Revision eingelegt (BFH VIII R 14/24)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer: Rückwirkung des Berichtigungsbescheides nach § 129 AO auf den ursprünglichen Feststellungsbescheid nach § 27 Abs. 2 KStG. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: VIII R 14/24)
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Feststellungsbescheid gem. § 27 Abs. 2 KStG ist nicht bereits allein deshalb nichtig, weil die Feststellung auf einen Zeitpunkt erfolgt ist, zu dem die Gesellschaft bereits auf eine andere Gesellschaft verschmolzen war.
2. Eine Berichtigung nach § 129 Satz 1 AO stellt lediglich die ursprünglich gewollte Regelung wieder her und wirkt damit auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Bekanntgabe zurück; der materielle Bestand des ursprünglichen Bescheides bleibt unberührt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn für den Adressaten des Verwaltungsakts erkennbar war, dass das Erklärte nicht dem Willen der Behörde entspricht.
3. Der Zeitpunkt der Bekanntgabe eines Feststellungsbescheides bleibt auch dann für die "erstmalige Feststellung" mit der Folge der Präklusionswirkung gem. § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG maßgeblich, wenn das steuerliche Einlagekonto zunächst unzutreffend nicht "zum Schluss des Wirtschaftsjahres der Leistung" festgestellt wurde, dies jedoch nach § 129 Satz 1 AO berichtigt wird.
Normenkette
KStG § 27 Abs. 2, 5 S. 2; AO §§ 125, 129
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Abtretung einer Forderung als nicht steuerbare Ausschüttung aus dem steuerlichen Einlagekonto i.S.d. § 27 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zu behandeln ist.
Die Klägerin (HRB XXX des Amtsgerichts H) ist Rechtsnachfolgerin der zum 1. Dezember 2020 auf sie verschmolzenen A GmbH (HRB XXX des Amtsgerichts H, im Folgenden: A GmbH).
Letztere wurde durch notariellen Vertrag vom ... Mai 2012 gegründet. Alleinige Gesellschafter-Geschäftsführerin war zunächst B. Aus einem Grundstücksverkauf an die C KG (GmbH & Co) (HRA XXX des Amtsgerichts H; im Folgenden: C KG) stand B aufgrund eines Darlehensvertrages vom 5. Juni 2012 gegen die C KG eine Darlehensforderung in Höhe von 4.000.000 € nebst Zinsen in Höhe von 2 % über dem jeweiligen Basiszinssatz jährlich zu, welche sie mit Vertrag vom 5. Juni 2012 in die A GmbH einbrachte und an sie abtrat. Diese Forderung wurde bei der A GmbH aktiviert und in Höhe des Nennwerts von 4.000.000 € gegen die Kapitalrücklage gebucht.
Am ... Juni 2012 übertrug B im Wege der Schenkung sämtliche Anteile an der A GmbH auf ihren Sohn D, welcher auch Geschäftsführer der A GmbH war.
Der Jahresüberschuss 2019 sowie der Gewinnvortrag der A GmbH betrugen zum 31. Dezember 2019 zusammen 540.822,03 €.
Am 23. November 2020 wurde die Auflösung der Kapitalrücklage in Höhe von 4.000.000 € sowie die Ausschüttung der dadurch entstehenden freien Mittel (im Wege der Forderungsabtretung) beschlossen. In derselben Urkunde und im unmittelbaren Anschluss trat die A GmbH einen Teilbetrag der genannten Darlehensforderung - welche aufgrund der Verzinsung auf nunmehr 4.998.524,45 € valutierte - in Höhe von 4.616.075 € an D ab, der die Abtretung annahm und die Forderung sodann an die C KG abtrat. Vor diesem Hintergrund wurde die Forderung ausgebucht. In Höhe der Differenz (616.075 €) wurde eine Forderung gegen D bei der A GmbH aktiviert.
Mit notariellem Vertrag vom 10. Dezember 2020 wurde sodann die A GmbH als übertragende Rechtsträgerin auf die Klägerin als übernehmende Rechtsträgerin verschmolzen. Die Vermögensübernahme erfolgte im Innenverhältnis mit Wirkung zum 1. Dezember 2020, 0.00 Uhr. Der Verschmelzung lag die Schlussbilanz der A GmbH zum 30. November 2020 zugrunde, in welcher die Kapitalrücklage nicht mehr enthalten war. Im Rahmen der Verschmelzung wurde das Stammkapital der Klägerin um 25.000 € auf 75.000 € erhöht und der neue Anteil D als Gegenleistung für die Vermögensübertragung gewährt. Die Verschmelzung wurde am ... Dezember 2020 im Handelsregister eingetragen.
In der Veranlagungsdienststelle des Beklagten wurden nach Eingang des Verschmelzungsvertrags ausweislich des Aktenvermerks vom 8. Januar 2021 (...) die Grundkennbuchstaben (...) der A GmbH zum Stichtag 1. Dezember 2020 gelöscht.
Am 4. Januar 2023 reichte die Klägerin für die A GmbH u.a. die Erklärung zur gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos für 2020 ein. Das Wirtschaftsjahr wurde dort mit den Daten 1. Januar 2020 bis 30. November 2020 angegeben. In der Anlage KSt 1 F der Erklärung wurde sowohl der Anfangs- als auch der Endbestand des steuerlichen Einlagekontos mit 4.000.000 € ausgewiesen.
Mit Schreiben vom 30. Januar 2023 wies der Beklagte darauf hin, dass aus seiner Sicht als steuerlicher Einbringungszeitpunkt der 30. November 2020 zugrunde zu legen sei, und bat insoweit um Klarstellung, ob es sich bei der bereits durch die Klägerin eingereichten Bilanz, die das Datum 31. Dezember 2020 ausweise, in tatsächlicher Hinsicht um die Bilanz auf den 30. November 2020 handele. Daraufhin reichte die Klägerin mit Fax vom 22. März 2023 die steuerliche Schlussbilanz der A GmbH zum 30. Nove...