Entscheidungsstichwort (Thema)
Anordnung des Sicherheitenverfalls und Aufschubzinsen
Leitsatz (amtlich)
Wird in dem Bescheid, mit dem eine Ausfuhrerstattung zurück gefordert wird, zur Zahlung aufgefordert und darauf hingewiesen, dass nach 30 Tagen bei Nichtzahlung die Sicherheit in Anspruch genommen wird, so bedarf es keiner weiteren Anordnung des Verfalls, um einen im Fall der Aussetzung der Vollziehung einen Anspruch auf Aufschubzinsen zu begründen.
Normenkette
EWGV 2220/85 Art. 29; VO (EWG) Nr. 565/80 Art. 6, Nr. 3665/87 Art. 31 ff.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Bescheids über Aufschubzinsen.
I.
Der Klägerin war 1995 für die Ausfuhr von Weichweizen antragsgemäß Ausfuhrerstattung im Wege der Vorfinanzierung gewährt worden.
Der Beklagte erließ am 22. Juli 1997 einen "Bescheid über die Festsetzung der Ausfuhrerstattung und Freigabe der Sicherheit", in dem er die Ausfuhrerstattung zuzüglich eines Zuschlags von 20 % zurückforderte, weil der Nachweis der Einfuhr der Erzeugnisse im Bestimmungsland nicht erbracht worden war (Rb-Heft I Bl. 22).
Der Bescheid enthält die ausdrückliche Aufforderung, den näher bestimmten Betrag innerhalb von 30 Tagen zu zahlen. In dem Bescheid heißt es weiter: "Ich weise darauf hin, dass bei ausbleibender Zahlung die Sicherheit in entsprechender Höhe in Anspruch genommen wird (Art. 29 der Verordnung (EWG) Nr. 2220/85 der Kommission vom 22. Juli 1985)".
Die Klägerin erhob Einspruch und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Mit Bescheid vom 19. Februar 1998 gewährte der Beklagte die beantragte AdV zunächst hinsichtlich eines Teilbetrags, mit Bescheid vom 22. Juni 1998 auch hinsichtlich des restlichen streitigen Betrags; eine Verlängerung der AdV erfolgte mit Bescheid vom 3. März 2003.
Nachdem der Beklagte mit Berichtigungsbescheid vom 10. Juli 2003 den Rückforderungsbetrag reduziert hatte, nahm die Klägerin ihren Einspruch gegen den Bescheid vom 22. Juli 1997 zurück.
II.
Der Beklagte setzte mit Bescheid vom 27. November 2003 (Anlage K 1, GA Bl. 13) unter Hinweis auf die für den Bescheid vom 22. Juli 1997 gewährte AdV Aufschubzinsen fest gemäß Art. 29 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2220/85 der Kommission vom 22. Juli 1985 mit gemeinsamen Durchführungsbestimmungen zur Regelung der Sicherheiten für landwirtschaftliche Erzeugnisse (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften - AblEG - Nr. L 205/5; im Folgenden: VO Nr. 2220/85).
Hiergegen erhob die Klägerin Einspruch und beantragte beim Beklagten erfolglos AdV.
Auf Antrag der Klägerin gewährte das Finanzgericht Hamburg mit Beschluss vom 31. August 2004 (Az. IV 136/04, ZfZ 2005, 95) AdV ohne Sicherheitsleistung. Der Beschluss wurde im wesentlichen damit begründet, dass die Festsetzung von Aufschubzinsen nach Art. 29 Abs. 3 VO Nr. 2220/85 auch im Fall der Rückforderung einer vorfinanzierten Ausfuhrerstattung voraussetze, dass eine ausdrückliche Anordnung des Verfalls der Sicherheit ergeht; die Rückforderung der vorfinanzierten Ausfuhrerstattung mit Festsetzung einer Zahlungsfrist beinhalte nicht zugleich schon die Anordnung des Verfalls.
Auf die Beschwerde des Beklagten wurde der AdV-Beschluss des Finanzgerichts Hamburg durch den Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 7. April 2005 (Az. VII B 278/04, BFH/NV 2005, 1401) aufgehoben. In der Aufforderung der zuständigen Behörde, eine zu Unrecht im Wege der Vorfinanzierung gewährte Leistung zurückzuzahlen, sei die Anordnung des Verfalls der Sicherheit i.S. des Art. 29 Abs. 3 Unterabs. 1 VO Nr. 2220/85 bereits enthalten. Einer neben den Rückforderungsbescheid tretenden gesonderten Verfallsanordnung bedürfe es nicht.
Dieser Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs hat sich das Finanzgericht Hamburg sodann in anderen, gleich gelagerten Rechtsstreitigkeiten angeschlossen und an seiner ursprüngliche Auffassung, nach der eine Zinsforderung nach Art. 29 Abs. 3 VO Nr. 2220/85 noch eine ausdrückliche Anordnung des Verfalls der Sicherheit voraussetze, nicht mehr festgehalten (so im Beschluss vom 11. August 2005 IV 93/05, nicht veröffentlicht).
Der Beklagte wies mit Einspruchsentscheidung vom 27. Oktober 2005 den Einspruch gegen den Zinsbescheid als unbegründet zurück. Wegen der Begründung wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
III.
Die Klägerin hat am 17. November 2005 Klage gegen den Zinsbescheid erhoben.
Sie ist der Meinung, dass über den Verfall der Sicherheit überhaupt erst nach Erlass eines Rückforderungsbescheids und nach fruchtlosem Ablauf der 30-tätigen Rückzahlungsfrist entschieden werden könne. Die VO Nr. 2220/85 sehe insoweit ein zweistufiges Verfahren vor. Die Verfallanordnung könne demnach nicht mit dem Rückforderungsbescheid verbunden werden, sondern habe gegebenenfalls - und zwar ausdrücklich - in einem eigenständigen Bescheid zu erfolgen. Dies ergebe sich aus der Gesetzessystematik und aus dem Zweck der Sicherheitsleistung, denn auf die Sicherheit dürfe nur subsidiär zugegriffen wer...