Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufteilung von Verfahrenskosten
Leitsatz (redaktionell)
Den Verfahrensbeteiligten waren gem. § 138 Abs. 1 FGO die Verfahrenskosten nach summarischer Prüfung je zur Hälfte aufzuerlegen, weil nicht abzusehen war, wie die Kostenentscheidung zu treffen gewesen wäre, wenn das Verfahren sich nicht in der Hauptsache erledigt hätte. Denn das die Kostenfolge des § 137 Satz 3 FGO die klagende Partei trifft, gilt nur, wenn Erklärungen und Beweismittel im Einspruchsverfahren nach § 346b AO rechtmäßig zurückgewiesen worden wären.
Normenkette
FGO § 137 S. 3, § 138 Abs. 1
Gründe
Die Kosten des Verfahrens waren – nach summarischer, für die zu treffende Kostenentscheidung hinreichender Prüfung (BFH-Beschluss vom 25.07.1991 III B 555/90,BFHE 164, 570, BStBl II 1991, 876) – den Beteiligten nach § 138 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO – je zur Hälfte aufzuerlegen, weil nicht abzusehen war, wie die Kostenentscheidung zu treffen gewesen wäre, wenn das Verfahren sich nicht in der Hauptsache erledigt hätte.
Denn dass die Kostenfolge des § 137 Satz 3 FGO die Klägerin trifft, gilt nur, wenn Erklärungen und Beweismittel – hier die vor Erlass der Einspruchsentscheidung eingereichte Steuererklärung – im Einspruchsverfahren nach § 364b AO rechtmäßig zurückgewiesen worden wären (BFH-Beschluss vom 13.05.2004 IV B 230/02, BFHE 206, 194, BStBl II 2004, 833). Wäre die Ausschlussfrist seitens des Beklagten hingegen nicht rechtmäßig gesetzt worden, träfe den Beklagten bei der hier anzunehmenden Stattgabe der Klage die Kostenpflicht, da er in diesem Falle den Einspruch der Klägerin zurückgewiesen hätte, obwohl ihm die Steuererklärung bereits vorlag, also gerade die rechtswidrige Zurückweisung der nach Fristablauf, aber vor Erlass der Einspruchsentscheidung eingereichten Steuererklärung diese Einspruchsentscheidung rechtswidrig macht (vgl. BFH-Urteil vom 18.05.1999 I R 103/97, BFH/NV 2000, 2 für den Fall fruchtlosen Fristablaufs und Eingang der angeforderten Steuererklärung erst im Klageverfahren).
Ob im vorliegenden Fall des Einspruchs gegen ein Schätzungsbescheid, in denen die Einreichung der ausstehenden Steuererklärung seitens der Klägerin bereits innerhalb einer selbst genannten Frist von 20 Tagen – berechnet seit Eingang des Einspruchsschreibens beim Beklagten –, die Fristsetzung gemäß § 364b der Abgabenordnung – AO – ermessensgerecht war, ist ungewiss.
Selbst in Vollschätzungsfällen wegen Nichtabgabe einer Steuererklärung muss nämlich das Finanzamt seine Ermessensausübung bei einer solchen Fristsetzung erkennbar machen, also diese spätestens im Rahmen der Einspruchsentscheidung nachvollziehbar darlegen (vergleiche Brockmeyer in: Klein, AO, 11. Auflage 2012, § 364b, Rz 7 mit weiteren Nachweisen; Beschluss des FG Köln vom 9.2.2012 15 K 3613/11, EFG 2012, 1231).
Ein zutreffend ausgeübtes Ermessen könnte zu verneinen sein, wenn das Finanzamt in Schätzungsfällen unmittelbar nach Eingang des zunächst begründeten Einspruchs ohne nähere Begründung und ohne abwarten oder eine Aufforderung, den Einspruch zu begründen, sofort eine einmonatige Ausschlussfrist setzt (Brockmeyer, a.a.O., unter Hinweis auf das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 7.2.1997 X 128/96, EFG 1997, 939). Auch die OFD Hannover (Verfügung vom 27.02.2002, S 0622-857-StO 321, juris) hält nämlich das sofortige Setzen einer Ausschlussfrist nach § 364 b AO selbst in Schätzungsfällen i.d.R. nicht für ermessensgerecht. Deshalb sei der Einspruchsführer zunächst mit „einfacher” Fristsetzung zur Abgabe von Erklärungen und Beweismitteln aufzufordern.
Bei der Ausübung des schon durch den Wortlaut der Norm eingeräumten Entschließungsermessens ist jedenfalls durch das Finanzamt stets der Zweck des § 364b AO zu beachten. Es hat daher im konkreten Einzelfall zunächst festzustellen, ob durch das Verhalten des Einspruchsführers die Gefahr einer Verfahrensverzögerung besteht, der Einspruch also nicht des Rechtschutzes wegen, sondern zu sachfremden Zwecken – Zeitgewinn – eingelegt worden ist. Außerdem muss es im Rahmen seiner Ermessensausübung das öffentliche Interesse an einer zügigen Verfahrensbearbeitung mit dem Interesse des Einspruchsführers an einer Verfahrensverzögerung abwägen (Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 7.2.1997 X 128/96, EFG 1997, 939 mit weiteren Nachweisen aus der Literatur).
An einer solchen hinreichenden Abwägung könnte es hier fehlen. In der Ausschlussfristverfügung vom 14.12.2012 jedenfalls fehlt jegliche Darlegung einer Ermessenserwägung; ob dazu die Ausführungen in den beiden Einspruchsentscheidungen ausreichen, ist zweifelhaft. Denn diese erschöpfen sich insoweit in dem wortgleichen Satz: „Im Interesse einer zügigen Durchführung der Veranlagungsarbeiten und aus Gründen der Gleichbehandlung aller Bürger war die Fristsetzung geboten.”
Dieser formelhafte Satz – möglicherweise als vorformulierter Textbaustein verwendet – enthält zwar grundsätzlich brauchbare Abwägungskriterien für das Setzen einer Präklusionsfrist, wendet dies...