rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
USt-pflicht von Fußpflegeleistungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Leistungen der medizinischen Fußpflege können nur dann von der Umsatzsteuer befreit sein, wenn und soweit es sich zumindest um medizinisch indizierte Fußpflegeleistungen handelt, was in aller Regel nicht ohne ärztliche Eignungsdiagnose feststellbar ist.
2. Im Einzelfall muss der Berufsträger, der die Steuerfreiheit seiner Umsätze beansprucht, nachweisen, dass der die erforderliche berufliche Befähigung besitzt. Allein eine durch langjährige Tätigkeit erworbene Berufserfahrung ohne eine irgendwie geartete strukturierte Ausbildung ist nicht hinreichend.
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1; SGB V § 124 Abs. 2; UStG § 4 Nr. 14
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten über die Umsatzsteuerpflicht von Fußpflege-Leistungen und darüber, ob die Antragstellerin in den Streitjahren noch unter die Kleinunternehmer-Regelung des § 19 UStG fiel.
Die Antragstellerin hat am … in Baden-Württemberg eine staatlich anerkannte Ausbildung für Gesicht- und Körperpflege erfolgreich absolviert. Ausweislich einer Betriebsabmeldung vom 12. Mai 1997 hatte die Antragstellerin ihren Betrieb als Fußpflegerin und Visagistin im Mai 1997 eingestellt. Sie gab an, den Betrieb aus zeitlichen Gründen nicht fortführen zu können, weil sie alleinerziehend sei. Im Dezember 1997 eröffnete sie ein Studio für „kosmetische Behandlungen und den Verkauf von kosmetischen Produkten”. Gleichzeitig bezog sie staatliche Transferleistungen. Im Jahr 2003 reichte sie eine Gewerbe-Ummeldung und bezeichnete den Inhalt ihres Unternehmens fortan mit „Kosmetikbehandlungen und medizinische Fußpflege und Verkauf von kosmetischen Produkten”. In den Einnahme/Überschuss-Rechnungen der Jahre bis einschließlich 2004 differenzierte die Klägerin nicht zwischen umsatzsteuerfreien und steuerpflichtigen Erlösen. Erst in der Einnahme/Überschuss-Rechnung für das Jahr 2005 erklärte sie 7.539 EUR steuerfreie Umsätze und sonstige Umsätze von 14.650 EUR.
Vor dem Hintergrund des ab 2002 in Kraft getretenen PodG und der danach ab Januar 2003 nur noch eingeschränkten Berechtigung, die Berufsbezeichnung „Podologe” zu führen, hatte der Kreis S die Antragstellerin mit Schreiben vom 6. April 2005 (GA Bl. 68) auf die Unterschiede zwischen kosmetischer Fußpflege und der danach ohne besondere berufliche Qualifikation nicht mehr zulässigen medizinischen Fußpflege hingewiesen. Um auch künftig noch Leistungen der medizinischen Fußpflege erbringen zu können, unterzog sich die Antragstellerin (unter Ausnutzung der zulässigen Übergangsfristen) einer Fortbildung zur Heilpraktikerin. Mit Urkunde vom 30. Mai 2006 wurde ihr durch die Stadt L auf der Grundlage des Heilpraktikergesetzes die Erlaubnis erteilt, die Heilkunde ohne ärztliche Bestallung berufsmäßig auszuüben und die Berufsbezeichnung „Heilpraktiker” zu führen.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Antragstellerin neben den Kosmetikbehandlungen, die den Hauptteil ihrer Umsätze ausmachten, zu einem geringeren Teil auch Fußpflege-Leistungen erbracht hat. Streitig ist zwischen den Beteiligten, in welchem Verhältnis die Antragstellerin (steuerbefreite) Leistungen der medizinischen Fußpflege erbracht hat und welcher Anteil auf lediglich kosmetische Fußpflege-Leistungen entfiel. Eine Kassenzulassung für medizinische Fußpflege nach § 124 SGB V hat die Antragstellerin nicht. Zur Begründung gibt sie an, sie habe die Beantragung einer solchen Zulassung seinerzeit nicht für erforderlich gehalten, weil es vor dem Hintergrund unklarer Regelungen und unangemessener Anspruchsvoraussetzungen zur Kostenübernahme kaum ein Arzt wage, medizinische Fußpflege-Leistungen zu verordnen.
Ende 2006 wurde bei der Antragstellerin eine Umsatzsteuersonderprüfung für die Jahre 2001 bis 2005 durchgeführt. Im Anschluss daran setzte der Antragsgegner die Umsatzsteuer für die Streitjahre auf der Grundlage der Einnahme/Überschuss-Rechnungen mit Bescheiden jeweils vom 2. März 2007 unter Berücksichtigung der folgenden Bemessungsgrundlagen fest:
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Bemess.grdl. |
Erlöse lt. |
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§ 4-III-Rechnung |
2000 |
– |
33.489 DM (zzgl. Privatanteile: 1.200 DM) |
2001 |
27.417 DM |
30.604 DM (zzgl. Privatanteile: 1.200 DM) |
2002 |
– |
17.603 EUR (zzgl. Privatanteile: … 600 EUR) |
2003 |
15.888 EUR |
17.470 EUR (zzgl. Privatanteile: … 960 EUR |
2004 |
16.456 EUR |
18.249 EUR (zzgl. Privatanteile: … 840 EUR |
2005 |
18.965 EUR |
22.189 EUR (zzgl. Privatanteile: 2.541 EUR) |
Für das Jahr 2002 ergab sich nach Ansicht des Prüfers keine festzusetzende Steuer, weil die Umsätze des Jahres 2001 den maßgeblichen Grenzbetrag von 32.500 DM nicht überstiegen.
Das Einspruchsverfahren ist beim Antragsgegner anhängig, eine Entscheidung über die Einsprüche vom 5. April 2007 ist bisher allerdings noch nicht ergangen. Der Antragsgegner hat die bei ihm beantragte Aussetzung der Vollziehung mit Verfügung vom 19. April 2007 abgelehnt (GA Bl. 49). Zur Begründung führte der Beklagte aus: Die medizinische Fußpflege sei ab dem 1. Januar 2002 nur dann nach § 4 Nr. 1...