Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftsersuchen, Zulässigkeit einer Prüferentsendung
Leitsatz (redaktionell)
Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der Stpfl. in Schweden Entstrickungswerte für Markenrechte angesetzt hat, die erheblich unter den in Deutschland angegebenen Verstrickungswerten lagen, ist es erforderlich, verhältnismäßig und auch zumutbar, wenn die deutsche Finanzverwaltung das Instrument des grenzüberschreitenden Auskunftsersuchens sowie einer Prüferentsendung nutzt, um die Angaben im Zusammenhang mit der Einbuchung der Markenrechte zu überprüfen.
Normenkette
AO § 111 Abs. 1, § 117 Abs. 1; EUAHiG § 6 Abs. 1, § 11; BGB § 1004 analog; FGO § 114 Abs. 1, 3; AO § 30 Abs. 4 Nr. 2
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die Frage, ob die deutsche Finanzverwaltung im Rahmen eines Auskunftsersuchens bei der schwedischen Finanzverwaltung Entstrickungswerte abfragen bzw. die Entsendung eines deutschen Finanzbeamten nach Schweden vorschlagen darf.
Die Antragstellerin ist Teil eines international operierenden Konzerns. Inhaberin der relevanten Markenrechte war bis zur Verschmelzung auf die Antragstellerin im Jahr 201… die 196… gegründete schwedische K AB (K AB).
…
Am … wurde die K AB mit Wirkung zum Ablauf des … im Wege der Verschmelzung auf die Antragstellerin (seinerzeit noch K1 GmbH) verschmolzen. Die Aktionäre der K AB erhielten durch Kapitalerhöhung Anteile an der Antragstellerin.
…
Die Verschmelzung fiel aufgrund eines abweichenden Wirtschaftsjahres in den Veranlagungszeitraum 2013, der in Deutschland Gegenstand einer am 31.03.2014 angeordneten Betriebsprüfung ist.
Im Rahmen der Betriebsprüfung wurde die Bewertung der Markenrechte thematisiert. Am 08.06.2015 teilte das zuständige Finanzamt B der Antragstellerin mit, dass beabsichtigt sei, einen Informationsaustausch mit der schwedischen Finanzverwaltung gemäß EU Amtshilfegesetz durchzuführen und zwar durch Entsendung eines Bediensteten ins Ausland oder Anwesenheit eines ausländischen Bediensteten in Deutschland. Hiergegen wandte die Antragstellerin ein, dass keine Berechtigung zur Inanspruchnahme von Amtshilfe aus Schweden vorliege.
Im Rahmen eines Aktenvermerks vom 23.02.2016 hielt die Betriebsprüfungsstelle des Finanzamts B fest, dass die K AB zum Zeitpunkt der Verschmelzung Eigentümerin zahlreicher Marken unter den Dachmarken „K” und „Q” gewesen sei und darüber hinaus kein nennenswertes Anlagevermögen vorhanden gewesen sei. Sie habe zuletzt überwiegend Einnahmen aus der Lizenzierung von Markenrechten gegenüber Unternehmen im Konzernverbund und in geringem Umfang gegenüber fremden Dritten erzielt. Weiterhin habe die K AB Einnahmen aus Marketingumlagen erzielt. Die K AB habe zum ….2012 eine Schlussbilanz nach den Regelungen des deutschen Steuerrechts aufgestellt. Ein abweichender Ansatz zur bisherigen Bilanzierung in Schweden sei für die beiden Markenrechte „K” und „Q” erfolgt. Diese seien gemäß einem Markenrechtsgutachten nach IDW S 5 mit … € „K”) und … € (und „Q”) bewertet worden. Maßgeblicher Aspekt des Wertansatzes sei die marktübliche, angemessene Lizenzrate. Diese sei in Höhe von 7 % des Umsatzes angesetzt worden und damit deutlich von der bislang angesetzten Lizenzrate i.H.v. 3 % des Umsatzes abgewichen. Darüber hinaus erschienen entscheidende Teile des zur Bewertung vorgelegten Rechtsgutachtens fragwürdig, insbesondere auch, da die Marke „Q” zum Frühjahr 2016 aufgegeben werden sollte. Ausgehend von den Informationen zum schwedischen Besteuerungsverfahren und dem dort vermutlich zugrunde gelegten Entstrickungswert, sei eine Zusammenarbeit mit der schwedischen Finanzverwaltung zur Plausibilisierung der Wertansätze notwendig. Im Bereich der Markenrechte seien Bewertungsgrundlagen in hohem Maße wertend aufgeladen. Die Bewertungsgrundlagen seien letztlich aber Tatsachen, beispielsweise Informationen über die Einschätzungen von Kunden zur Positionierung einer Marke im Vergleich zu Konkurrenzmarken. Die Informationen, die die Bewertungsgrundlagen darstellten, könnten in unterschiedlichen Steuerrechtsordnungen nicht voneinander abweichen.
Mit Schreiben vom 20.06.2016 informierte das Ministerium der Finanzen, für … die Antragstellerin darüber, dass der Antragsgegner über den in der Betriebsprüfung streitigen Sachverhalt der Markenbewertung informiert worden sei und um Einleitung eines Auskunftsaustausches mit der schwedischen Steuerverwaltung mittels Prüferentsendung nach §§ 4, 6, 10 und 11 EU Amtshilfegesetz ersucht werde.
Das Ersuchen ging bei der Antragstellerin am 28.06.2016 ein.
Zur Begründung trug das Ministerium vor, dass eine deutliche Diskrepanz der Wertansätze in Schweden und in Deutschland gegeben sei. Als einzige von der schwedischen Schlussbilanz der K AB abweichende Bilanzansätze bei der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin seien die Markenrechte i.H.v. ca. … € angesetzt worden, wobei der Wert durch ein Gutachten ermittelt worden sei. Die Nutzungsdauer der Markenrechte sei mit 15 Jahren angesetzt worde...