Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonstige Einkünfte; Anfechtung einer Grundstücksübertragung; Wegfall der Geschäftsgrundlage
Leitsatz (amtlich)
Keine Irrtumsanfechtung und kein Wegfall der Geschäftsgrundlage bei (teilentgeltlichem) Erwerb eines Grundstücks im Jahr 1998 und Veräußerung im Jahr 2005 im Hinblick auf die Verlängerung der sog. Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG auf zehn Jahre durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; BGB §§ 119, 313
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute. Der Kläger war ursprünglich Alleineigentümer eines 788 qm großen, bebauten und vermieteten Grundstücks in A.
Mit notariellem Vertrag vom 18.12.1997 übertrug der Kläger das Grundstück mit allen Bestandteilen und sämtlichem Zubehör auf die Klägerin. In der Vertragsurkunde wird der Vertrag als "Schenkungsvertrag (mit Auflassung)" bezeichnet, der Kläger als "Schenker" und die Klägerin als "Beschenkte". Gemäß § 1 des Vertrages übernahm die Klägerin die im Grundbuch aufgeführten Belastungen des Grundstücks in Höhe von insgesamt 2.392.000,00 DM. In § 2 des Vertrages heißt es: "Der Schenker schenkt hiermit nach Maßgabe dieses Schenkungsvertrages das Grundstück mit allen Bestandteilen und sämtlichem Zubehör der Beschenkten, die diese Schenkung hiermit annimmt". In § 3 des Vertrages wird vereinbart: "Die Beschenkte übernimmt die Belastungen in Abteilung II und III des Grundbuchs. (...) Weiterhin übernimmt die Beschenkte mit befreiender Wirkung zum Übergabetag die Darlehensschuld (Valutastand zum Übergabetag: DM 2.348.340,16) des Schenkers (...)". Als Übergabetag wurde der 31.12.1997, 24.00 Uhr, vereinbart. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den genannten Vertrag Bezug genommen (Anlage K3, Anlagenband).
Im Streitjahr 2005 veräußerte die Klägerin zwei zu dem Grundstück gehörende Wohnungen für 225.000,00 € und für 209.000,00 €. Im (nicht im Streit befindlichen) Jahr 2006 veräußerte sie das restliche Grundstück.
Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) teilte den Klägern mit Schreiben vom 09.08.2007 mit, dass er beabsichtige, den im Streitjahr erzielten Veräußerungsgewinn in Höhe von 178.309,00 € im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer 2005 als Einkünfte der Klägerin im Sinne des § 23 EStG zu berücksichtigen. Die Klägerin habe das Objekt in A im Jahr 1998 teilentgeltlich erworben. Der entgeltliche Teil habe damals 75,75 % betragen. Da die Veräußerung innerhalb von zehn Jahren nach der Anschaffung erfolgt sei, müssten 75,75 % der Veräußerung als privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 EStG behandelt werden. Wegen der Ermittlung des Veräußerungsgewinns wird auf das Schreiben des FA vom 09.08.2007 (Bl. 27 der Einkommensteuerakten, Band IV) Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 05.09.2007 machte die Klägerin geltend, dass sie zwischenzeitlich das mit dem Kläger geschlossene Schenkungs- und Veräußerungsgeschäft rückwirkend angefochten habe. Sie sei aufgrund objektiv falscher Zusagen ihres damaligen Rechtsberaters, eines Rechtsanwalts, einem Rechtsfolgeirrtum als Inhaltsirrtum erlegen; denn sie habe auf die Zusicherung ihres Rechtsberaters vertraut, dass sie das 1998 erworbene Grundstück nach Ablauf von zwei Jahren steuerfrei würde veräußern können. Hierin liege ein Rechtsfolgeirrtum, der unter §§ 119, 139, 142 BGB falle. Ungeachtet dessen sei der Vertrag nach § 138 BGB nichtig. Sie sei im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem Kläger einkommens- und vermögenslos gewesen. Die vereinbarte Übernahme der Verbindlichkeiten gemäß § 3 des geschlossenen Vertrags sei vor diesem Hintergrund sittenwidrig. Die dem Kläger gegenüber mit Schreiben vom 25.08.2007 erklärte Anfechtung des am 18.12.1997 geschlossenen Vertrags legte die Klägerin dem FA vor (Bl. 46 der Einkommensteuerakten, Band IV); darin heißt es:
"Der Vertrag ist als Gesamtvertrag für mich als einheitliches Rechtsgeschäft abgeschlossen worden mit dem Ziel, dass ich nach zwei Jahren steuerfrei das Grundstück nach Auslaufen des Hauptmietvertrages 2004 verkaufen konnte und wollte sowie musste aus verschiedenen Gründen, die Dir und mir bekannt sind, was ausweislich des Schreibens, der Freien und Hansestadt Hamburg, Finanzamt B, vom 09.08.07 (...) nicht der Fall ist.
Erst mit Zugang dieses Schreibens am 20.08.07 habe ich erstmals erfahren, dass nach § 23 EStG für die Veräußerung ab 1999 eine Besitzzusammenrechnung nur bezüglich des Schenkungsteils nach der herrschenden Aufspaltungstheorie möglich ist (...).
Ich hätte den Vertrag niemals abgeschlossen, wenn mir die steuerrechtlichen Folgen, wie sie nunmehr durch das Finanzamt Hamburg (...) allein schon für das Steuerjahr 2005 aufgezeigt worden sind, bewusst gewesen wären.
Für mich stand und fiel der Schenkungsvertrag mit der Tatsache, dass nach zwei Jahren das Haus steuerfrei hätte verkauft werden können (...).
Es war Deine Absicht, mir ein Geschenk zu machen,...