Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuerrecht: Zuwendung an EWIV als verdeckte Gewinnausschüttung
Leitsatz (amtlich)
Die Verschiebung des Gewinns einer Kapitalgesellschaft auf eine EWIV in Gestalt eines "Sondermitgliedsbeitrags" kann als verdeckte Gewinnausschüttung zu bewerten kann.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Tatbestand
Der Kläger wendet sich als Rechtsnachfolger der A UG (haftungsbeschränkt) (im Folgenden: UG) gegen die vom Beklagten für das Jahr 2018 vorgenommene Bewertung einer Zuwendung an die B EWIV (im Folgenden: EWIV) als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA).
Die UG wurde am ... Dezember 2017 gegründet. Gründungsgesellschafter waren der Kläger mit einer Beteiligung von 50 % sowie seine beiden Kinder mit einer Beteiligung von jeweils 25 %. Die Gründung der UG und die Aufnahme der Kinder als Gesellschafter erfolgte, da der Kläger der Auffassung war, dass diese Gestaltung die Erbfolge erleichtere. Am ... Januar 2018 nahm die UG ihre Geschäftstätigkeit auf. Gegenstand des Unternehmens laut Handelsregister waren Consulting, Import/Export, Kauf und Verkauf von notleidenden Partien, Kauf und Verkauf von Industriegütern und Fertigwaren, Vermittlung von Transportgeschäften und Handelsgeschäften sowie Beratung und Vertretung von und für internationale Produzenten und Handelsunternehmen. Der Kläger war der alleinige Geschäftsführer.
Kurz darauf kam der Kläger zu der Überzeugung, dass es für eine geordnete Erbfolge doch nicht erforderlich sei, die Kinder an der UG zu beteiligen. Gemäß Gesellschafterbeschluss vom 3. März 2018 traten die Kinder daher ihre Gesellschaftsanteile an den Kläger ab. Eine notarielle Beurkundung der Abtretungen erfolgte zunächst nicht, sondern wurde am 1. Juli 2019 nachgeholt. Der Kläger beabsichtigte nunmehr, seine Geschäfte in einem Einzelunternehmen fortzuführen.
Am ... November 2018 gründeten der Kläger persönlich, die UG und die in Bulgarien ansässige C GmbH & Co. KG die EWIV. Die Anschrift der EWIV war zugleich die Anschrift der UG und die Wohnadresse des Klägers. Gegenstand der EWIV waren die "Bündelung von Ressourcen und Auslagerung von Verwaltungsaufgaben [...]", die "Förderung der Gesundheit und einer ausgeglichenen Work-Life-Balance der Mitglieder [...]" sowie die "Förderung des Breitensports". Der Kläger wurde zum alleinigen Geschäftsführer der EWIV bestellt. Die Statuten der EWIV sahen unter § 10 zu Mitgliedsbeiträgen die folgende Regelung vor:
"Die Mitgliederversammlung kann einen jährlichen Mitgliedsbeitrag bestimmen. [...] Wenn die Einkünfte der EWIV zur Abdeckung der laufenden Kosten nicht ausreichen, sind die Mitglieder verantwortlich für ungedeckte Ausgaben und zwar anteilig gemäß einem Mitgliederbeschluss [...]."
In § 12 wurde die Verteilung von Gewinnen und Verlusten wie folgt geregelt:
"Die Gewinne und Verluste der EWIV werden entsprechend der EG-Verordnung 2137/85 aufgeteilt, wenn nicht einstimmig von der Mitgliederversammlung anderweitig beschlossen (z.B. asymmetrisch). [...]"
Am 27. Dezember 2018 fasste der Kläger alleine einen Gesellschafterbeschluss für die UG über "die Übertragung des Sondermitgliedsbeitrags in Höhe von 182.809,19 EUR in die B EWIV". Der Beschluss hat den folgenden Wortlaut:
"1. Die Gesellschafterversammlung hat einstimmig beschlossen, dass ein Sondermitgliedsbeitrag in Höhe von 182.809,19 € in die B EWIV eingezahlt wird.
2. Die B EWIV hat die Übertragung einstimmig nach § 9 ihrer Statuten/Satzung akzeptiert.
3. Diesen Sondermitgliedsbeitrag wird die B EWIV statutengemäß zur Abdeckung der Projekt-, Betriebskosten und als Garantie- und Rechtskostenrücklage verwenden."
Bei dem in dem Beschluss genannten Betrag von € 182.809,19 handelte es sich um den gesamten Kassenbestand der UG zum 31. Dezember 2018.
Vier Tage später, am 31. Dezember 2018, fasste der Kläger - erneut alleine - einen Gesellschafterbeschluss für die UG mit folgendem Wortlaut:
1. Die Gesellschafterversammlung hat einstimmig entschieden, dass ein Sondermitgliedsbeitrag in Höhe von 160.000,00 € in die B EWIV eingezahlt wird.
Verwendung
Diesen Sondermitgliedsbeitrag wird die B EWIV statutengemäß zur Abdeckung der Projekt-, Betriebskosten und als Garantie- und Rechtskostenrücklage anwenden.
Die Projekte (Digitalisierung 4.0, Entwicklung von Immobilienprojekten, Forschung und Entwicklung von innovativen Lebensmittelzutaten) sind in der Ergänzung zu diesem Beschluss separat aufgelistet. Das Projekt soll dazu beitragen, dass gesündere Nahrungsmittel in Europa hergestellt werden können, die zur Konkurrenzfähigkeit der UG beitragen."
Wiederum vier Tage später, am 4. Januar 2019, folgte ein ergänzender Gesellschafterbeschluss des Klägers für die UG, der wie folgt lautete:
"[...] Die Projekte werden wie folgt aufgeschlüsselt:
1. Digitalisierung 4.0 der A UG und der B EWIV, gleichzeitig Entwicklung von Software für die Prozesse der Kundenentwicklung und Partnerschaften, geplantes Volumen:
300.000 EUR
2. Entwicklung von Immobilienprojekten im europäischen Raum mit zukunftsweisender, ökologischer Bauweise...