Entscheidungsstichwort (Thema)
FGO: Wirksamkeit der StBPPV
Leitsatz (amtlich)
Die Steuerberaterplattform- und -postfachverordnung (StBPPV) ist wirksam, obwohl sie vor der Anwendbarkeit der Ermächtigungsgrundlage erlassen wurde.
Normenkette
FGO § 52d
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die per E-Mail, Post und schließlich per besonderem elektronischen Steuerberaterpostfach (beSt) erhobene Klage gegen die Bescheide über Einkommensteuer und Umsatzsteuer 2021 zulässig ist.
Die Kläger sind verheiratet.
Mit Bescheid vom 28. August 2023 schätzte der Beklagte die Einkommensteuer 2021 der Kläger auf ... Euro und führte zur Begründung aus, dass keine Steuererklärung abgegeben worden sei. Mit Bescheid vom gleichen Tage schätzte der Beklagte die Umsatzsteuer 2021 gegenüber dem Kläger auf ... Euro und führte ebenfalls zur Begründung aus, dass keine Steuererklärung abgegeben worden sei.
Die Kläger legten am 18. September 2023 Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid und der Kläger gegen den Umsatzsteuerbescheid ein.
Nach einer vergeblichen Aufforderung, den Einspruch zu begründen, wies der Beklagte die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 2. November 2023 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass nach Aktenlage keine Verstöße gegen geltende Bestimmungen hätten festgestellt werden können. Die Einspruchsentscheidung wurde mit Postzustellungsurkunde am 4. November 2023 zugestellt. Die Rechtsbehelfsbelehrung lautet auszugsweise wie folgt:
"Gegen diese Entscheidung kann Klage erhoben werden. Die Klage ist beim Finanzgericht Hamburg [...] schriftlich oder als elektronisches Dokument einzureichen oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erklären. [...] Die Voraussetzungen zur elektronischen Übermittlung regelt § 52a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Zur verpflichtenden Übermittlung elektronischer Dokumente siehe § 52d FGO."
Am 30. November 2023 haben die Kläger, vertreten durch ihren Steuerberater, per E-Mail Klage vor dem Finanzgericht erhoben.
Der Vorsitzende des 6. Senats hat in einem Schreiben an den Steuerberater darauf hingewiesen, dass die Klage nicht wirksam erhoben sein dürfte. Steuerberater seien gemäß § 52d Satz 2 FGO verpflichtet, Klagen elektronisch über ihr beSt einzureichen. Eine solche Übermittlung müsse im Rahmen der Klagefrist nachgeholt werden. Dieses Schreiben konnte der Klägerseite elektronisch nicht übermittelt werden. Der Versuch, es am Montag, dem 4. Dezember 2023, an den Steuerberater zu faxen, war ebenfalls vergeblich.
Zuvor, nämlich am 1. Dezember 2023 ist die Klage der Kläger, vertreten durch den Steuerberater, per Post bei Gericht eingegangen. Als Anlage enthielt die Klage das Protokoll zur elektronischen Datenübermittlung der Steuererklärungen an das Finanzamt.
Am Dienstag, dem 5. Dezember 2023, ist die Klage über das beSt bei Gericht eingegangen.
Am 7. Dezember 2023 hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt. Zur Begründung führt er aus, es sei die erste Klage in 2023 gewesen. Nach dem Hinweis des Gerichts habe er mithilfe seines Partners sofort das beSt eingerichtet. Des Weiteren sei er, der Steuerberater der Kläger, über mehrere Monate wegen seiner Krebserkrankung ausgefallen. Schließlich hätte ihn, den Prozessvertreter die Information des Gerichts über die Unzulässigkeit zu spät erreicht. Ihm, dem Prozessbevollmächtigten, sei in diesem Fall die Notwendigkeit der Einreichung der Klage über das beSt bis zum Anruf der Mitarbeiterin des Gerichts am 5. Dezember 2023 einfach nicht mehr präsent gewesen.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
unter Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2021 vom 28. August 2023 und der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2023 sie erklärungsgemäß zu veranlagen und
unter Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides 2021 vom 28. August 2023 und der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2023 ihn, den Kläger, erklärungsgemäß zu veranlagen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt er aus: Die Klage sei unzulässig, da sie formunwirksam eingereicht worden sei. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheide aus, weil den Klägern das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten zuzurechnen sei.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Ergänzend wird Bezug genommen auf das Protokoll des Erörterungstermins vom 30. August 2024, sowie die Sachakten des Beklagten und die Gerichtsakte, die dem Gericht bei seiner Entscheidung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe
I. Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung ergehen, da die Beteiligten einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt haben, vgl. § 90 Abs. 2 FGO.
Die Klage ist dahingehend auszulegen, dass sich die Kläger gemeinsam gegen die Einkommensteuer 2021 wenden und der Kläger alleine gegen die Umsatzsteuer 2021. Dies wird aus ihrem Vorbringen deutlich. Dass der Beklagte beide Begehren in einer Einspruchsentscheidung entschieden hat, ändert daran nichts, de...