Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer: Abfindung eines Anspruchs auf schuldrechtlichen Versorgungsausgleich steuerlich nicht zu berücksichtigen
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Zahlung zur Abfindung eines Anspruchs auf schuldrechtlichen Versorgungsausgleich führt nicht zu einem Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, weil sie nicht zur Abwehr eines Anspruchs auf dingliche Übertragung einer Versorgungsanwartschaft (auf der Ebene der Einkommenserzielung), sondern zur Abwehr einer gegen das Vermögen gerichteten Geldforderung (auf der Ebene der Einkommensverwendung) dient.
2. Ein Abzug als Sonderausgabe nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a. F: (jetzt § 10 Abs. 1 Nr. 1b EStG) kommt ebenso wenig in Betracht, weil durch die Ablösezahlung von vornherein verhindert wird, dass künftig Erträge an den ausgleichsberechtigten Ehegatten auszukehren sind, und auf diese Weise der für einen Sonderausgabenabzug erforderliche Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit unterbunden wird.
3. Da die Abfindungszahlung der Vermögensauseinandersetzung dient, ist sie schließlich auch nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.
Normenkette
EStG 2007 § 9 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 1a S. 1, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2, § 33; GG Art. 3 Abs. 1; BGB § 1408 Abs. 2, §§ 1587f, 1587g Abs. 1 S. 1, § 1587o; VAHRG § 1 Abs. 2, § 2; VersAusglG § 23; BeamtVG §§ 57-58
Tatbestand
A.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Abfindung eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichsanspruchs des geschiedenen Ehegatten zu Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder zu einem Sonderausgabenabzug bzw. zu einem Abzug als außergewöhnliche Belastung führt.
I.
1. Der Kläger war von 1993 bis 2008 Gesellschafter und Geschäftsführer der A GmbH (im Folgenden: A-GmbH), die in dieser Zeit mehrfach umfirmiert wurde und deren Sitz sich zunächst in B befand.
2. Zwischen dem Kläger und der A-GmbH wurde am 30.06.1993 ein Geschäftsführervertrag geschlossen (Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 11.04.2013, Finanzgerichtsakten -FGA- Anlagenband). Ferner erteilte die A-GmbH dem Kläger mit Gesellschafterbeschluss vom 28.12.1994 (Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 11.04.2013, FGA Anlagenband) eine Pensionszusage über eine Altersrente in Höhe von ... DM monatlich als Direktzusage.
3. Der Kläger war seit dem ... 1973 mit Frau C verheiratet. Frau C beantragte im ... 2004 die Scheidung. Das Amtsgericht B erstellte im Rahmen des dort anhängigen Scheidungsverfahrens eine Berechnung des Versorgungsausgleichs (Einkommensteuerakten -EStA- Bl. 116). Hierin hieß es in Bezug auf die Betriebsrente der A-GmbH:
"Der Versorgungsträger läßt die Realteilung nicht zu. (...) Soweit Splitting, Quasisplitting und Realteilung nicht möglich sind, ist der schuldrechtliche Ausgleich nach § 2 VAHRG vorgesehen."
Das AG B kam zu dem Ergebnis, dass nach dem Ausgleich der jeweiligen Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Splittingverfahren aufgrund der Altersrente der A-GmbH eine schuldrechtliche Ausgleichspflicht des Klägers gegenüber seiner Ehefrau in Höhe von ... Euro monatlich bestehe. Hierfür hätte der Kläger einen Beitrag in die gesetzliche Rentenversicherung leisten müssen in Höhe von ... Euro. Auf den weiteren Inhalt der Berechnung wird Bezug genommen.
4. Am 09.05.2006 schlossen der Kläger und seine Ehefrau eine notariell beurkundete Scheidungsvereinbarung (EStA Bl. 119 ff.), in der u. a. Folgendes vereinbart wurde:
"V. Unterhalt und Versorgungsausgleich
1. Vorbemerkung
Die Parteien gehen davon aus, dass Frau C einen lebenslänglichen Unterhaltsanspruch sowie Ansprüche auf Versorgungsausgleich gem. Auskunft des Familiengerichtes B AZ: ... vom 19.04.04 hat.
Aufgrund der statistischen Lebenserwartung und einer Abzinsung gelangten die Parteien unter Berücksichtigung der nachstehend weiteren Zahlungen vergleichsweise zu dem nachstehend vereinbarten Abfindungsbetrag in Höhe von EUR ....
Dabei ist berücksichtigt, dass Frau C im Wege des Versorgungsausgleichs neben den auf den Versicherungskonten der Versicherungsgesellschaft für Angestellte auszugleichenden Anwartschaftsbeträgen
von EUR ...
und EUR ...
noch einen Anspruch auf Begründung einer Anwartschaft hat, für den Herr C laut Berechnung des Familiengerichtes einen Betrag in Höhe
von EUR ...
zu entrichten hätte.
(...)
1. Versorgungsausgleich
Grundlage der Vereinbarung ist die vom Amtsgericht B - Familiengericht - zu Az: ... übersandte Berechnung des Versorgungsausgleichs.
a) Bezüglich der von dem Versicherungskonto des Herrn C zu übertragenden Anwartschaften in Höhe
von monatlich EUR ...
sowie monatlich EUR ...
wird der Versorgungsausgleich durch Übertragung auf das Versicherungskonto von Frau C durchgeführt.
b) Darüber hinaus verzichtet Frau C auf weiteren Versorgungsausgleich im Hinblick auf die Abfindungszahlung.
c) Diese Vereinbarung über den Versorgungsausgleich bedarf der gerichtlichen Genehmigung nach § 1587o BGB. Diese wird von den Vertragsteilen hiermit bereits jetzt beantragt...