rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Berichtigung wegen einer offenbaren Unrichtigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Wird bei Ausfüllen des Eingabewertbogens bei der Neufestsetzung von Umsatzsteuern wegen eines rückwirkenden Ereignisses übersehen, die automatische Zinsberechnung nach altem Recht (vor Inkrafttreten des JStG 1997) durch bestimmte Angaben zu unterdrücken, kann ein Rechtsirrtum des Sachbearbeiters nicht ausgeschlossen werden, wenn der genaue Grund des "Übersehens" nicht aufklärbar ist.
Normenkette
AO §§ 129, 233a Abs. 2a
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte einen Zinsfestsetzungsbescheid wegen einer offenbaren Unrichtigkeit berichtigen durfte.
Die Klägerin, eine BGB-Gesellschaft bestehend aus den Gesellschaftern H. und A., war bis zum 31.12.1992 Eigentümerin u.a. der Grundstücke X- Weg (Parkhaus) und Y-Straße, bebaut mit einem Kaufhaus, in Hamburg. Bis zum 31.12.1992 hatte die Klägerin diese Grundstücke an die H und A GmbH & Co KG (künftig: Fa. HA), deren einzige Kommanditisten H und A waren, überlassen. Die Klägerin hatte dabei auf die Umsatzsteuerbefreiung für die Vermietung des Parkhauses verzichtet, während sie für die Vermietung des Kaufhauses keine Umsatzsteuer in Rechnung stellte. Nachdem das Kaufhaus im Jahr 1989 mit einem Investitionsvolumen von 17,45 Mio. DM umgebaut worden war, wurden die Vorsteuern aus den Baukosten von der Fa. HA in den Umsatzsteuererklärungen 1989 und 1990 geltend gemacht, obwohl die Rechnungen an die Klägerin adressiert waren.
Mit Vertrag vom 19.8.1992 wurden die beiden Grundstücke von der Klägerin auf die 1992 errichtete HA Grundstücksgesellschaft mbH & Co KG (künftig: Grundstücksgesellschaft), deren einzige Kommanditisten ebenfalls die Brüder H. u. A. sind, übertragen. Diese Veräußerung wurde zunächst als umsatzsteuerfrei behandelt. Der seit 1993 von der Fa. HA an die Grundstücksgesellschaft gezahlte Mietzins wurde dagegen der Umsatzsteuer unterworfen.
Nach einer Betriebsprüfung bei den genannten Unternehmen im Jahr 1996 gelangte der Betriebsprüfer zu der Auffassung, dass die Fa. HA die Vorsteuerbeträge aus den Baukostenrechnungen 1989 und 1990 zu Unrecht geltend gemacht habe, da sie weder Rechnungs- noch Leistungsempfängerin gewesen sei. Die Gesellschaften gaben daraufhin am 2.12.1996 berichtigte bzw. erstmalige Umsatzsteuererklärungen ab, wobei die Klägerin u.a. mit berichtigten Umsatzsteuererklärungen für 1989 bis 1992 auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 UStG für die Grundstücksvermietung an die Fa. HA verzichtete und nun ihrerseits den Vorsteuerabzug für die Baukosten geltend machte.
Der Beklagte setzte darauf mit geändertem Umsatzsteuerbescheid für 1990 vom 7.7.1997 ein Umsatzsteuerguthaben der Klägerin in Höhe von 71.686 DM fest. Zugleich wurden auch Erstattungszinsen gem. § 233a Abs. 2 AO für einen Unterschiedsbetrag von 94.300 DM für den Zeitraum vom 1.4.1992 bis 31.3.1996 in Höhe von 22.632 DM festgesetzt. Der mit dem Jahressteuergesetz 1997 (vom 20.12.1996, BGBl. I S. 2049) eingefügte § 233a Abs. 2a AO wurde nicht berücksichtigt. Entsprechend verfuhr der Beklagte auch bei der geänderten Festsetzung der Umsatzsteuer für 1989 und 1991-1993. Das im Rahmen des integrierten Steuerfestsetzungs- und -erhebungsverfahrens bundesweit eingesetzte EDV-Programm war zu diesem Zeitpunkt noch nicht in der Lage, die Neuregelung des § 233a Abs. 2a AO, wonach bei einem rückwirkenden Ereignis der Zinslauf erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten ist, beginnt, zu berücksichtigen. In diesen Fällen musste die maschinelle Zinsberechnung ausgeschlossen und anschließend mussten die Zinsen von dem Sachbearbeiter selbst oder mit Hilfe eines in Hamburg entwickelten PC-Hilfsprogrammes berechnet werden. Um die maschinelle Berechnung auszuschließen, musste der Sachbearbeiter auf dem Eingabewertbogen in dem Feld "Festsetzung der Umsatzsteuer" unter "Kennziffer" die Zahl "100" eintragen und in dem daneben befindlichen Feld "Betrag/Wert" eine "1". Für das Streitjahr war dies ebenso unterblieben, wie bei der Bearbeitung der geänderten Umsatzsteuerbescheide für 1989 und 1991 bis 1993.
Mit Bescheid vom 15.9.1997 berichtigte der Beklagte u.a. den Umsatzsteuerbescheid 1990 gem. § 129 AO indem er die Zinsfestsetzung in Höhe von ./. 22.632 DM aufhob. Zur Begründung führte er aus, zu der Zinsfestsetzung sei es gekommen, weil bei der Fertigung der Umsatzsteuerbescheide vergessen worden sei, eine Kennziffer einzutragen, die die maschinelle, noch auf das frühere Recht programmierte, Zinsfestsetzung verhindert und zu einer manuellen Bearbeitung geführt hätte. Eine "manuelle Bearbeitung" wäre dann unterblieben, da Zinsen gem. § 233a Abs. 2a AO nicht - mehr - hätten festgesetzt werden dürfen. In der Annahme, die richtige Kennziffer sei eingegeben worden, so dass eine weitere Bearbeitung nicht erforderlich sei, seien die Bescheide dann ohne weitere Überprüfung zur Post gegeben worden. Die Voraussetzungen einer offenbaren Unrichtig...