rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstellung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen während eines Einigungsversuchs nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO geboten?

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Das Scheitern eines außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens sowie der damit verbundene Verlust der Restschuldbefreiung stellen keine unangemessenen Nachteile i.S. des § 258 AO dar.

2) Auch aus Billigkeitsgesichtspunkten ist ein Vollstreckungsaufschub in diesen Fällen nicht geboten.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 3, 2; ZPO § 294; AO 1977 § 258; GG Art. 19 Abs. 4; FGO § 114 Abs. 1, § 69 Abs. 3 S. 1, § 114 Abs. 1 S. 1, § 69 Abs. 2 S. 2, § 114 Abs. 1 S. 2; ZPO § 920 Abs. 1; FGO § 114 Abs. 3; ZPO § 920 Abs. 2; InsO § 305 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 1, §§ 89, 294

 

Tatbestand

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, inwieweit der Antragsgegner für die Zeitdauer des Versuchs einer außergerichtlichen Einigung der Antragstellerin mit ihren Gläubigern über die Schuldenbereinigung im Sinne § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen die Antragstellerin einzustellen hat.

Wegen in dieser Höhe zwischen den Beteiligten unstreitigen Forderungen des Antragsgegners gegen die Antragstellerin in Höhe eines Gesamtbetrages von … DM pfändete der Antragsgegner mit Verfügung vom 31.10.2000 den Arbeitslohnanspruch der Antragstellerin gegen ihren Arbeitgeber, die Firma A in K.

Mit Drittschuldnererklärung vom 13.11.2000 teilte der Arbeitgeber der Antragstellerin mit, daß er ab dem Monat November 2000 monatlich einen Betrag in Höhe von … DM vom Arbeitslohn der Antragstellerin einbehalten werde und an den Antragsgegner abführen werde.

Mit Schreiben vom 24.11.2000 teilte die Schuldnerberatungsstelle der Stadt …dem Antragsgegner mit, daß sie die Antragstellerin betreue. Die Antragstellerin werde zum nächstmöglichen Termin die Restschuldbefreiung nach der InsO beantragen und habe die Schuldnerberatungsstelle der Stadt … gebeten, die nach § 305 InsO vorgeschriebene außergerichtliche Schuldenbereinigung zu versuchen.

Mit Antrag vom 28.11.2000 beantragte die Antragstellerin beim Finanzgericht die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach dem Pfändungsbeschluß der Finanzverwaltung NRW, …, nach § 765 a ZPO für die Dauer von 3 Monaten. Eine Kopie dieses Antrags übersandte die Antragstellerin dem Antragsgegner mit dem handschriftlichen Vermerk „zur Info”.

Zur Begründung führte sie hierbei aus, daß gemäß der in der Anlage beigefügten Bescheinigung der Schuldnerberatungsstelle der Stadt … zur Zeit für die Antragstellerin ein außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren laufe. Die fortgesetzte Zwangsvollstreckung bedeute deshalb eine unbillige Härte, da durch die Vollstreckung ihr Vermögen weiter verringert werde und mithin die akute Gefahr bestehe, daß für den Fall des Scheiterns des außergerichtlichen Einigungsversuchs mangels Masse es nicht zur Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens komme. Der Antragstellerin wäre somit die Möglichkeit, die Restschuldbefreiung zu erlangen, verschlossen.

In diesem Zusammenhang wies die Antragstellerin auf einen Beschluß des Amtsgerichts Elmshorn vom 4.2.2000 hin. Aus der von der Antragstellerin dem vorgenannten Antrag beigefügten Bescheinigung der Schuldnerberatungsstelle der Stadt …ergibt sich, daß diese derzeit für die Antragstellerin ein außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren mit dem Ziel der Restschuldbefreiung nach der InsO vorbereite.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die Zwangsvollstreckung durch den Antragsgegner für die Zeitdauer von 3 Monaten einzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, daß durch die Arbeitslohnpfändung keine unbillige Härte für das beabsichtigte Schuldenbereinigungsverfahren vorliege.

Unter Bezugnahme auf die Tatsache, daß die Antragstellerin dem Antragsgegner eine Durchschrift des Antrags beim Finanzgericht hat zukommenlassen und der Antragsgegner dies als einen Antrag auf Vollstreckungsaufschub gemäß § 258 AO gewertet hat, weist der Antragsgegner darauf hin, daß die durchgeführte Zwangsvollstreckung nicht unbillig sei, da der Antragstellerin insbesondere kein unangemessener Nachteil drohe, der durch kurzfristiges Zuwarten oder eine andere Vollstreckungsmaßnahme vermeidbar sei.

Darüber hinaus befinde sich die beabsichtigte außergerichtliche Schuldenbereinigung noch in der Vorbereitungsphase. Zwangsvollstreckungen seien jedoch erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr möglich. Eine Aussetzung der Vollziehung der Zwangsvollstreckung der seit 1995 fälligen Steuern würde zudem zu einem Verlust des Ranges führen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag der Antragstellerin ist nicht begründet.

1. Unter Berücksichtigung des sich aus der Rechtsweggarantie des Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) ergebenden Grundsatzes der rechtsschutzgewährenden Auslegung, sind Prozeßerklärungen in den Grenzen des Vertretbaren so auszulegen, daß sie die für den Antragsteller rechtsschutzintensivste Wirkung entfalten können (vgl. hierzu nur BFH-Urteil vom...

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