser lediglich die Inlandsbestandteile des Arbeitslohns dem Lohnsteuerabzug unterwarf. Später wurde in Hinblick auf diese Jahre gegen den Kläger wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung ein Steuerstrafverfahren durchgeführt. Der Kläger stand im Verdacht, dem Finanzamt in seinen oben genannten Anträgen einen inländischen Wohnsitz verschwiegen zu haben. Ein solcher hätte zur Folge gehabt, dass der Kläger der unbeschränkten Steuerpflicht unterlegen hätte. Das Verfahren wurde, nachdem der Kläger die ordnungsgemäße Versteuerung des Arbeitslohns in den Niederlanden nachweisen konnte, eingestellt. Der für den Kläger in diesem Verfahren mandatierte Anwalt berechnete dem Kläger für seine Tätigkeit mit Schreiben vom 06.11.2008 ein Honorar in Höhe von 2.998,80 €.
Für die Veranlagungszeiträume 2006 bis 2008 hat der Kläger im August 2009 Einkommensteuererklärungen zur beschränkten Steuerpflicht abgegeben. Für das Jahr 2008 erklärte der Kläger das an den Anwalt gezahlte Honorar als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. In seinem Bescheid vom 05.02.2010 ließ der Beklagte diese Aufwendung nicht zum Werbungskostenabzug zu. Hiergegen legte der Kläger am 05.03.2010 Einspruch ein.
Zur Begründung verwies er darauf, dass das Honorar in einem unmittelbaren Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit stehe. Die Strafverteidigung sei berufsnotwendig gewesen, da er als Pilot der Zuverlässigkeitsprüfung nach § 7 Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) unterliege. Eine negative Zuverlässigkeitsprüfung könne zu einer Suspendierung durch das Luftfahrtbundesamt und damit letztlich zur Kündigung durch den Arbeitgeber führen. Die Zuverlässigkeit i. S. d. § 7 LuftSiG sei zwar nicht näher legal definiert, allerdings zeige die Erfahrung, dass auch ein Verstoß wie das der Steuerhinterziehung zu einem negativen Prüfergebnis führen könne. Dies gelte auch bereits bei der Verurteilung zu einer Strafe unter 90 Tagessätzen.
Den Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 09.06.2010 zurück. Die Aufwendungen für den Strafverteidiger seien dem Bereich der privaten Lebensführung zuzuordnen. Dies ergäbe sich insbesondere auch aus den Grundsätzen des BFH Urteils vom 18.10.2007, VI R 42/04 , BStBl. II 2008, 223 . Hintergrund für das Strafverfahren sei allein der Verdacht auf eine private Verfehlung, nämlich die vorsätzlich falsche Erklärung von Angaben gegenüber dem Finanzamt. Dem Kläger sei in dem Verfahren dagegen kein Vorwurf über ein berufliches Fehlverhalten gemacht worden. Eine berufliche Veranlassung der Aufwendungen ents...