Entscheidungsstichwort (Thema)
Marktordnungsrecht: Übereinstimmung der Milchabgabenregelungen mit Unions- und Verfassungsrecht
Leitsatz (amtlich)
Die im Milchwirtschaftsjahr 2004/2005 in Bezug auf die Erhebung der Abgabe geltenden Bestimmungen der VO Nr. 1788/2003 sowie der Milchabgabenverordnung (MilchAbgV) verstoßen weder gegen Unionsrecht noch gegen nationales Verfassungsrecht.
Normenkette
GG Art. 80 Abs. 1 Sätze 2-3; MilchAbgV § 19
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Milchgarantiemengenabgaben.
Zum Ende des Milchwirtschaftsjahres 2004/2005 verfügte der Kläger über eine Anlieferungs-Referenzmenge in Höhe von ... kg mit einem Referenzfettgehalt von ... %. Im Milchwirtschaftsjahr 2004/2005 lieferte der Kläger an die Meiereigenossenschaft A ... kg Milch. Unter Berücksichtigung einer Korrektur wegen des Fettgehalts errechnete sich eine Überlieferung von ... kg. Infolge einer Saldierung auf Molkerei- und Bundesebene reduzierte sich die für die Abgabenerhebung maßgebliche Milchmenge auf ... kg Milch.
Ausgehend von einem Abgabensatz von 33,27 € errechnete die Molkerei für das Milchwirtschaftsjahr 2004/2005 eine Abgabe in Höhe von 38.070,86 €, die sie am 18.07.2005 beim Beklagten anmeldete.
Mit Schreiben vom ... 2005 legte der Kläger gegen die Abgabenanmeldung Einspruch ein. Er meint, die Abgabenerhebung sei unverhältnismäßig. Die Rechtfertigung für die Abgabenerhebung sei entfallen. Die Gründe für die Einführung der Milchquotenregelung hätten im Milchwirtschaftsjahr 2004/2005 nicht mehr bestanden. Die Unverhältnismäßigkeit der Regelung ergebe sich auch daraus, dass das Quotensystem und die für den Fall der Überlieferung drohende, erdrosselnde Abgabe verhinderten, dass die Erzeuger auf veränderte Umstände am Markt reagieren könnten. Zudem bestünden vor dem Hintergrund des Bestimmtheitserfordernisses aus Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG erhebliche Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit des § 12 Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 1 Abs. 2 MOG als Ermächtigung für den Erlass der MilchAbgV. Schließlich bestünden Zweifel hinsichtlich der gebotenen zweckgerechten Verwendung des Abgabenaufkommens.
Mit Einspruchsentscheidung vom 14.02.2008, dem Kläger zugegangen am 21.02.2008, hat der Beklagte den Einspruch zurückgewiesen. Zur Begründung führte er aus, die Milchabgabe stütze sich auf eine gemeinschaftsrechtliche Ermächtigung. Die nationale Ausgestaltung des Milchquotenrechts entspreche der VO Nr. 1788/2003. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liege nicht vor. Auch werde das Abgabenaufkommen nicht zweckwidrig verwandt. § 12 Abs. 2 i. V. m. § 1 MOG stelle eine im Lichte des Art. 80 GG hinreichend bestimmte Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der MilchAbgV dar.
Mit seiner am 20.02.2008 zunächst als Untätigkeitsklage bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er meint, die in der VO Nr. 1788/2003 geregelte Abgabe stelle infolge der zwischenzeitlich eingetretenen Systemveränderung auf dem Milchsektor eine unverhältnismäßige Belastung des Einzelnen dar. Die Rechtswidrigkeit dieser Verordnung habe die Unwirksamkeit der MilchAbgV zur Folge. Das Milchabgabensystem sei ursprünglich dadurch gekennzeichnet gewesen, dass neben der Abgabenbelastung die begünstigende Intervention (Garantiepreis) gestanden habe (VO Nrn. 804/68, 856/84 und 857/84). Dies entspreche den Zielen der gemeinsamen Agrarpolitik gem. Art. 33 Abs. 1 EGV. Im Verlauf sei die Zusatzabgabe erhöht worden (VO Nr. 774/87), um die zunehmende Überproduktion unrentabel zu machen. Mit der VO Nr. 3059/92 sei die Abgabenerhebung neu geregelt worden. Statt von einem Garantiepreis könne ab diesem Zeitpunkt nur noch von einem gestützten Preis geredet werden. In der Folge seien die Aufwendungen zur Marktstützung konsequent gesenkt worden, während die Milchquotenregelung bis zum 31.03.2015 verlängert worden sei. Mit der VO Nr. 1782/2003 sei dann eine - im Gegensatz zu früher - von der Produktion entkoppelte Betriebsprämie eingeführt worden. Zudem sei eine Milchprämie für die einzelbetriebliche Referenzmenge eines Milcherzeugers gewährt worden. Mit der VO Nr. 1787/2003 seien der Richtpreis abgeschafft und die Intervention zeitlich und mengenmäßig begrenzt und damit die Preisgarantie und die Abnahmegarantie aufgehoben worden. Die Quote liege um 20 % über dem Binnenverbrauch, so dass ein Marktgleichgewicht nicht erreicht werde und insofern die Eingriffe in die Rechte der Milcherzeuger nicht gerechtfertigt seien. § 12 Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 1 Abs. 2 MOG genüge wegen des Bestimmtheitsgebots nicht den Anforderungen an eine Ermächtigungsgrundlage für § 19 MilchAbgV. Zudem sei das Zitiergebot des Art. 80 Abs. 1 S. 3 GG verletzt. Die zur VO Nr. 3950/92 ergangene Rechtsprechung sei wegen des mit der VO Nr. 1788/2003 vollzogenen Systembruchs nicht mehr anwendbar. Nach Art. 22 VO Nr. 1788/2003 müsse die Abgabe zur Finanzierung der Ausgaben im Milchsektor verwendet werden. Angesichts der weit...