rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgabenordnung: Ermessensfehler bei der Festsetzung eines Verspätungszuschlags
Leitsatz (amtlich)
Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags ist ermessensfehlerhaft, wenn sie keine Ausführungen zum Verschulden enthält und nicht darlegt, in welcher Weise der Steuerpflichtige aus der verspäteten Abgabe der Erklärung einen tatsächlichen Vorteil gezogen hat und keine Erwägungen enthält, ob Umstände des Einzelfalls Anlass geben, von der maschinell vorgeschlagenen Höhe abzuweichen.
Normenkette
AO § 152 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung eines Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer 2008.
Die Kläger sind Eheleute und haben vier Kinder. Der Kläger erzielt im Wesentlichen als Rechtsanwalt Einkünfte aus selbstständiger Arbeit aus einer Partnerschaft.
Der Beklagte verlängerte den Abgabetermin für die Einkommensteuererklärung 2008 mit Schreiben vom 15.07.2009 bis zum 30.09.2009. In diesem Schreiben wies der Beklagte darauf hin, dass nach ergebnislosem Fristablauf ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden könne. Die Kläger reichten die Einkommensteuererklärung 2008 am 26.02.2010 bei dem Beklagten ein.
Mit Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 03.11.2010, in dem die Kläger zusammen veranlagt wurden, setzte der Beklagte unter Zugrundelegung eines zu versteuernden Einkommens in Höhe von ... € Einkommensteuer in Höhe von ... € fest. Aus der Steuerfestsetzung ergab sich nach Abzug geleisteter Vorauszahlungen ein Zahlungsanspruch des Beklagten für die Einkommensteuer in Höhe von ... €.
Der Beklagte setzte zugleich mit dem Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 03.11.2010 einen Verspätungszuschlag in Höhe von 2.250 € fest. Hiergegen legten die Kläger am 03.12.2010 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 09.03.2011 zurückwies.
Am 12.04.2011 erhoben die Kläger Klage.
Der Beklagte hob mit Bescheid vom 04.06.2012 den Bescheid über die Festsetzung eines Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer 2008 vom 03.11.2010 auf. Mit Bescheid vom selben Datum setzte der Beklagte einen Verspätungszuschlag zur Einkommensteuer 2008 in Höhe von 1.200 € fest. In diesem Bescheid führte der Beklagte aus, dass die Abgabefrist bis zum 30.09.2009 verlängert worden sei. Der Verspätungszuschlag betrage 1,6475 % der festgesetzten Steuer. Da der sich aus der Steuerfestsetzung ergebende Zahlungsanspruch über 8.500 € betragen habe, hätten aus der verspäteten Abgabe finanzielle Vorteile gezogen werden können, zumal Zinsen erst ab dem 01.04.2010 festgesetzt worden seien. Bereits die Steuererklärung 2007 sei nicht fristgemäß abgegeben worden. Bei einem zu versteuernden Einkommen in Höhe von 192.315 € bestünden auch keine Bedenken hinsichtlich der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.
Die Kläger sind der Auffassung, der Beklagte habe bei der Festsetzung des Verspätungszuschlages ermessensfehlerhaft gehandelt. Im ursprünglichen Steuerfestsetzungsverfahren habe der Beklagte sein Ermessen nicht ausgeübt. Des Weiteren habe sich der Beklagte über die Angemessenheit des Verspätungszuschlages keine Gedanken gemacht. Unter Zinsgesichtspunkten habe kein Anreiz für eine verspätete Abgabe der Steuererklärung bestanden, da der Zinssatz von 0,5 % pro Monat gemäß § 233a der Abgabenordnung (AO) durch private Geldanlage nicht zu erzielen gewesen sei. Die gesetzgeberische Entscheidung, dass der Zinslauf erst zum 01.04.2010 einsetze, könne nicht den Klägern angelastet werden. Im Übrigen wäre die Steuerfestsetzung auch bei fristgerechter Abgabe der Steuererklärung nicht vor Ablauf des zinsfreien Zeitraumes erfolgt. Zudem sei die Höhe des Verspätungszuschlages unverhältnismäßig. In früheren Jahren seien den Klägern für die Abgabe der Steuererklärungen jeweils Fristverlängerungen bis in die ersten Monate des übernächsten Jahres nach Ablauf des Steuerzeitraums gewährt worden. Für die Einkommensteuererklärung des Jahres 2007 habe der Beklagte wegen einer um 9 Tage verspäteten Abgabe lediglich einen Verspätungszuschlag in Höhe von 30 € festgesetzt. Zu diesem Verspätungszuschlag stehe die Festsetzung des Verspätungszuschlages für 2008 völlig außer Verhältnis. Gemessen an anderen staatlichen finanziellen Sanktionen stehe die Höhe des Verspätungszuschlages ebenfalls außer Verhältnis zur Schwere des Rechtsverstoßes und zum Verschulden der Kläger. Des Weiteren sei nicht erkennbar, dass der Beklagte den Zweck des Verspätungszuschlages, den Steuerpflichtigen zur rechtzeitigen Abgabe der Steuererklärung anzuhalten, in Erwägung gezogen habe. Ferner habe der Beklagte fehlerhaft auf die Gesamthöhe der Steuerschuld anstelle auf den verbleibenden Zahlungsanspruch abgestellt. Zudem habe der Beklagte die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kläger fehlerhaft berücksichtigt, da es auf das disponible Einkommen der Kläger ankomme. Ausführungen zum Verschulden der Kläger fehlten völlig.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid über die Festsetzung eines Verspätungszuschlages vom 04.06.2012 i...