Entscheidungsstichwort (Thema)

Auswirkung nachträglich gewährter PKH auf die vorläufige Kostenrechnung

 

Leitsatz (redaktionell)

Sofern erst nachträglich ratenfreie Prozesskostenhilfe gewährt wird, kommt eine Aufhebung der vorläufigen Kostenrechnung über 220 nicht in Betracht.

 

Normenkette

ZPO § 122 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, § 120; GKG § 6 Abs. 1 Nr. 4, § 63 Abs. 1 S. 4, § 52 Abs. 4; FGO § 142 Abs. 1

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob wegen nachträglicher Bewilligung von ratenfreier Prozesskostenhilfe die vorläufige Kostenrechnung über 220,– EUR hätte aufgehoben werden dürfen.

Mit Klageschrift vom 01. Juli 2008 wandte sich die Erinnerungsgegnerin gegen die Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung durch die Familienkasse S. Im Ergebnis stritten sich die Beteiligten des Hauptsacheverfahrens um Kindergeld für einen Monat.

Mit gleichzeitig eingereichtem Schriftsatz wurde ratenfreie Prozesskostenhilfe beantragt, eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wurde jedoch nicht beigefügt.

Daraufhin wurde der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 13.10.2008 abgelehnt, da mangels Erklärung die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin nicht überprüft werden konnten.

Mit Schriftsatz vom 09.02.2009 reichte die Klägerin unter erneuter Antragsstellung bzgl. ratenfreier Prozesskostenhilfe eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Anlagen bei Gericht ein.

Daraufhin erging am 16.02.2009 ein neuer Beschluss, dass der Antragstellerin ab dem 09.02.2009 (ab Eingang des vollständigen PKH-Antrags bei Gericht) ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt wird.

Eine Zahlung von vorläufig festgesetzten Gerichtskosten seitens der Erinnerungsgegnerin ist nicht erfolgt.

Das Verfahren der Hauptsache endete am 19.05.2010 durch Einstellung, nachdem die Klägerin ihre Klage zurückgenommen hatte.

Nachdem die Kostenbeamtin der Geschäftsstelle zunächst am 27.11.2008 die Gerichtskosten mit vorläufiger Kostenrechnung auf 220,– EUR festgesetzt hatte, hob sie diese am 06.03.2009 nachträglich auf. Zur Begründung wurde erklärt, dass die Kostenrechnung auf Grund ratenfreier Prozesskostenhilfe aufzuheben gewesen sei.

Hier gegen legte die Bezirksrevisorin des Finanzgerichts Köln am 25. März 2009 Erinnerung ein.

Zur Begründung trug sie vor, dass im zu entscheidenden Fall Prozesskostenhilfe erst ab dem 09.02.2009 gewährt worden sei. Die zuvor mit vorläufiger Kostenrechnung über 220,– EUR festgesetzten Gerichtskosten waren zu diesem Zeitpunkt rückständig. Sie vertritt die Auffassung, dass die im Zeitpunkt der Klageerhebung entstandene Verfahrensgebühr nicht von der Bewilligung der Prozesskostenhilfe umfasst wird. Daher müsse weiterhin die vorläufige Kostenrechnung über 220,– EUR eingezogen werden. Erst bei Beendigung des Verfahrens dürften die Kosten nach der endgültigen Kostenentscheidung und dem tatsächlichen Streitwert abgerechnet werden.

Die Bezirksrevisorin des Finanzgerichts Köln beantragt,

die Aufhebung der vorläufigen Kostenrechnung über 220,– EUR aufzuheben.

Die Erinnerungsgegnerin hat im Verfahren keinen Antrag gestellt und sich nicht zur Sache geäußert.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Erinnerung ist teilweise begründet.

Die Aufhebung der Kostenrechnung vom 27.11.2008 am 06.03.2009 ist rechtswidrig und verletzt die Erinnerungsführerin in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO)), soweit die vorläufig festgesetzten Gerichtskosten in Höhe von 220,– EUR in voller Höhe aufgehoben wurden. Soweit die Aufhebung den Betrag von 110,– EUR überschreitet, ist diese rechtmäßig.

Die Erinnerungsführerin ist gemäß § 66 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) zur Erinnerung befugt. Sie hat dargetan, dass wegen grundsätzlicher Bedeutung des Falles eine Berichtigung im Verwaltungsverfahren nicht opportun ist (vgl. § 45 KostVfg).

Gemäß § 142 Abs. 1 FGO i. V. m. § 122 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) Zivilprozessordnung (ZPO) bewirkt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH), dass die Landeskasse die rückständigen und die entstehenden Gerichts- und Gerichtsvollzieherkosten nur nach den Bestimmungen, die das Gericht trifft, gegen die Partei geltend machen kann.

Die „Bestimmungen, die das Gericht trifft” umfassen im Wesentlichen die Entscheidung, inwiefern gemäß § 120 ZPO Ratenzahlung zu leisten ist und ab wann die PKH gewährt wird (Philippi in Zöller, ZPO, § 122 ZPO, Rz. 3). Grundsätzlich entfaltet der Beschluss über die Gewährung von PKH nur Wirkung für die Zukunft. Ausnahmsweise wirkt er auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurück, wenn der Antragsteller durch einen formgerechten Antrag alles Erforderliche zur Bewilligung der PKH getan hat (BFH vom 26. November 2008 II E 5/08, BFH/NV 2009, 600).

Hat ein Beteiligter bereits Gerichtkosten bezahlt, die schon vor dem Zeitpunkt fällig waren, an dem die Kostenbefreiung durch den PKH-Beschluss wirkt, so hat er keinen Anspruch auf Rückzahlung (BFH vom 26. November 2008 II E 5/08, BFH/NV 2009, 600; Philippi in Zöller, ZPO, § 122...

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