Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH VII B 126/17)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit der Überschussabgabe betreffend das Milchquotenjahr 2013/2014
Leitsatz (amtlich)
1. Die Erhebung einer Überschussabgabe bezüglich des Zwölfmonatszeitraumes 2013/2014 verstößt weder gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit noch gegen das Diskriminierungsverbot.
2. Der Rat war nicht verpflichtet, die einzelstaatliche Quote für die Bundesrepublik Deutschland für den Zwölf-Monats-Zeitraum 2013/2014 zu erhöhen, um der gestiegenen Nachfrage nach Milch sowohl innerhalb der Europäischen Union als auch in Drittländern zu entsprechen.
Normenkette
AEUV Art. 39, 40 Abs. 2 Unterabsatz 2; AO § 164 Abs. 2 S. 2; MilchquotV § 40 Abs. 3; MOG § 12 Abs. 1 S. 1; EUVO-1234/2007; EUVO-1788/2003; EUVO-595/2004
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin des Herrn A; sie wendet sich gegen die Festsetzung einer Überschussabgabe für den Zwölfmonatszeitraum 2013/2014.
Herr A war Inhaber einer Milchquote, die sich für den Zwölfmonatszeitraum 2013/2014 auf 7.831.749 kg belief. Tatsächlich lieferte er in diesem Zeitraum an die Molkerei B GmbH (im Folgenden: Molkerei) 9.838.985 kg an. Nach Fettgehaltskorrektur sowie nach Molkerei- und Bundessaldierung ergab sich für ihn eine Überlieferung von ... kg und damit eine Abgabenforderung in Höhe von ... Euro.
In seinem gegen die Abgabenanmeldung der Molkerei vom 23.07.2014 gerichteten Einspruch wandte der Kläger ein, dass die Erhebung einer Abgabe für den Zwölfmonatszeitraum 2013/2014 rechtswidrig sei, weil der mit der Abgabenerhebung verfolgte Zweck, das Überangebot an Milch auf dem Milchmarkt zu beseitigen, in diesem Zeitraum bereits erreicht bzw. überschritten worden sei; es habe sogar ein Nachfrageüberhang bestanden. Angesichts dieser Marktverhältnisse hätte der Rat die einzelstaatliche Quote für die Bundesrepublik Deutschland erhöhen müssen.
Das beklagte Hauptzollamt wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 09.05.2016 mit der Begründung zurück, dass der Gesetzgeber im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik über ein weites Ermessen verfüge. Die Kontrolle des Ermessensspielraumes des Unionsgesetzgebers sei im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik auf die Überprüfung beschränkt, ob eine in diesem Bereich erlassene Maßnahme zur Erreichung des jeweils verfolgten Ziels offensichtlich ungeeignet sei. Dies sei bei der in Rede stehenden Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 nicht der Fall. Ihr Erlass sei erforderlich gewesen, um das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage bei Milch und Milcherzeugnissen und die daraus resultierenden strukturellen Überschüsse zu verringern und dadurch ein besseres Marktgleichgewicht zu erreichen. Von der Möglichkeit, die einzelstaatlichen Quoten auf der Grundlage der allgemeinen Marktlage und besonderen Bedingungen zu überprüfen und zu ändern, habe die Kommission mehrfach Gebrauch gemacht.
Am 13.06.2016 hat die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des A Klage erhoben. Sie führt zur Begründung im Wesentlichen aus: Der Rat habe seine Verpflichtung verletzt, die einzelstaatlichen Quoten auf der Grundlage der allgemeinen Entwicklung des Marktes und unter Berücksichtigung der besonderen Bedingungen in Deutschland anzupassen und abzuändern. Das Ziel der Milchquotenregelung, scil. Herstellung eines Gleichgewichts von Angebot und Nachfrage auf dem Milchmarkt, sei bereits erreicht bzw. sogar überschritten. Der Europäische Gerichtshof habe in seiner Entscheidung vom 14.05.2009, C-34/08, Rz. 45, ausgeführt, dass die Organe der Europäischen Union die wirtschaftlichen Gegebenheiten und Umstände, die den Gegenstand ihrer Beschlussfassung bildeten, jeweils berücksichtigen und beobachten müssten. Dementsprechend habe der Unionsgesetzgeber in Art. 66 Abs. 3 VO (EG) Nr. 1234/2007 angeordnet, dass die einzelstaatlichen Quoten nach der allgemeinen Marktlage fortlaufend zu überprüfen seien. Der Milchmarkt habe sich in den letzten Jahren rasant und grundlegend geändert. Die vom Gesetzgeber zu Grunde gelegten strukturellen Überschüsse existierten schon seit einigen Jahren nicht mehr; jedenfalls in dem hier maßgeblichen Zeitraum 2013/2014 sei die Nachfrage sowohl innerhalb der Europäischen Union als auch aus Drittstaaten so hoch gewesen, dass das Angebot nicht ausreichend gewesen sei, um die gesamte Nachfrage zu erfüllen. In dem Bericht der Kommission vom 13.06.2014 (COM (2014) Nr. 354 Final) sei festgestellt worden, dass sich der Milchmarkt in einer guten Lage befinde, der durchschnittliche Milchpreis im Januar 2014 sei der höchste, der jemals beobachtet worden sei. Im Jahr 2013 sei nicht nur innerhalb der EU, sondern weltweit - aufgrund der Wetterbedingungen in der EU und in Ozeanien - die Versorgung mit Milch unerwartet knapp gewesen. Insbesondere im 1. Halbjahr 2013 sei die Gesamtmenge der innerhalb der EU produzierten Milch daher signifikant zurückgegangen, während die Nachfrage deutlich gestiegen sei. Ab dem Monat Apr...