Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwangsgeldandrohung zwecks Mitteilung des Geschäftsleitungsorts
Leitsatz (amtlich)
Die Anfechtung einer Zwangsgeldandrohung erledigt sich mit Bestandskraft der Zwangsgeldfestsetzung.
Das bestandskräftig festgesetzte Zwangsgeld kann nicht mehr beigetrieben werden, sobald die zu erzwingende Verpflichtung nachträglich erfüllt worden ist.
Für die Mitteilung des aktuellen Orts der geschäftlichen Oberleitung genügt nicht allein die Adresse, solange kein schriftlicher Mietvertrag, keine Bestätigung der Grundstückseigentümerin über die Raumnutzung und keine Mietzahlungsbelege vorliegen, dortiges Personal, Telefon- oder Fax-Kommunikation nicht ersichtlich sind und das Betreten nicht ermöglicht worden ist.
Soweit kein eingetragener Geschäftsführer handelt, befindet sich der Ort der geschäftlichen Oberleitung dort, wo der faktische Geschäftsführer den für die Geschäftsführung maßgeblichen Willen bildet und die nötigen Maßnahmen von einiger Wichtigkeit anordnet.
Normenkette
AO §§ 10, 34, 328-329, 332-333; FGO § 40 Abs. 2
Tatbestand
A.
Die Klägerin wendet sich gegen die Androhung eines - inzwischen bestandskräftig festgesetzten - Zwangsgelds zwecks Mitteilung des aktuellen Orts der Geschäftsleitung.
- 1. Die Klage der Klägerin ist gleichzeitig mit der ihrer Schwester-GmbH verhandelt und entschieden worden. Die Firmen beider Gesellschaften (Klägerinnen) unterscheiden sich nur durch eine Ordnungsziffer ("1." bzw. "2."). Beide Klägerinnen gehören demselben Alleingesellschafter (Sch).
- 2. Vor Gründung der Klägerinnen betätigte sich Sch als Geschäftsführer einer in 2002 eingetragenen Vorgängergesellschaft (S V GmbH). Die S V GmbH trat nach angeblicher Umfirmierung unter einer neuen Bezeichnung auf (N I GmbH). Im Handelsregister wurde die Umfirmierung nicht eingetragen. Im November 2006 blieben Pfändungsversuche wegen Steuerschulden der Gesellschaft fruchtlos. Im Mai 2007 wurde die S V GmbH wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht (Handelsregister, Körperschaftsteuer-Akte "1." --KSt-A 1.-- Bl. 2-3; Körperschaftsteuer-Akte "2." --KSt-A 2.-- Bl. 2-3).
- 3. Der 1968 geborene Sch ist in Hamburg mit Wohnanschrift und steuerlich erfasst (Akte Allgemeines "1." --Allg-A 1.-- Bl. 10; Akte Allgemeines "2." --Allg-A 2.-- Bl. 9, 34).
4. Die Klägerinnen wurden jeweils mit Gesellschaftsvertrag vom 15. und Eintragung vom 27. August 2007 in Hamburg durch Sch als Alleingesellschafter gegründet (Allg-A 1. Bl. 11 ff; Allg-A 2. Bl. 10 ff).
In den Handelsregister-Anmeldungen wurde dieselbe Adresse wie für die frühere S V GmbH angeben (M-Weg; Allg-A 1. Bl. 30 f; Allg-A 2. Bl. 26).
Als Geschäftsführerin beider Klägerinnen ist eine 1981 geborene nepalesische Staatsbürgerin eingetragen, deren Beruf in ihrem im April 2006 ausgestellten nepalesischen Pass mit "Housewife" bezeichnet ist (Allg-A 1. Bl. 9, 33; Allg-A 2. Bl. 30).
Ihr Aufenthaltsstatus ist aus der auszugsweisen Passkopie nicht ersichtlich und dem Finanzgericht (FG) nicht bekannt. Die Nepalesin ist in Hamburg zwar steuerlich nicht erfasst, aber mit ihrer Wohnanschrift gemeldet, ab April 2008 mit neuer Wohnung (Allg-A 1. Bl. 27; Rechtsbehelfs-Akte "1." --Rb-A 1.-- Bl. 17; Rechtsbehelfs-Akte "2." --Rb-A 2.-- Bl. 15).
- 5. Am 13. September 2007 wurden im Handelsregister für eine andere GmbH (I-R GmbH) das Ausscheiden eines bisherigen Geschäftsführers, die Bestellung und Abberufung von Sch als Geschäftsführer und die Bestellung der vorgenannten Nepalesin als Geschäftsführerin eingetragen. Als Geschäftsanschrift für die I-R GmbH wurde am 27. März 2009 die M-Straße und nachfolgend am 30. März 2009 der M-Weg eingetragen (Handelsregister).
6. Für das Geschäftshaus-Grundstück M-Weg war im September 2004 die Anordnung der Zwangsversteigerung und der Zwangsverwaltung im Grundbuch eingetragen worden (Finanzgerichts-Akte "1." --FG-A 1.-- Bl. 23 ff; Finanzgerichts-Akte "2." --FG-A 2.-- Bl. 26 ff). Zwangsverwalter war ein Rechtsanwalt (Rb-A 1. Bl. 42; Rb-A 2. Bl. 33).
Eine Hauptmieterin im 1. Obergeschoss (I GmbH & Co KG; Rb-A 1. Bl. 42; Rb-A 2. Bl. 33; nicht verwandt mit der I-R GmbH, oben 5) vermietete mit Untermietvertrag vom 5. April 2006 das dortige Büro Nr. 5 an die so bezeichnete N I GmbH (oben 2), vertreten durch Sch, als Untermieterin. Der Mietvertrag enthält in § 4 den handschriftlichen Zusatz: "Es ist ausgeschlossen, dass das Untermietverhältnis länger besteht als das Mietverhältnis zwischen dem Eigentümer und ... (I GmbH & Co KG)." In einer Anlage zum Mietvertrag werden Einzelheiten der Grundstücks-Zwangsverwaltung genannt und diesbezügliche Ansprüche der Untermieterin gegen die Hauptmieterin abbedungen (Allg-A 1. Bl. 36 ff).
Die Anordnungen der Zwangsverwaltung und Zwangsversteigerung des Grundstücks wurden aufgehoben und im März 2007 im Grundbuch gelöscht. Nach Auflassung vom Februar wurde im Mai 2007 eine dänische Eigentümergesellschaft (ApS) mit Sitz in Kopenhagen eingetragen (FG-A 1. Bl. 23 ff; FG-A 2. Bl. 26).
Mit der Hausverwaltung wurde erneut die bereits für den Voreig...