Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertrauensschutz beim Export von "DDR-Zuchtrindern"
Leitsatz (amtlich)
Hinsichtlich der Gewährung von Ausfuhrerstattungen gab es zum Zeitpunkt der hier streitigen Ausfuhren keine gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften, welche für den Nachweis der Eigenschaft der ausgeführten Rinder aus DDR-Beständen als reinrassige Zuchtrinder die Vorlage bestimmter Nachweisdokumente ausdrücklich vorsahen.
Normenkette
MOG § 10 Abs. 1; VwVfG § 48 Abs. 2; EWGV 3665/87 Art. 5 Abs. 1, Art. 13; VO (EWG) Nr. 2342/92 Art. 3; EWG-RL 64/432 Art. 3
Tatbestand
Die Klägerin beantragte im Juli und August 1991 bei verschiedenen Zollstellen die Überwachung der Ausfuhr für Rinder - reinrassige Zuchttiere - Färsen mit mehr als 250 kg - andere - der Marktordnungswarenliste Nr. 010210001900. Auf ihre beim Beklagten gestellten Formanträge wurde der Klägerin nach Eingang der Kontrollexemplare T5 mit den erforderlichen Bestätigungen, dass die Tiere das Zollgebiet der Gemeinschaft verlassen hatten, die Erstattungsbeträge antragsgemäß gezahlt.
Nachdem das Zollfahndungsamt A im Rahmen durchgeführter Ermittlungen festgestellt hatte, dass die Betriebe, aus denen die streitbefangenen Tiere stammten, nicht den Bestimmungen des Art. 3 Abs. 3 Buchstabe d der Richtlinie 64/432 EWG entsprachen und auch die erforderlichen Zuchtbescheinigungen nicht vorlagen, forderte der Beklagte mit Erstattungsbescheid vom 2.09.1993 die die Ausfuhrerstattung für Mast- bzw. Schlachtrinder übersteigende gewährte Ausfuhrvergünstigungen in Höhe von insgesamt 40.774,12 DM zurück. Die belassene Erstattung in Höhe von 332.017,33 DM wurde unter dem Vorbehalt gestellt, dass die Rinder leukosefrei waren.
Gegen den Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 14.09.1993 Einspruch ein, den sie im wesentlichen damit begründete, dass aufgrund der Akzeptanz der vorgelegten Leistungskarten durch die Zollstellen entsprechende Vermögensdispositionen getroffen worden seien, und die Leistungskarten einen tauglichen Nachweis der Zuchtrindereigenschaften darstellten. Gegen die angekündigte Verböserung wandte die Klägerin ergänzend ein, dass dem u.a. Vertrauensschutzgründe entgegenstünden.
Den Einspruch wies der Beklagte nach Verböserung um 223.017,33 DM mit seiner Einspruchsentscheidung vom 22.09.1999 in Höhe von insgesamt 372.791,45 DM als unbegründet zurück. Hiergegen richtet sich die fristgerecht erhobene Klage vom 22. Oktober 1999, zu deren Begründung die Klägerin u.a. Folgendes vorträgt:
Bei den ausgeführten Tieren habe es sich um Zuchtrinder mit gesunder und handelsüblicher Qualität gehandelt. Das sei durch die zum Zeitpunkt der Ausfuhr gültigen Unterlagen auch belegt (DDR Leistungskarte TZ 62 und Gesundheitszeugnisse der zuständigen Veterinäre). Im Übrigen stünden der Rückforderung Vertrauensschutzgründe entgegen.
Nachdem die Klägerin die Klage in Höhe von 40.774,12 DM (Differenz zwischen der Zucht- und Schlachtrindererstattung) zurückgenommen hat, beantragt die Klägerin den Erstattungsbescheid vom 2.09.1993 in Gestalt der verbösernden Einspruchsentscheidung vom 22.09.1999 insoweit aufzuheben, als ein über 40.774,12 DM hinausgehender Betrag zurückgefordert wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung, worauf Bezug genommen wird. Ergänzend trägt er u.a. Folgendes vor:
Die Frage der Zuchtrindereigenschaft sowie auch die gesunde und handelsübliche Qualität beurteilten sich nach gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften. Die entsprechenden Voraussetzungen seien unstreitig nicht erfüllt. Auf Vertrauensschutz könne die Klägerin sich nicht berufen. Es könne und müsse von der Klägerin verlangt werden, dass sie sich durch die Lektüre der einschlägigen Amtsblätter Gewissheit über das auf ihre Geschäfte anwendbare Gemeinschaftsrecht verschaffe.
Die Sachvorgänge des Beklagten haben vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Der Beklagte hat zu Unrecht die gewährte Ausfuhrerstattung zurückgefordert. Zwar hat die Klägerin nicht die nach Gemeinschaftsrecht erforderlichen Zucht- und Gesundheitsbescheinigungen für die in den Libanon ausgeführten Rinder vorgelegt. Der Klägerin ist jedoch Vertrauensschutz dahingehend zu gewähren, dass die seinerzeit vorgelegten Nachweise zur Erlangung der Ausfuhrerstattung ausreichend waren. Dieser Vertrauensschutz steht einer Berufung des Beklagten auf das Fehlen dieser nach Gemeinschaftsrecht erforderlichen Nachweise im Rückforderungsverfahren entgegen.
I.
1.) Nach § 10 Abs. 1, Abs. 3 des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen - MOG - sind rechtswidrige begünstigende Bescheide über Ausfuhrerstattung zurückzunehmen und zu erstattenden Beträge durch Bescheid festzusetzen. Gemäß § 11 MOG trägt der Begünstigte auch nach Empfang einer Vergünstigung nach § 6 oder § 8 in dem Verantwortungsbereich, der nicht zum Bereich der für die Gewährung der Vergünstigung zuständigen Stelle gehört, die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung...