Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer: Mantelkauf: Sachlicher Zusammenhang zwischen zwei Anteilsübertragungen und der Zuführung neuen Betriebsvermögens i. S. des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG a. F.
Leitsatz (amtlich)
1. Liegt zwischen einer ersten Anteilsübertragung i. S. des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG a. F. in Höhe von 10 % und der Zuführung neuen Betriebsvermögens sowie zwischen dieser Betriebsvermögenszuführung und einer weiteren Anteilsübertragung von mehr als 40 % jeweils ein Zeitraum von weniger als einem Jahr, wird der sachliche Zusammenhang zwischen der jeweiligen Anteilsübertragung und der Betriebsvermögenszuführung und damit auch der sachliche Zusammenhang zwischen den - mehr als ein Jahr auseinander liegenden - Anteilsübertragungen widerleglich vermutet.
2. Diese Vermutung wird nicht dadurch entkräftet, dass die alten und neuen Anteilseigner im Zeitpunkt der ersten Anteilsübertragung Art und Umfang der Betriebsvermögenszuführung und die weitere Anteilsübertragung noch nicht konkret geplant haben. Für einen sachlichen Zusammenhang genügt es, wenn sich der alte und der neue Anteilseigner bei der ersten Anteilsübertragung entschließen, gemeinsam auf dem Immobiliensektor tätig zu werden, hierfür eine GmbH ohne Geschäftsbetrieb und Vermögen zu benutzen und die GmbH zu diesem Zweck mit neuem Betriebsvermögen auszustatten. Wenn dann das zunächst avisierte Immobilienprojekt scheitert, die GmbH stattdessen ein anderes Grundstück erwirbt und in diesem Zusammenhang und innerhalb von weniger als eineinhalb Jahren seit der ersten Anteilsübertragung weitere 40 % der Anteile übertragen werden, stehen die einzelnen Übertragungen und der Grundstückserwerb nicht zufällig und unverbunden nebeneinander, sondern in einem sachlichen Zusammenhang.
Normenkette
KStG 2002 § 8 Abs. 4 Sätze 1-2; GewStG 2002 § 10a S. 4; EStG 2002 § 10d
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Verlust der wirtschaftlichen Identität der Klägerin und den daraus resultierenden Untergang der Verlustvorträge zur Körperschaft- und Gewerbesteuer im Streitjahr 2003.
I.
1. Die Klägerin wurde durch Gesellschaftsvertrag vom ... 1992 unter der Firma A Großhandels GmbH mit Sitz in B gegründet. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin war Herr C.
Gegenstand der Klägerin war der Groß- und Einzelhandel mit Waren aller Art, insbesondere mit XXX. Die Klägerin hat tatsächlich allerdings nie mit XXX gehandelt. Ab 1994 hat sie sich auf dem ... betätigt ...
Mit Gesellschafterbeschluss vom 31.12.1996 wurde die Klägerin in die "D Vertriebs GmbH umfirmiert. In den Jahren 1999 bis 2001 erzielte sie keine Umsatzerlöse.
2. Am ... 2002 erwarb der Architekt E 10 % der Geschäftsanteile an der Klägerin. Mit Satzungsänderung vom ... 2002 (Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 22.10.2013, Finanzgerichtsakten -FGA- Anlagenband) wurde die Klägerin in F Projektentwicklungsgesellschaft mbH umfirmiert und der Gegenstand des Unternehmens in "die Entwicklung, die Bebauung, die Vermietung, die Verwaltung sowie der An- und Verkauf von Immobilien im eigenen Namen und auf eigene Rechnung" geändert. Der Ort der Geschäftsleitung wurde in die W-Straße ... in B, die Adresse des Herrn E, verlegt. Ferner wurde Frau G als weitere Geschäftsführerin neben Herrn C bestellt.
3. Der Anteilsverkauf an Herrn E stand im Zusammenhang mit einem geplanten Immobilienprojekt. Die Klägerin erwarb mit Kaufvertrag vom ... 2002 (...) Geschäftsanteile an der H GmbH unter der aufschiebenden Bedingung, dass diese Gesellschaft einen Grundstückskaufvertrag über ein in der X-Straße ... in B belegenes Grundstücks abschließt, das sie entwickeln sollte (...). Weitere Gesellschafter der H GmbH sollten die Bank-1 sowie die Bank-2 werden. Zu dem Grundstückskauf und damit zur Wirksamkeit des Geschäftsanteilskaufs durch die Klägerin kam es in der Folge jedoch nicht.
4. Ende 2002 verfügte die Klägerin über folgendes Anlage- und Umlaufvermögen (...):
Anlagevermögen: |
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Sachanlagen (Pkw und Computer) |
€ 13.828,00 |
Umlaufvermögen: |
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Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände |
€ 6.883,55 |
Kasse und Bankguthaben |
€ 1.133,46 |
gesamt: |
€ 21.845,01 |
5. Mit Kaufvertrag vom ... 2003 erwarb die Klägerin ein unbebautes Grundstück in B-1 für 1.300.000,00 €. Die Klägerin nahm zur Finanzierung des Kaufpreises ein Bankdarlehen auf, das durch Bürgschaften der Gesellschafter besichert wurde. Nutzungen und Lasten des Grundstückes gingen am Tag der vollständigen Kaufpreiszahlung, dem ... 2003, auf die Klägerin über. Die Klägerin schloss mit Herrn E am ... 2003 einen Architektenvertrag zur Erarbeitung eines städtebaulichen Konzeptes und zur Erstellung eines Bebauungsplanes für dieses Grundstück (...). Des Weiteren schloss sie am ... 2003 mit der J Projektentwicklungsgesellschaft ... mbH (Im Folgenden: J) einen Projektentwicklungs- und Betreuungsvertrag für das Bauvorhaben in B-1 ab (...). Gesellschafter der J sind Herr E und Frau G.
6. Mit Kaufvertrag vom ... 2003 (...) erwarb Herr E von Herrn C weitere 38 % der Geschäftsanteile an der Klägerin...