Entscheidungsstichwort (Thema)

Lebensmittelpunkt bei Vorhandensein von zwei Wohnungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Unterhält ein Arbeitnehmer zwei Wohnungen und macht er Aufwendungen für Fahrten zwischen Arbeitsstätte und der weiter entfernt liegenden Wohnung geltend, so hat er den Nachweis darüber zu führen, dass die weiter entfernte Wohnung seinen örtlichen Lebensmittelpunkt darstellt.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 Nr. 4; AO § 172 Abs. 1 Nr. 2a, § 173 Abs. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten sind Werbungskosten in Form von Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für die Streitjahre 1994, 1995 und 1996 sowie Sonderausgaben in Form von Schulgeld streitig.

Der Kläger ist als Hausmeister, die Klägerin als Hausarbeiterin bei der Schule X-Straße in Hamburg beschäftigt. Dort bewohnen sie mit ihrer schulpflichtigen Tochter, die in Hamburg zu Schule geht, eine Dienstwohnung. Hierzu sind sie auch laut Arbeitsvertrag verpflichtet. Im Jahre 1992 erwarben die Kläger ein Einfamilienhaus in Y, das sie seit 01.02.1993 selbst nutzen.

In den Einkommensteuer(ESt)-Erklärungen für die Streitjahre 1994 bis 1996 machten die Kläger Aufwendungen für Fahrten von der weiter entfernt liegenden Wohnung in Y zur Arbeitsstätte nach Hamburg als Werbungskosten geltend. Dabei handelte es sich in 1994 um 166 Tage a 102 km, in 1995 um 87 Tage a 102 km und in 1996 um 180 Tage a 102 km. Der Beklagte erkannte die Aufwendungen für die Fahrten zwischen der Wohnung in Y und der Arbeitsstätte in Hamburg nicht an, da der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Kläger in Hamburg liege. Der Beklagte erließ die entsprechenden Bescheide für 1994 am 06.12.1995, für 1995 am 10.03.1997 und für 1996 am 27.08.1997. Hiergegen legten die Kläger jeweils fristgerecht Einspruch ein und führten hierzu aus, das Haus in Y sei in Vorsorge für die Zeit des Ruhestandes gekauft worden. Nur dadurch, dass sich die Kläger ständig dort aufhalten würden, sei es möglich, den Lebensmittelpunkt an den zukünftigen alleinigen Wohnsitz zu verlagern und im dortigen Umfeld Kontakte und Freundschaften zu knüpfen. Die Dienstwohnung müsse aus beruflichen Gründen beibehalten werden. Die Kläger legten Aufzeichnungen vor, in denen sie festgehalten hatten, an welchen Tagen sie nach Y bzw. von Y nach Hamburg gefahren sein wollen. Ferner legte der Kläger eine Bestätigung einer Hamburger Tankstelle vor, in der der Umfang der Benzineinkäufe bestätigt wird. Darüber hinaus legte der Kläger eine Bestätigung eines Herrn A vor, wonach dieser die notwendigen Wartungs- und Reparaturarbeiten am Pkw des Klägers vorgenommen habe.

Mit Einspruchsentscheidung vom 11.02.1998, am gleichen Tage zur Post gegeben, wies der Beklagte sämtliche Einsprüche zurück und führte zur Begründung aus, dass die Kläger ihren Mittelpunkt der Lebensinteressen in allen Streitjahren in Hamburg gehabt hätten. Dies werde auch dadurch deutlich, dass die Tochter der Kläger eine Schule in Hamburg besuche. Dies spreche bei lebensnaher Betrachtung für die Einbindung der Tochter in einen an den Schulort gebundenen Bekanntenkreis und bedinge im Interesse der Erziehung und Ausbildung der Tochter Kontakte der Eltern zu ihren Freunden und Lehrern am Schulort. Da zu den Aufgaben eines Hausmeisters auch gehöre, die Schulhäuser abends zu schließen, sei es nicht glaubhaft, dass täglich Fahrten mit der Familie nach Y durchgeführt worden seien. Die beigebrachten Bestätigungen führten zu keiner anderen Beurteilung.

Hiergegen erhoben die Kläger mit Schriftsatz vom 11.03.1998, beim Finanzgericht eingegangen am 13.03.1998 Klage, in der sie sich nur noch gegen die Nichtanerkennung der Werbungskosten wenden und Sonderausgaben im Hinblick auf das für die Tochter gezahlte Schulgeld geltend machen. Sie führen hierzu aus, dass für den Lebensmittelpunkt in Y spreche, dass die Kläger dort ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 200 qm inne hätten. Dies sei für eine Wochenendwohnung atypisch. Am Arbeitsort in Hamburg unterhielten die Kläger lediglich eine Dienstwohnung mit weit geringerer Wohnfläche. Der Freundeskreis der Kläger und der Tochter befinde sich zu einem Großteil in Y. Ferner nähmen die Kläger aktiv am dortigen Dorfleben teil und die Tochter übe in Y den Reitsport aus. Der nachhaltige Aufenthalt der Kläger in Y werde ferner durch den Kostenaufwand für Heizung, Strom, Wasser etc. dokumentiert. Dem sei zu entnehmen, dass für Y wesentlich höhere Kosten anfallen würden. Ferner sei der Beklagte verpflichtet, den Kinderfreibetrag für 1996 mit einem Vorläufigkeitsvermerk zu versehen.

Die Kläger beantragen,

1. Kosten für Fahrten von der weiter entfernt liegenden Wohnung zur Arbeitsstätte für das Streitjahr 1994 in Höhe von 5.927 DM, für das Streitjahr 1995 in Höhe von 3.106 DM und für das Streitjahr 1996 von 6.426 DM anzuerkennen sowie

2. für das Streitjahr 1996 den Kinderfreibetrag bezüglich der Höhe gemäß § 165 Abs. 1 AO vorläufig festzusetzen.

3. Aufwendungen für den Besuch einer Ersatzschule für die Tochter als Sonderausgaben für 1994 200 DM, für 1995 480...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge