Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausfuhrerstattung: Keine höhere Gewalt bei unzulänglicher Arbeitsweise einer Verwaltungsbehörde - Vorlage von Nachweisen und Überwachung laufender Fristen durch den Begünstigten
Leitsatz (amtlich)
Es liegt keine höhere Gewalt vor, wenn der Wirtschaftsteilnehmer die nachteiligen Folgen der unzulänglichen Arbeitsweise einer Verwaltungsbehörde bei der Ausstellung eines bestimmten Nachweisdokuments hätte abwenden können, indem für ihn die Möglichkeit bestand, den erforderlichen Nachweis auf andere Weise zu führen, z.B. durch ein Ersatzdokument, oder wenn eine Fristverlängerung für die Vorlage des Nachweises in Betracht gekommen wäre. Auch bei vorfinanzierter Ausfuhrerstattung ist es die Aufgabe des Begünstigten, die erforderlichen Nachweise von sich aus vorzulegen und die laufenden Fristen selbst zu überwachen.
Normenkette
EWGV 3665/87 Art. 4, 33 Abs. 1, Art. 47
Tatbestand
Die Klägerin (seinerzeit in Fa. A GmbH - im Folgenden: Fa. A) ließ am 24. April 1991 vom Hauptzollamt H 5.250.000 kg Kartoffelstärke der Marktordnungs-Warenlistennummer 1108 1300 1000 zur Erstattungslagerung mit Vorfinanzierung der Erstattung mit dem Ziel der Ausfuhr in verschiedene Drittländer abfertigen und beantragte hierfür beim Beklagten die Vorfinanzierung eines der Ausfuhrerstattung entsprechenden Betrags, welche dieser mit Bescheid vom 14. Mai 1991 in Höhe eines Gesamtbetrags von 2.653.779,98 DM gewährte. In der Folgezeit führte die Fa. A bis August 1991 die eingelagerte Kartoffelstärke mit ca. 260 Ausfuhrsendungen und den dazugehörigen Kontrollexemplaren T 5 (KE) in verschiedene Drittländer aus. Entsprechend dem Rücklauf der diversen KE an den Beklagten wurde die von Seiten der Fa. A geleistete Sicherheit abschnittsweise neu berechnet und es wurden zu verschiedenen Zeitpunkten Teilbeträge der Sicherheit freigegeben. Ausweislich der letzten Sicherheiten-Berechnung vom 18. Oktober 1991 war schließlich eine Teilmenge von 104.830 kg Kartoffelstärke verblieben, für welche die entsprechende Sicherheit in Höhe von 63.587,64 DM noch nicht freigegeben war. Für diese Teilmenge fehlten die Ausfuhrnachweise; für vier Ausfuhrsendungen waren die jeweiligen vom Hauptzollamt H erteilten KE (Nr. ...80, ...91, ...116 - diese jeweils über 18.000 kg - und Nr. ...60 - dieses über 50.830 kg) nicht an den Beklagten zurückgelangt.
Mit Erstattungsbescheid vom 22. Juli 1996 forderte der Beklagte den für diese Teilmenge vorfinanzierten Erstattungsbetrag mit einem Zuschlag von 20 %, insgesamt 63.587,60 DM, zurück. (Wegen der Berechnung wird auf die Anlage zum Erstattungsbescheid verwiesen. - Bl. 568 d. Sachakte Heft I) Den hiergegen am 20. August 1996 erhobenen Einspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 10. September 1997 zurück.
Mit ihrer am 10. Oktober 1997 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, dass die drei streitigen Warensendungen aus dem Monat Mai 1991 aus dem Lager abgemeldet und über das Hauptzollamt Hamburg-... zunächst in den Hamburger Freihafen ausgeführt und anschließend nach Japan verschifft worden seien. Auf der jeweiligen Lagerabmeldung, die beim Hauptzollamt Hamburg-... abgegeben worden sei, sei die Nummer des KE vermerkt gewesen, so dass der Lagerabmeldung zu entnehmen gewesen sei, dass hierzu noch ein KE gehöre. Wäre das KE nicht mit abgegeben worden, so hätte das Hauptzollamt Hamburg-... sicher danach gefragt. Die vierte Warensendung sei am 20. August 1991 ausgelagert worden und sei für die Schweiz bestimmt gewesen. Hierüber liege eine Eisenbahnübernahmebestätigung der Deutschen Bundesbahn vom 16. August 1991 vor, welche den Stempel des Hauptzollamts H vom 14. August 1991 trage. Dass diese Eisenbahnübernahmebestätigung die am 20. August 1991 ausgelagerte Partie betreffe, ergebe sich daraus, dass in der Lagerabmeldung die Waggonnummer und die Nummer der Bestätigung vermerkt sei. Bei einer Ausfuhr, welche - wie in jenem Fall - unter Vorlage eines Internationalen Frachtbriefs und einer Eisenbahnübernahmebestätigung erfolge, sei die Ausfuhrzollstelle zugleich Ausgangszollstelle. Die Erledigung des KE habe also durch das Hauptzollamt H erfolgen müssen. Diesem habe das KE seinerzeit auch vorgelegen. Es sei daher in allen streitigen Fällen davon auszugehen, dass die KE auf dem Weg von der Ausgangszollstelle zum Beklagten verloren gegangen seien. Dies sei aus ihrer (der Klägerin) Sicht ein Fall höherer Gewalt, zumal sie als Ausführer nicht erfahren könne, ob ein KE beim Beklagten angekommen sei oder nicht. Andererseits treffe aber den Beklagten eine Fürsorgepflicht dahin, dass er mitteilen müsse, wenn KE nicht rechtzeitig eingingen; eine solche Mitteilung habe der Beklagte aber im Streitfall nicht gemacht. Im Übrigen habe es im Streitfall keiner KE bedurft, da die ausgeführte Ware jeweils keinen anderen Mitgliedstaat vor dem Verlassen der Gemeinschaft berührt habe. Die Rückforderung der Erstattung sei aber auch rechtswidrig, weil die Beweislast nach § 11 MOG inzwischen beim Beklagten liege ...