Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung der Kindergeldfestsetzung bei Tod des Kindergeldberechtigten
Leitsatz (amtlich)
Im Falle des Todes des Kindergeldberechtigten ist eine förmliche Aufhebung der Kindergeldfestsetzung auch im Falle der Abzweigung entbehrlich.
Normenkette
EStG § 70; AO § 124 Abs. 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten in der Hauptsache um die Rechtmäßigkeit eines Bescheides über die Rückforderung von Kindergeld.
Die Klägerin, geb. am ..., stellte am 02.11.2006 an die Familienkasse A einen Kindergeldantrag mit Hinweis auf ihre Behinderung, den ihr unbekannten Vater und ihre am ... verstorbene Mutter. Die Familienkasse erließ am 20.11.2006 einen Ablehnungsbescheid wegen Überschreitung der Altersgrenze gem. § 1 Abs. 2 Bundeskindergeldgesetz (BKGG). Nach Einspruchsverfahren und anschließendem Klageverfahren vor dem Sozialgericht B (Vergleich in der mündlichen Verhandlung vom 08.07.2008) hob die Familienkasse A den Ablehnungsbescheid auf und gab das Verfahren ohne Zahlungsaufnahme zuständigkeitshalber an die Familienkasse C weiter. In der mündlichen Verhandlung vom 08.07.2008 vor dem Sozialgericht hatte die Klägerin für den Fall, dass die zuständige Familienkasse nicht schon den Antrag vom 02.11.2006 als Antrag im berechtigten Interesse für den Vater auslegen sollte, einen solchen Antrag ausdrücklich gestellt, dessen Eingang die dortige Beklagte bestätigte. Die Klage, "soweit sie auf die Gewährung von Kindergeld für sie selbst gerichtet war", hatte die Klägerin zurückgenommen. In dem Vergleich war ausdrücklich festgehalten, dass der Vater der Klägerin den (heutigen) Namen der Klägerin und ihre heutige Anschrift nicht erfahren dürfe. In der Folgezeit erklärte sich die Klägerin einverstanden damit, dass die Familienkasse mit dem Vater Kontakt aufnahm, um ihn zur Antragstellung aufzufordern. Am 20.10.2008 beantragte der Vater der Klägerin, D, gegenüber der Familienkasse C Kindergeld für die namentlich benannte Klägerin (mit Hinweis auf deren unbekannten Aufenthalt) und erklärte sich mit der Auszahlung des Kindergeldes an die Klägerin einverstanden. Am 05.11.2008 beantragte die Klägerin gegenüber der Familienkasse C unter Bezugnahme auf den Antrag des Vaters die Auszahlung des Kindergeldes. Die Familienkasse C setzte gegenüber D mit Bescheid vom 10.11.2008 Kindergeld für die Klägerin für die Zeit ab Januar 2004 fest und entschied ihm gegenüber am selben Tag im Sinne einer Abzweigung an die Klägerin, da er keine Unterhaltszahlungen leiste. Die Klägerin erhielt mit Schreiben vom 10.11.2008 einen Abdruck des Bescheids verbunden mit einem Hinweis auf ihre Mitteilungspflicht bei veränderten Verhältnisses gem. § 68 Einkommensteuergesetz (EStG). In der Folge forderte die Familienkasse C die Klägerin in Abständen mehrfach auf mitzuteilen, ob sich hinsichtlich der Behinderung bzw. der eigenen Einkünfte und Bezüge Änderungen ergeben haben, und bat um Vorlage von Belegen. Nach Zuständigkeitswechsel zu der Familienkasse E (Beklagte) bat die Klägerin in einem persönlichen Gespräch bei der Familienkasse E am 02.06.2014 um Weiterbewilligung des Kindergeldes. Bis einschließlich April 2016 wurde das Kindergeld weiter an die Klägerin ausgezahlt.
Mit Bescheid vom 18.04.2016 hob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung gegenüber D mit einem an diesen adressierten Bescheid mit Hinweis auf die fehlenden Voraussetzungen gem. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 EStG (keine Behinderung schon vor Vollendung des 27. Lebensjahres) für die Zeit ab Mai 2016 gem. § 70 Abs. 3 EStG auf und teilte dies auch durch Übersendung eines Bescheidabdrucks gegenüber der Klägerin mit. In der Folge erfuhr die Beklagte, dass D am ... 2011 verstorben war. Aufgrund dessen betrachtete sie einen zwischenzeitlich gegen den Bescheid vom 18.04.2016 eingelegten Einspruch der Klägerin als erledigt (s. Schreiben an die Bevollmächtigte der Klägerin vom 02.08.2016). Mit Bescheid vom 16.09.2016 forderte die Beklagte von der Klägerin für die Zeit von Mai 2011 bis April "2016" einschließlich in Höhe von insgesamt 11.112 € gem. § 218 Abs. 2 i. V. m. § 37 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) zurück. Dem war eine Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 26.08.2016 und ein Hinweis auf die Rückforderung der Zahlungen für Mai 2011 bis April 2016 vorausgegangen. Ebenfalls unter dem Datum des 16.09.2016 und demselben Aktenzeichen setzte die Beklagte Hinterziehungszinsen fest. Mit Schreiben vom 01.10.2016 (Eingang am 05.10.2016) legte die Klägerin gegen "den" Bescheid vom 16.09.2016 Einspruch ein. Zur Begründung verwies sie auf eine Stellungnahme zu der erfolgten Anhörung und trug ergänzend vor, dass auch eine Steuerhinterziehung nicht vorliege. Mit Einspruchsentscheidung vom 21.10.2016 wies die Beklagte den Einspruch wegen der Erstattung von Kindergeld (mit Hinweis auf den zutreffenden Endzeitpunkt der Erstattung bis April "2016") als unbegründet zurück. Den Bescheid betreffend die Hinterziehungszinsen änderte sie unter dem 07.11.2016 gem. § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO. Eine Steuerhinterziehung liege n...