rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Beifügung von Abschriften

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Auch wenn eine Klageschrift dem Gericht vorab per Telefax übermittelt wird, kann jedenfalls dann keine Rede davon sein, dass der Kläger es unterlassen hat, die erforderliche Zahl von Abschriften beizufügen, wenn das Original der Klageschrift der Geschäftsstelle zweifach vorliegt, wenn sie die Eingangsverfügung des Vorsitzenden ausführt.

2) Trotz des Prinzips der Kostenfreiheit mangels gesetzlicher Kostenvorschrift ist das Gericht aufgrund der in § 77 Abs. 1 S. 3 FGO geregelten Beifügungspflicht berechtigt, die Dokumentenpauschale auf der Grundlage des Kostenverzeichnisses Nr. 9000 auch in den Fällen zu erheben, in denen vorbereitenden Schriftsätzen keine Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden, unabhängig davon, ob eine förmliche Zustellung erforderlich ist.

 

Normenkette

FGO § 64 Abs. 2 Hs. 1, § 64 Abs. 2 Hs. 2, § 77 Abs. 1, 1 S. 3, Abs. 2, 2 S. 1; GKG § 1 Abs. 1, § 56 Abs. 1, 1 S. 2; Kostenverzeichnis Nr. 9000 Abs. 2b Anlage 1 zu § 11 Abs. 1 GKG, Nr. 9000 Ziff. 1; FGO § 64 Abs. 2

 

Gründe

I. Die Erinnerungsführer klagten im Verfahren 12 K 537/01 wegen Einkommensteuer 1986 bis 1993 und im Verfahren 12 K 538/01 wegen Gewerbesteuermessbetrag 1986 bis 1993 sowie Umsatzsteuer 1986 bis 1993. Die 15 bzw. 16 Seiten umfassenden Klageschriften gingen am 30. Januar 2001 per Telefax einfach beim Finanzgericht ein. Sie enthielten die Aufschrift „vorab per Fax”. Am 1. Februar 2001 fertigte der Vorsitzende die Eingangsverfügungen, in denen er die Übersendung der Klageschriften an den Beklagten anordnete. An diesem Tag gingen zu den Verfahren 12 K 537/01 und 12 K 538/01 auch jeweils über 50 Seiten umfassende Hefter (zweifach) mit dem Original der Klageschrift und zahlreichen Anlagen ein. Die Eingangsverfügung des Vorsitzenden wurde von der Geschäftsstelle des 12. Senats am 5. Februar 2001 ausgeführt.

Obwohl die Originale der Klageschriften bereits am 1. Februar 2001 beim Finanzgericht eingegangen waren, hatte die Geschäftsstelle unmittelbar Kopien der Fax-Klageschriften gefertigt (Ausweislich eines Vermerks im jeweiligen Aktendeckel 16 Blatt im Verfahren 12 K 537/01 16 Blatt und 15 Blatt im Verfahren 12 K 538/01). Denn im 12. Senat des Finanzgerichts besteht die Übung, per Fax eingegangene Klagen sogleich zu kopieren und sie erst dann dem Vorsitzenden zur Fertigung der Eingangsverfügung vorzulegen.

Am 11. Mai 2001 ging zu den Verfahren 12 K 537/01 und 12 K 538/01 ein zwei Seiten umfassender Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 10. Mai 2001 ein, dem 11 Blatt Anlagen beigefügt waren. Von dem Schriftsatz selbst hatte der Prozessbevollmächtigte ein Doppel beigefügt, nicht aber von den Anlagen. Deshalb nahm die Geschäftsstelle das Doppel des Schriftsatzes zur Parallelakte und fertigte für diese 11 Kopien von den Anlagen (vgl. den Vermerk im Aktendeckel 12 K 538/01). Außerdem wurden 13 Kopien vom Schriftsatz und den Anlagen gefertigt, die an den Beklagten übersandt wurden (vgl. den Vermerk im Aktendeckel 12 K 537/01).

Am 23. August 2001 ging zu den Verfahren 12 K 537/01 und 12 K 538/01 wiederum ein vier Seiten umfassender Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 22. August 2001 zweifach ein. Die Geschäftsstelle übersandte das Doppel des Schriftsatzes an den Beklagten und fertigte vier Kopien für die Parallelakte 12 K 538/01 (vgl. den Vermerk im Aktendeckel 12 K 538/01).

Am 23. Oktober 2001 ging erneut zu beiden Verfahren ein zwei Seiten umfassender Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 22. Oktober 2001 zweifach ein. Die Geschäftsstelle übersandte das Doppel des Schriftsatzes an den Beklagten und fertigte zwei Kopien für die Parallelakte 12 K 538/01 (vgl. den Vermerk im Aktendeckel 12 K 537/01).

Mit Kostenansatz vom 18. Oktober 2001 forderte das Finanzgericht im Verfahren 12 K 537/01 vom Prozessbevollmächtigten Schreibauslagen gemäß Ziff. 9000 des Kostenverzeichnisses in Höhe von 29 DM an (für 29 Blatt der im Aktendeckel dokumentierten 31 Kopien) und im Verfahren 12 K 538/01 in Höhe von 30 DM (für die insgesamt 30 dokumentierten Kopien). Der Kostenbeamte des Finanzgerichts begründete den Kostenansatz auf Nachfrage des Prozessbevollmächtigten telefonisch damit, dass sowohl die jeweils am 30. Januar 2001 vorab per Fax eingegangenen Klageschriften als auch die Originale nur einfach übersandt worden seien. Das Fax habe nicht an den Beklagten übersandt werden können, weil es vor dem Original bei Gericht eingegangen sei und den Zeitpunkt der Klageerhebung ausweise. Die Originale hätten nicht an den Beklagten übersandt werden können, da Originale in jedem Falle in der Finanzgerichtsakte verbleiben müssten. An der zunächst von der Bezirksrevisorin vertretenen Ansicht, die Original-Klageschriften seien erst nach Zustellung der Faxe an den Beklagten bei Gericht eingegangen, hält diese nicht fest.

Die Kosten für die Folgeschriftsätze sind nach Ansicht der Bezirksrevisorin zu erheben, weil diese zwar zweifach eingereicht word...

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