Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung
Leitsatz (amtlich)
Krankheitskosten, auf deren Erstattung der Steuerpflichtige verzichtet, um Beitragsrückerstattungen zu erhalten, sind nicht zwangsläufig.
Normenkette
EStG § 33
Tatbestand
Streitig ist, ob Krankheitskosten, auf deren Erstattung die Klägerin verzichtet hat, um den Anspruch auf Beitragsrückgewähr gegen ihren Krankenversicherer nicht zu verlieren, im Sinne des § 33 Abs. 2 EStG zwangsläufig entstanden sind.
Die Klägerin erzielt als Rechtsanwältin Einkünfte aus selbstständiger Arbeit und daneben Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie geringe Verluste aus Vermietung und Verpachtung. Sie wird einzeln zur Einkommensteuer veranlagt und erhält für den 1988 geborenen, bei ihr lebenden Sohn A einen Kinderfreibetrag sowie den Haushaltsfreibetrag.
Durch privatärztliche Behandlungen entstanden ihr im Streitjahr Aufwendungen in Höhe von 8.629,09 DM. Arzneikosten in Höhe von 44,65 DM, für die das Rezept fehlt, werden nicht geltend gemacht.
Die Versicherung (B) erstattete auf Grund der Abrechnung vom 22. Februar 2001 einen Betrag von 1.887,70 DM. Die im Verhältnis zu den entstandenen Aufwendungen geringe Erstattung war durch die vertragsgemäße Selbstbeteiligung von jährlich 1.320 DM sowie den tariflichen Höchstsatz für zahnärztliche Leistungen bedingt.
Die Klägerin bat den Versicherer daraufhin, den erstatteten Betrag wieder von ihrem Konto einzuziehen. Die Anrechnung für 2000 solle rückgängig gemacht werden, damit sie die Beitragsrückerstattung nicht verliere. Nachdem der Versicherer mit Schreiben vom 7. März 2001 mitgeteilt hatte, dass ein Einzug nicht möglich sei, überwies die Klägerin den ihr zuvor erstatteten Betrag am 9. März 2001.
Die Versicherung erstattet bei Nichtinanspruchnahme von Versicherungsleistungen Teile der Beiträge an die Versicherungsnehmer. Die Höhe der Erstattungen nimmt mit der Dauer der Nichtinanspruchnahme zu. Die Klägerin hatte seit 1995 keine Leistungen mehr in Anspruch genommen und erhielt deshalb für 1999 eine Beitragsrückerstattung von 1.010,01 DM. Für das Streitjahr betrug die Beitragsrückerstattung 1.333,80 DM und für Folgejahre war bei Leistungsfreiheit mit Beitragserstattungen in mindestens gleicher Höhe zu rechnen. Ohne Verzicht auf die Inanspruchnahme des Versicherers für die in 2000 entstandenen Aufwendungen hätte - Leistungsfreiheit und gleich bleibende Versicherungsprämien in den Folgejahren unterstellt - die Beitragserstattung für 2001 lediglich 1/3 von 1.333,80 DM, d.h. 444, 60 DM, und für 2002 dann 2/3 von 1.333,80 DM, d.h. 889,20 DM betragen. Durch den Verzicht auf die Erstattung von 1.887,70 DM erreichte sie mithin eine Beitragsminderung von mindestens 2.667,60 DM.
Angesichts der erheblichen sonstigen Vorsorgeaufwendungen beeinflussten die Beitragsrückerstattungen die Höhe ihrer gem. § 10 Abs. 3 EStG abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen nicht. Die ohne Verzicht auf die Erstattung für die Folgejahre zu erwartenden höheren Aufwendungen für die Krankenversicherung hätten demnach keine Minderung des zu versteuernden Einkommens und keine Einkommensteuerersparnis bewirkt.
Die Einkommensteuererklärung der Klägerin ging am 25. Mai 2001 beim Beklagten ein. Außergewöhnliche Belastungen erklärte sie als Zahnarzt- und Arztkosten mit einem Gesamtaufwand von 8.629,09 DM. Die Frage nach erhaltenen oder zu erwartenden Versicherungsleistungen beantwortete sie mit "keine". In dem unter Vorbehalt der Nachprüfung gestellten Bescheid vom 6. Juli 2001 berücksichtigte der Beklagte die außergewöhnlichen Belastungen erklärungsgemäß mit (8.629 DM abzüglich der zumutbaren Belastung 6.588 DM (4 v.H von 164.715 DM) =) 2.041 DM.
In der Anlage zum Bescheid bat er um Vorlage der Belege zu den Arztkosten und den Erstattungen der Krankenversicherung. Mit Schreiben vom 9. Juli 2001 legte die Klägerin die Belege vor und erläuterte die Erstattung der Krankenversicherung sowie deren Rückzahlung und die Gründe dafür. In dem gem. § 164 Abs. 2 AO geänderten und weiterhin unter Nachprüfungsvorbehalt stehenden Bescheid vom 8. August 2001 berücksichtigte der Beklagte die Krankheitskosten nur noch mit (8.629 DM abzüglich 1.887 DM Erstattungsanspruch =) 6.742 DM. Wegen der zumutbaren Belastung von 6.588 DM verblieb ein nach § 33 EStG abziehbarer Betrag von lediglich 154 DM. In der Anlage zum geänderten Bescheid wurde erläutert, dass die Krankheitskosten um den zurückgezahlten Erstattungsbetrag gekürzt worden seien, weil es insoweit an der Zwangsläufigkeit fehle, und zwar selbst dann, wenn dadurch die Beitragsrückgewähr verloren gehe.
Der von der Klägerin mit Schreiben vom 11. August 2001 (Eingangsstempel des Beklagten: 10. August 2001) eingelegte Einspruch wurde am 19. Juli 2002 als unbegründet zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich die am 14. August 2002 beim Gericht eingegangene Klage.
Die Klägerin meint, ihre Krankheitskosten seien vollen Umfangs als außergewöhnliche Belastung abziehbar, d.h. auch insoweit, als auf den Erstattungsanspruch gegen den...