rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderungssperre nach Betriebsprüfung
Leitsatz (redaktionell)
- Die Änderungssperre des § 173 Abs. 2 AO gilt nicht nur gegenüber Änderungen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO wegen nachträglich bekanntgewordener Tatsachen oder Beweismitteln, die zu einer höheren Steuer führen, sondern auch dann, wenn vom Steuerpflichtigen eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO wegen neuer steuermindernder Tatsachen oder Beweismittel begehrt wird.
- Die Änderungssperre nach § 173 Abs. 2 AO betrifft die Steuerbescheide, die die Prüfungsanordnung umfaßt.
Normenkette
AO § 173 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2
Tatbestand
I. Die Kläger begehren die nochmalige Änderung der nach Betriebsprüfung ergangenen Bescheide wegen nachträglich bekanntgewordener Tatsachen (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung -AO -). Als solche seien die Zahlungen an bestimmte ausländische Lieferanten zu berücksichtigen, die in der Betriebsprüfung noch nicht benannt worden seien.
Die Kläger sind Eheleute. Die Klägerin betreibt ein Handelsunternehmen. Sie befasste sich in den Streitjahren 1990-1995 u.a. mit dem CD-Handel. Sie zahlte an ihre vietnamesischen Lieferanten in den USA folgende Beträge (Finanzgerichts-Akte - FG-A - Bl. 16, Betriebsprüfungs-Akte - Bp-A - Bl. 36):
1990 |
17.385,30 DM |
1991 |
72.602,33 DM |
1992 |
109.576,73 DM |
1993 |
159.353,86 DM |
1994 |
82.514,95 DM |
1995 |
79.510,74 DM |
Sie erfasste die Einnahmen und Ausgaben zunächst nicht vollständig in ihrer Buchführung und in ihren Steuererklärungen.
II. Die Steuern wurden ursprünglich erklärungsgemäß festgesetzt: Die Eheleute wurden zusammen veranlagt mit Einkommensteuerbescheiden für 1990 vom 15. Januar 1992, für 1991 vom 21. Juni 1993, für 1992 vom 16. Juni 1994 sowie für 1993 vom 26. Januar 1995 (Einkommensteuer-Akte - ESt-A - Bd. II Bl. 48, 91, 142, 196). Nach Wahl der getrennten Veranlagung nur für die Streitjahre 1994-1995 wurde die Klägerin einzeln veranlagt mit Einkommensteuerbescheiden für 1994 vom 20. November 1995 und für 1995 vom 14. April 1997 (ESt-A Ehefrau Bl. 17, 40). Gegenüber der Klägerin ergingen Gewerbesteuermessbetrags- und Gewerbesteuerbescheide für 1990 vom 24. August 1993, für 1991 vom 5. April 1993, für 1992 vom 18. Februar 1994, für 1993 vom 2. Februar 1995, für 1994 vom 7. November 1995 und für 1995 vom 14. April 1997 (Gewerbesteuer-Akte - GewSt-A - Bd. I Bl. 114, 134, 179, 204, Bd. II Bl. 7, 18).
Nach einer Selbstanzeige und einer spätestens am 8. Juli 1997 angeordneten und von Juli bis Dezember 1997 durchgeführten Betriebsprüfung für die Streitjahre 1990-1995 wurden die Einnahmen und die vorbezeichneten Ausgaben aus den CD-Geschäften beziffert. Dazu fanden eine Besprechung am 5. Dezember und eine - zumindest damals so bezeichnete - Schlussbesprechung am 12. Dezember 1997 in den Räumen der für die Klägerin seinerzeit tätig gewesenen Steuerberatungsgesellschaft statt. Teilgenommen haben die bei dieser zuständig gewesene Steuerberaterin, der Kläger, der Betriebsprüfer und bei der abschließenden Besprechung zusätzlich der Betriebsprüfungs-Sachgebietsleiter.
Bezüglich der streitigen Ausgaben heißt es in dem Vermerk des Betriebsprüfers über die Besprechung vom 5. Dezember 1997 (ESt-A Bd. IV Bl. 65): "... Zahlungen in die USA Der Stpfl. möchte im wesentlichen aus moralischen Gründen die Zahlungsempfänger aus den CD-Geschäften in den USA nicht benennen. Seine persönliche und geschäftliche Lage würde sich durch die Bekanntgabe sehr verschlechtern und die Geschäftsbeziehung abbrechen. Er sei sicher, daß die Empfänger in den USA die Einnahmen nicht versteuern und bei Bekanntgabe hätte er mit erheblichen Sanktionen zu rechnen. Der Prüfer erläuterte dem Stpfl., daß bei Nichtbekanntgabe der Betriebsausgabenabzug gem. § 160 AO versagt werden müsse. Nach dem Gesamtbild und der sich ohnehin ergebenden Steuerbelastung durch die Bp und Selbstanzeige erklärte der Stpfl., daß er finanziell nicht in der Lage sei, auch diese Mehrsteuern noch zu leisten. Nach langer Diskussion stellte der Prüfer einen Kompromißvorschlag in Aussicht, der folgendes beinhaltet: Der Stpfl. verzichtet auf die Bekanntgabe der Zahlungsempfänger. Es wird unterstellt, daß die Empfänger die Zahlungen nicht versteuert haben. Die Nachversteuerung würde bei diesen zu einem geschätzten Steuersatz von z.B. 30 % führen, während der Stpfl. einen persönlichen Steuersatz von insgesamt 60 % (incl. GewSt) hat. Das könnte dazu führen, daß die Hälfte der Zahlungen als Betriebsausgabe berücksichtigt wird. Im Rahmen der Schlußbesprechung wird über dieses Thema diskutiert werden. Insgesamt sind sich alle Beteiligten einig, daß der Fall einvernehmlich im Rahmen einer "Gesamtlösung" abgeschlossen werden soll. Eine tatsächliche Verständigung wird angeregt."
In dem Vermerk des Betriebsprüfers über die - seinerzeit so bezeichnete - Schlussbesprechung am Freitag, den 12. Dezember 1997, heißt es weiter (ESt-A Bd. IV Bl. 67): "... Hinsichtlich der Zahlungen in die USA wurde der Vorschlag vom Prüfer aufgegriffen, eine "quasi" Versteuerung der Empfä...