Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsirrtum bei der Abgabe einer strafbefreienden Erklärung
Leitsatz (amtlich)
Ein Rechtsirrtum bei der Abgabe einer strafbefreienden Erklärung im Jahr 2004 kann im Jahr 2005 nicht mehr geheilt werden. Grundsätzlich kann auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden.
Normenkette
AO § 110; StraBEG §§ 1, 8
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit strafbefreiender Erklärungen und die Höhe des geschuldeten Steuersatzes.
1. Die Kläger sind Erben nach Frau A, verstorben am 16. Mai 2001. Die Erblasserin hatte Mieteinnahmen aus Brasilien bezogen, die sie im Inland steuerlich nicht erklärt hatte. Zuständig für ihre Besteuerung war der Beklagte bzw. sein Rechtsvorgänger. Mit Datum vom 15. Dezember 2004 gab die Klägerin zu 1) als Erklärende eine Formular-Erklärung nach dem Strafbefreiungsgesetz (StraBEG) ab (im Folgenden: strafbefreiende Erklärung) und zwar für die Erblasserin als Steuerschuldnerin. In dieser Erklärung wurde die Summe der nicht besteuerten Einnahmen mit EUR 0 angegeben und die zu entrichtende Abgabe ebenfalls mit EUR 0. In der Anlage wurde in der Rubrik "Lebenssachverhalt" für die Zeit von 1995 bis Mai 2001 jeweils ein Betrag "Mieteinnahmen Brasilien" angegebenen mit dem Zusatz "Progressionsvorbehalt".
2. Nachdem die Kläger im Zusammenhang mit strafbefreienden Erklärungen, die sie für ihre eigenen Steuerschulden abgegeben hatten, von der Finanzverwaltung darauf hingewiesen worden waren, dass diese Einnahmen nicht steuerfrei seien, gab die Klägerin zu 1) am 26. Januar 2005 erneut eine strafbefreiende Erklärung für die Steuerschuld der Erblasserin ab. In dieser gab sie die Summe der zu Unrecht nicht besteuerten Einnahmen mit EUR 171.549 an. Sie errechnete 25% dieses Betrages, also EUR 42.887, als zu entrichtende Abgabe und zahlte diesen Betrag an den Beklagten. Hintergrund war § 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StraBEG, nach dem die Steuer 25% der erstmalig erklärten Einnahmen betrug, wenn Erklärungsabgabe und Zahlung bis zum 31. Dezember 2004 erfolgt waren. Mit Abgabe der Erklärung vom 26. Januar 2005 beantragte die Klägerin zu 1) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, weil bei der Abgabe der Erklärung im Dezember 2004 rechtsirrtümlich von einer anderen Besteuerung ausgegangen worden sei.
3. Mit Schreiben vom 3. Februar 2005 lehnte der Beklagte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab.
4. Die Klägerin zu 1) reichte sodann am 28. Februar 2005 eine weitere strafbefreiende Erklärung ein, in der sie die Abgabe mit 35% der Einnahme berechnete, wie es § 8 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1, 6 StraBEG für strafbefreiende Erklärungen vorsieht, die nach dem 31. Dezember 2004 und vor dem 1. April 2005 abgegeben werden. Der Differenzbetrag wurde vor dem 31. März 2005 an den Beklagten gezahlt.
5. Die Klägerin zu 1) legte Einspruch gegen die letzte ihrer strafbefreienden Erklärungen vom Februar 2005 ein. Das Einspruchsschreiben trägt das Datum 23. März 2005 und ist beim Beklagten am 31. März 2005 eingegangen. Auf entsprechenden Hinweis des Beklagten vom 15. April 2005 beantragte die Klägerin zu 1) mit Schreiben vom 12. Mai 2005 hinsichtlich des Einspruchs Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
6. Mit Schreiben vom 19. Oktober 2006 wies der Beklagte darauf hin, dass Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu gewähren sei, der Einspruch mithin unzulässig sei. Im Übrigen sei der Einspruch auch unbegründet, weil der Irrtum über die Steuerpflichtigkeit der Einnahmen in der strafbefreienden Erklärung vom 15. Dezember 2004 nicht mit Wirkung zum 31. Dezember 2004 behoben werden könne. Unter Bezugnahme auf dieses Schreiben wies der Beklagte den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 08. Dezember 2006 als unzulässig zurück.
7. Die Kläger haben am 27. Dezember 2006 Klage erhoben. In der Klagschrift haben sie begehrt, unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand die Zulässigkeit des Einspruchs vom 23. März 2005 gegen die strafbefreiende Erklärung vom 28. Februar 2005 festzustellen und die Erklärung vom 28. Februar 2005 aufzuheben. Nachdem die Kläger zunächst meinten, aufgrund der Erklärung vom 15. Dezember 2004 sei eine bestandskräftige Steuerfestsetzung auf EUR 0 gegeben, haben sie im weiteren Verlauf des Verfahrens die Auffassung vertreten, für die strafbefreiende Erklärung vom 26. Januar 2005 sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf den 31. Dezember 2004 zu gewähren mit der Folge, dass nur 25% der erklärten Einnahmen als Steuer geschuldet gewesen seien.
Die Kläger beantragen sinngemäß, unter Aufhebung der in der strafbefreienden Erklärung vom 28. Februar 2005 liegenden Steuerfestsetzung sowie der Einspruchsentscheidung vom 8. Dezember 2006 festzustellen, dass die strafbefreiende Erklärung vom 15. Dezember 2004 in Verbindung mit der Erklärung vom 26. Januar 2005 einer Steuerfestsetzung in Höhe von EUR 42.887 gleichsteht.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat auf seine Einspruchsentscheidung und sein Schreiben vom 19. Oktober 2006 ...