Entscheidungsstichwort (Thema)

Zollrecht, Tarifierung: Einreihung eines "Lernpakets" "Mikrocontroller programmieren" als "anderes Spielzeug, aufgemacht in Zusammenstellungen oder Aufmachungen" in die Unterposition 9503 0070 KN

 

Leitsatz (amtlich)

1. Unterhaltend im Sinne der Erläuterungen zum Kapitel 95 HS (EZT-Nr. 01.0) und zur Position 9503 HS (EZT-Nr. 19.0) kann eine Ware nur dann sein, wenn die Beschäftigung damit selbstzweckhaft ist, d. h. keinen von außerhalb des Spielzeugs an den Spieler herangetragenen Anforderungen genügen muss.

2. Lehrspielzeug ist von Lehrmaterial abzugrenzen. Letzteres ist dazu bestimmt, von außen, etwa durch Arbeitgeber, Schule oder ein universitäres Curriculum, vorgegebene Inhalte zu erlernen oder den Wissenserwerb in einer Prüfung zu dokumentieren.

3. Spielzeug kann sich auch am Wissensstand von Erwachsenen orientieren.

4. Dass durch das Spielen mit einem Spielzeug Fähigkeiten von erheblichem praktischem Nutzen erworben werden, steht der Einordnung einer Ware als Spielzeug nicht entgegen.

 

Normenkette

KN Unterposition 9503 0039; KN Unterposition 9503 0070; KN Erläuterungen zur Unterposition 9503 0070 (EZT-Nr. 36.7); HS Erläuterungen zum Kapitel 95 (EZT-Nr. 01.0); HS Erläuterungen zur Position 9503 (EZT-Nr. 19.050.0)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Einreihung einer Warenzusammenstellung.

Die Klägerin, ein Technikverlag, beantragte mit Schreiben vom 29.01.2013 eine verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) für die aus der VR China importierte Ware "Das X Lernpaket - Mikrocontroller programmieren" (im Folgenden: Lernpaket). Das Lernpaket besteht aus einem Mikrocontroller (Steuer-Computer) nebst Rahmen, einer Platine, 25 Elektronikbauteilen (Tastschalter, LEDs, Fotowiderstand [LDR], Kondensatoren, Widerstände, Schallwandler), Draht, einem Batteriefach sowie einem 80-seitigen thematisch aufgebauten Begleitheft. Die Einzelteile befinden sich in einem bunt bedruckten Pappkarton, der für den Einzelverkauf aufgemacht ist. Darauf heißt es, dass man mit dem Lernpaket über 20 Experimente durchführen könne. Durch die "Tastenprogrammierbare Steuerung" erhalte man einen schnellen und einfachen Einstieg in die Mikrocontroller-Programmierung.

Der Beklagte erteilte für das Lernpaket unter dem 30.05.2013 die vZTA-Nr. DE ...-1, mit der es als "anderes Spielzeug, aufgemacht in Zusammenstellungen oder Aufmachungen" in die Unterposition 9503 0070 KN eingereiht wurde. Die einzelnen Waren, die als Einzelstücke jeweils unterschiedlichen Positionen zugeordnet werden müssten, erhielten wegen ihrer Zusammenstellung und ihrer Aufmachung den Charakter von Spielzeug, weil das Lernpaket dem Nachspielen der Rolle eines Programmierers diene.

Gegen diese vZTA legte die Klägerin mit Schreiben vom 06.06.2013 Einspruch ein. Bei dem Lernpaket handele es sich nicht um Spielzeug, da es nicht der Unterhaltung von Kindern oder der Zerstreuung Erwachsener diene. Es gehe ausschließlich um die Vermittlung des Wissens, wie man Mikrocontroller programmiere. Es handle sich nicht um einen Experimentierkasten, der als Lehrspielzeug in die Unterposition 9503 0070 KN eingereiht werden könne.

Mit Schreiben vom 07.08.2013 nahm das Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung Berlin (BWZ) Stellung: Auch wenn nach den Erläuterungen zu Kapitel 95 bzw. Position 9503 HS Spielzeug der Unterhaltung von Personen diene, handele es sich bei dem Lernpaket um Spielzeug in diesem Sinne. So sei beispielsweise nach den Erläuterungen zur Position 9503 HS (EZT-Nr. 50.0) ein Chemiegerätekasten (mit Reagenzgläsern, Glaskolben, Spiritusbrenner und Chemikalien) oder ein Nähkasten (mit Garn, Schere, Nadel und Fingerhut) als Spielzeug einzureihen. In beiden Fällen seien die einzelnen Waren keine Spielzeuge, würden aber durch die gemeinsame Aufmachung in ihrer Gesamtheit zu einer Ware zum Spielen. Auch aus EZT-Nr. 36.7 der Erläuterungen zur Position 9503 KN ergebe sich der Spielzeugcharakter des Lernpakets. Danach würden nämlich auch Lehrspielzeug und pädagogisches Spielzeug von der Position 9503 KN erfasst.

Bei dem Lernpaket handele es sich nicht um einen Bausatz der Unterposition 9503 0039 KN. Ein solcher bestehe nämlich aus mehreren Einzelteilen, die sinnvoll aufeinander abgestimmt und dafür vorgesehen seien, zu einem Modell oder Gerät zusammengebaut zu werden. Etwas anderes sei ein Experimentierkasten, der aus mehreren Einzelteilen bestehen könne, die aber nicht zum Zusammenbauen eines einzigen Modells vorgesehen seien, sondern immer wieder neu für verschiedene Versuche zusammengebaut werden könnten. Mit dem Lernpaket könnten 20 verschiedene Experimente durchgeführt werden. Hierdurch entstehe kein bestimmtes Endprodukt.

Mit Schreiben vom 27.11.2013 ergänzte die Klägerin ihre Einspruchsbegründung: Auch Chemiegerätekästen seien nur dann Spielzeug, wenn die Zusammenstellungen Spielzeugcharakter hätten. Der Spielzeugcharakter eines Bausatzes müsse sich aus der spielerischen Betätigung des Zusammenbaus ergeben. Messungen ließen sich nicht durch ...

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