Entscheidungsstichwort (Thema)
Energiesteuer: Steuerfreie Verwendung von Bunkerdiesel für die Schifffahrt
Leitsatz (amtlich)
1. Die steuerbefreite Verwendung von Bunkerdiesel zum Betrieb eines Hopperbaggers bedarf des Vorliegens einer Einzelerlaubnis nach § 24 Abs. 2 Satz 1 EnergieStG. Die allgemeine Erlaubnis nach § 55 EnergieStV gilt gemäß Nr. 3, 3.1 der Anlage 1 zur EnergieStV wegen der Einreihung des Hopperbaggers in Position 8905 KN nicht.
2. Das EnergieStG schließt die Steuerbefreiung mithin aufgrund eines Verstoßes gegen Formvorschriften aus. Angesichts der parallel bestehenden Möglichkeit der Steuerentlastung nach § 52 EnergieStG liegt indes kein Verstoß gegen den unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vor.
3. Siehe auch die Parallelentscheidung zum Aktenzeichen 4 K 85/19.
Normenkette
EnergieStG §§ 8, 24, 27, 52; EnergieStV § 55; EGRichtl 2003/96 Art. 6, 14 Abs. 1 lit. c); KN Position 8905
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Nachbesteuerung von Gasöl, dass sie im Streitjahr 2016 für einen Hopperbagger bezogen hat.
Die Klägerin betreibt öffentliche Seehäfen in Deutschland. ...
Der Rechtsstreit betrifft die Verwendung von Dieselkraftstoff für das "MS ..." (im Folgenden: "MS"), einen Hopperbagger, der von der Klägerin im Wesentlichen zu Saugbagger-, Wasserinjektions- und Transportzwecken in den Hafengebieten und den dazugehörigen Zufahrten eingesetzt wird. Das MS verfügt über eine Hauptmaschine für die Manövriertätigkeit des Schiffes und über einen separaten Antrieb für das Arbeiten mit dem Saugbagger. Beide Maschinen werden aus einem Tank mit Bunkerdiesel versorgt. Das MS ist für den Einsatz in Häfen, auf Wasserstraßen oder auf See konzipiert. Bei seinem Betrieb wird regelmäßig mithilfe eines Schleppkopfes das Sediment an der Gewässersohle gelöst, durch eine Saugleitung an Bord gesaugt und im Laderaum an einen Verklappungsort transportiert.
Daneben kann das MS auch als Wasserinjektionsgerät eingesetzt werden. Dann wird über einen mit Düsen versehenen Rohrbalken mittels einer Spülwasserpumpe Wasser in die Gewässersohle von Schleusen, Vorhäfen, Liegeplätzen oder Fahrwassern injiziert. Die dadurch wie eine Wolke aufgewirbelten Sedimente werden mit der natürlichen Strömung fortgetragen.
Der Arbeitsbetrieb sowohl beim Schleppkopfbaggern als auch bei der Wasserinjektion ist technisch nur im Fahrbetrieb möglich.
Für den Betrieb des MS bezog die Klägerin im Kalenderjahr 2016 von fünf Lieferanten unversteuert unter Bezugnahme auf § 27 Abs. 1 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) gekennzeichneten Dieselkraftstoff mit einem Schwefelgehalt von höchstens 10 mg/Kilogramm entsprechend der Unterposition 2710 19 43 der Warennomenklatur nach Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. L 256 vom 7. September 1987, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 578/2002 (ABl. L 97 vom 13. April 2002, S. 1) geänderten, am 1. Januar 2002 geltenden Fassung (im Folgenden KN). So bebunkerte die Klägerin im Kalenderjahr 2016 für das MS ... Liter Gasöl; davon verwendete sie ... Liter für Baggerarbeiten und ... Liter für die Manövriertätigkeit. Sie verfügte im Streitjahr nicht über eine Einzelerlaubnis zum steuerbefreiten Bezug von Energieerzeugnissen als Verwender gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 EnergieStG.
Nach einer Steueraufsichtsmaßnahme bei der Klägerin setzte der Beklagte mit insgesamt fünf Bescheiden vom 21. Dezember 2017 betreffend fünf verschiedene Lieferanten Energiesteuer in Höhe von ... € gegenüber der Klägerin als Gesamtschuldnerin mit den Lieferanten fest. Hiervon streitgegenständlich sind die drei höheren Steuerfestsetzungen in Höhe von insgesamt ... €. Zum Registrierkennzeichen XXX-1 setzte der Beklagte für ... Liter Gasöl (bei 15°C) Energiesteuer i.H.v. ... €, zu XXX-2 für ... Liter Gasöl Energiesteuer i.H.v. ... € und zu XXX-3 für ... Liter Gasöl Energiesteuer i.H.v. ... € zu einem Steuersatz von ... € / 1.000 l fest. Die Klägerin habe das streitgegenständliche Gasöl zu Unrecht unversteuert bezogen. Weder habe sie über eine förmliche Einzelerlaubnis verfügt noch hätten die Voraussetzungen einer allgemeinen Erlaubnis nach § 55 der Energiesteuer-Durchführungsverordnung (im Folgenden EnergieStV) vorgelegen: Das MS sei im Sinne der Nr. 3 und 3.1 der Anl. 1 zu § 55 EnergieStV unter Position 8905 KN einzureihen. Zudem habe der Betrieb der Arbeitsmaschinen gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStV keine steuerbegünstigte Schifffahrt dargestellt.
Der Beklagte übte sein Auswahlermessen dahingehend aus, die Klägerin als Gesamtschuldnerin zur Zahlung der streitgegenständlichen Steuerbeträge aufzufordern. Als Verwender steuerfreier Energieerzeugnisse habe sie hohen Anforderungen an die Sorgfaltspflicht zu genügen. Die Klägerin sei bereits bis zum Jahr 2008 Inhaberin von Einzelerlaubnissen für die steuerfreie Verwendung von Energieerzeugnissen in vergleichbaren Wasserfahrzeugen gewesen. Die Kenntnis der Rechtslage kö...