rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf der Bestellung zum Steuerberater wegen Vermögensverfall

 

Leitsatz (amtlich)

1. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung, ob Vermögensverfall vorliegt.

2. Für die Frage, ob eine Gefährdung von Mandanteninteressen ausgeschlossen ist, kommt es nicht nur auf die Zugriffsmöglichkeit auf Mandantengelder an.

3. Keine Verfahrensunterbrechung durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

 

Normenkette

StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4; FGO § 155; ZPO § 240; InsO § 36

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 01.04.2004; Aktenzeichen VII B 340/03)

BFH (Beschluss vom 01.04.2004; Aktenzeichen VII B 340/03)

 

Tatbestand

Der Kläger ist seit Jahr 1986 Steuerberater. Im August 2001 wurde die ... Betriebskrankenkasse (BKK) bei der Beklagten vorstellig mit der Angabe, dass der Kläger für die bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer die Sozialversicherungsbeiträge nicht oder nicht in voller Höhe entrichtet habe. In dem Schreiben vom 24.08.2001 heißt es u. a. : "Zur Zeit schuldet der o. g. Steuerberater der BKK Sozialversicherungsbeiträge für die Zeit vom 01.01.00 bis zum 31.07.01 in erheblicher Höhe. Die Beitragsforderungen haben wir vergeblich angemahnt. Auch durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen konnten diese nicht beigetrieben werden".

Daraufhin kam es zu Ermittlungen der Beklagten im Rahmen einer berufsrechtlichen Überprüfung. Auf den nachfolgenden Schriftwechsel (Hefter "Schriftwechsel betreffend Verdacht der Vermögenslosigkeit") wird Bezug genommen. Während dieser Ermittlungen zeigte auch die A Betriebskrankenkasse der Beklagten an, dass der Kläger Beitragsrückstände als Arbeitgeber in Höhe von 26.457,66 EUR habe. Auf das entsprechende Schreiben vom 06.02.2002 in der o. g. Akte wird ebenfalls Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 28.10.2002, dem Kläger zugestellt am 30.10.2002, widerrief die Beklagte dessen Bestellung als Steuerberater gem. § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG. Wegen der Gründe wird auf das Schreiben Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 29.11.2002, beim Gericht eingegangen am 02.12.2002, hat der Kläger hiergegen Klage erhoben. Am 01.06.03 hat das Amtsgericht Hamburg das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet.

Zur Klagebegründung macht der Kläger geltend:

Die Voraussetzung des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG für den Widerruf der Bestellung lägen nicht vor. Er sei weder in Vermögensverfall geraten, noch seien durch die Schulden die Interessen der Auftraggeber gefährdet. Er befinde sich lediglich in kurzfristiger finanzieller Bedrängnis. Die Beitragsrückstände gegenüber der BKK und der A BKK beruhten darauf, dass er bedeutende Mandate verloren habe und seine Unkosten nicht so schnell habe anpassen können. Er werde die Schulden aus dem Erlös beabsichtigter Immobilienverkäufe abdecken.

Falls im Streitfall eine gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalles bestehe, so sei diese Vermutung widerlegbar und im vorliegenden Falle durch die Bemühungen des Immobilienverkaufs widerlegt. Für mehrere Immobilien, deren Verkauf derzeit in Auftrag gegeben sei, lägen Wertgutachten vor. Zum Beweis dafür, dass die darin ermittelten Kaufpreise realistisch seien, bezieht sich der Kläger auf ein Sachverständigengutachten. Der Verkauf sei kurzfristig zu realisieren und werde die wirtschaftliche Lage deutlich entspannen.

Mandanteninteressen seien nicht gefährdet. Er habe nie Mandanteninteressen verletzt und werde dies auch nicht tun. Dies habe er der Beklagten in zahlreichen Gesprächen versichert. Nachdem das Insolvenzverfahren eröffnet sei, überwache der Insolvenzverwalter seinen, des Klägers, Geschäftsbetrieb. Das neu gestaltete Insolvenzrecht biete Gestaltungsmöglichkeiten, nach denen in Insolvenz gefallene Berufsträger ihre Berufsausübung unter Aufsicht des Insolvenzverwalters weiterführten könnten bis zu einer finanziellen Erholung. Dabei würden Zugriffsmöglichkeiten auf Mandantenvermögen jeglicher Art ausgeschlossen. So sei mit Insolvenzeröffnung auch bei ihm, dem Kläger, verfahren worden. Auf das dies bestätigende Schreiben des Insolvenzverwalters an das Gericht vom 4.9.2003 wird Bezug genommen.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände sei der Widerruf der Bestellung durch die Beklagte ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit. Der Widerruf der Bestellung wirke wie ein Berufsverbot. Angesichts der verfassungsmäßigen Garantie der Berufsfreiheit dürfe ein solches Berufsverbot nur als letztes Mittel eingesetzt werden.

Der Kläger beantragt, den Bescheid vom 28.10.2002 über den Widerruf der Bestellung zum Steuerberater aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen für den Widerruf der Bestellung gem. § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG vorlägen. Im Zeitpunkt des Widerrufs sei der Kläger im Vermögensverfall gewesen. Beide Betriebskrankenkassen, bei denen Rückstände bestanden hätten, hätten - erfolglos - die Vollstreckung betrieben. Die A Betriebskrankenkasse habe das Verfahren zur Abgaben der eidesstattlichen Versicherung eingeleitet. Das am 29. August 2002 erstel...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge