Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerblicher Auflösungsverlust aus privater GmbH-Beteiligung
Leitsatz (amtlich)
Die organisationsrechtliche Übertragung von Zuständigkeiten auf gesetzlicher Grundlage (hier Zusammenlegung von zwei Finanzämtern durch Zuständigkeitsanordnung gemäß § 17 FVG) bewirkt einen gesetzlichen Beteiligtenwechsel.
Der Beteiligungsverlust aus der Auflösung der Kapitalgesellschaft realisiert sich zwischen Auflösungszeitpunkt und Abschluss des Liquidations- oder Insolvenzverfahrens, wenn nach einem Zwischenstatus keine wesentlichen Änderungen mehr zu erwarten sind und insbesondere alle stillen Reserven aufgelöst wurden; spätere unwesentliche Abwicklungsaufwendungen bis zum Abschluss der Liquidation sind auf den Zeitpunkt der Realisierung des Auflösungsverlusts zurückzubeziehen.
Der Beweiswert der aus Mikrofilm rückvergrößerten Bankbelege ist bei Nachprüfung von Kontobewegungen (hier: Stammkapital-Einzahlungen) mit dem Beweiswert von Original-Bankbelegen vergleichbar.
Prozesskosten sind einem obsiegenden Beteiligten trotz verzögerter Nachweise nicht aufzuerlegen, wenn die Kosten nicht durch die Verspätung verursacht worden sind, so bei fortdauerndem Bestreiten des unterliegenden Beteiligten. 5. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung obsiegender finanzgerichtlicher Urteile richtet sich weiterhin nach §§ 151, 155 FGO i.V.m. der Vorschrift § 708 Nr. 10 ZPO, ungeachtet deren Neufassung durch das JuMoG vom 24. August 2004 (BGBl. I S. 2198: "Berufungsurteile" statt "Urteile der Oberlandesgerichte"), durch die der Anwendungsbereich nur auf andere letzte Tatsacheninstanzgerichte erweitert werden sollte.
Normenkette
EStG § 17; FGO §§ 57, 63, 96, 137, 151, 155; FVG § 17; GmbHG §§ 58, 60; ZPO § 708 Nr. 10
Tatbestand
I. Streitig ist, inwieweit und wann der Kläger aus seiner Beteiligung an einer GmbH aufgrund ihrer Kapitalherabsetzung und Auflösung einen Verlust erlitten hat. Insbesondere ist streitig, ob den vom Kläger geltend gemachten Anschaffungskosten seiner Beteiligung entsprechende Kapitaleinzahlungen von ihm zugrunde liegen und ob der auf ihn entfallende Liquidationsverlust bei seiner (von seiner Ehefrau getrennten) Einkommensteuerveranlagung bereits im Jahr vor dem formellen Abschluss der GmbH-Liquidation zu berücksichtigen ist.
1. Der Kläger und seine Ehefrau gründeten die GmbH 1980 und blieben alleinige Gesellschafter. Das Stammkapital erhöhten sie von 100.000 DM in 1980 auf 500.000 DM in 1981 und auf 1 Mio. DM in 1982 (Akte GmbH Allgemeines -Allg.-A- Bl. 2, 45; Rechtsbehelfs-Akte -Rb-A- Bd. I Bl. 50; Finanzgerichts-Akte -FG-A- Bl. 38, 136).
a) Bei Gründung übernahmen der Kläger und seine Ehefrau Geschäftsanteile von 80.000 DM und 20.000 DM (Allg.-A Bl. 3, FG-A Bl. 48).
Von der Gesellschafter-Einlage des Klägers gingen 20.000 DM laut Überweisungsgutschrift-Kopie mit Buchungsstempel der Bank am 11. Februar 1980 auf dem Bankkonto der GmbH vom Bankkonto des Klägers ein (Anlage K 1b, FG-A Bl. 74b).
Danach standen Ende 1980 vom Kläger noch 60.000 DM aus (Anlage K 1a, FG-A Bl. 74a). Dieser Betrag wurde laut den - aus Mikrofilm rückvergrößerten - Monatskontenblättern der Bank für den Kläger und für die GmbH am 8. September 1981 dem Konto des Klägers belastet und dem Bankkonto der GmbH gutgeschrieben (Anlage K 2, FG-A Bl. 74c).
b) Von der Kapitalerhöhung vom selben Tag um 400.000 DM übernahmen der Kläger 295.000 DM und seine Ehefrau 105.000 DM (FG-A Bl. 50, 57, 59).
Laut rückvergrößerten Kontenblättern der Bank gingen am 21. September 1981 vom Konto des Klägers 55.000 DM auf das Konto der GmbH und am 14. Dezember 1981 23.830,04 DM auf das Bankkonto der GmbH (Anlagen K 4 und K 5, FG-A Bl. 74h, 74j). In Aufzeichnungen der Prüfungsgesellschaft zum Jahresabschluss 1981 ist vermerkt, dass der Kläger zugleich 16.169,96 DM durch nicht ausgezahlte Gehaltsansprüche erbrachte (23.830,04 + 16.169,96 = 40.000 DM; FG-A Bl. 73).
Bei Abzug dieser Beträge von zusammen (55.000 + 40.000 =) 95.000 DM von der Einlageverpflichtung des Klägers standen Ende 1981 noch Einlagen von ihm in Höhe von (295.000 - 95.000 =) 200.000 DM aus. Laut rückvergrößerten Kontenblättern der Bank gingen am 15. Juli 1982 vom Bankkonto des Klägers 100.000 DM auf das Bankkonto der GmbH und flossen dorthin am 30. August 1992 nochmals 100.000 DM (Anlagen K 7 und 8, FG-A Bl. 74m, 74n).
c) Von der Kapitalerhöhung vom 19. Oktober 1982 über 500.000 DM übernahmen der Kläger 375.000 DM und seine Ehefrau 125.000 DM (FG-A Bl. 61, 70).
Unter dem Datum 19. Oktober 1982 wurde die Registeranmeldung der Kapitalerhöhung mit der Versicherung, dass ein Viertel der Erhöhung eingezahlt ist, vorbereitet und vom Kläger unterschrieben (FG-A Bl. 68). Der Betrag von (375.000 DM : 4 =) 93.750 DM wurde laut Kontenblätterkopien der Bank am 1. November 1982 dem Konto des Klägers belastet und dem Bankkonto der GmbH gutgeschrieben (Anlage K 9, FG-A Bl. 74p); am 21. Dezember 1983 folgte ein Betrag von 30.000 DM (Anlage K 9, FG-A Bl. 74r).
Bei Abzug dieser Beträge von zusammen...