rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zwangsvollstreckung - Rechtmäßigkeit der Verfügung zur Vorlage eines Vermögens-verzeichnisses und zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung darf hinsichtlich der Interessen des Vollstreckungsschuldners an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit nicht auf einen Tag vor Ablauf der Rechtsbehelfsfrist anberaumt werden.

 

Normenkette

AO 1977 § 284 Abs. 1, 1 S. 1, Abs. 2, 2 S. 1, Abs. 5, 5 Sätze 1-3, Abs. 7, §§ 258, 356

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Verfügung des Beklagten, mit der der Kläger zur Vorlage eines „Vermögensverzeichnisses und zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung aufgefordert worden ist.

Der Beklagte betreibt seit mehreren Jahren gegen den Kläger wegen Steuerschulden und steuerlicher Nebenleistungen die Zwangsvollstreckung. Vollstreckungsmaßnahmen blieben erfolglos. Die letzte fruchtlose Pfändung in der Wohnung des Klägers erfolgte nach der Pfändungsniederschrift am 16.12.1994.

Nachdem das Amtsgericht … dem Beklagten auf Anfrage mitgeteilt hatte, daß der Kläger am 08.06.1991 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben habe, forderte der Beklagte den Kläger wegen Steuerrückständen, Säumniszuschlägen und Vollstreckungskosten in Höhe von insgesamt …. DM mit Verfügung vom 18.01.1995 zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung auf. Der Verfügung beigefügt war ein Kontoauszug über die offenen Forderungen.

In dieser Verfügung heißt es u. a.:

„Betrifft: Aufforderung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung

Aufgrund § 284 Abgabenordnung (AO) werden Sie hiermit aufgefordert, am 15.02.1995 um … Uhr Zimmer … zu erscheinen und ein Verzeichnis Ihres Vermögens vorzulegen.

Die hierfür erforderlichen Vordrucke sind beigefügt.

Sie haben grundsätzlich zu Protokoll an Eides Statt zu versichern, daß Sie die von Ihnen verlangten Angaben nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht haben.”

Über die Folgen seines Nichterscheinens wurde der Kläger belehrt. Eine Rechtsbehelfsbelehrung enthält die Verfügung, die dem Kläger am 20.01.1995 mit Postzustellungsurkunde zugestellt wurde, nicht.

Der Kläger legte gegen diese Verfügung am 10.02.1995 Beschwerde ein mit der Begründung, daß er nicht in der Lage sei, das Vermögensverzeichnis zu erstellen, weil seine gesamten Unterlagen von der Staatsanwaltschaft in … seit längerer Zeit beschlagnahmt seien. Es sei ihm nicht möglich anzugeben, welche Fondsbeteiligungen er besitze und mit welchen Verbindlichkeiten diese belastet seien.

Auf eine entsprechende Anfrage teilte die Staatsanwaltschaft … dem Beklagten mit, daß es zutreffe, daß Unterlagen seitens der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt worden seien. Der Kläger habe jedoch die Möglichkeit, in die Unterlagen einzusehen, und habe dies auch bereits über Rechtsanwälte wahrgenommen.

Diesen Sachverhalt teilte der Beklagte dem Kläger mit (Schreiben vom 16.05.1995), verbunden mit der Anfrage, ob die Beschwerde zurückgenommen werde. Nachdem auch eine Erinnerung vom 20.06.1995 ohne Gegenäußerung des Klägers blieb, erließ der Beklagte am 12.03.1996 unter Hinweis auf Art. 97 § 18 Abs. 3 Satz 2 EG AO, wonach ab dem 01.01.1996 Beschwerden als Einsprüche zu behandeln sind, eine Einspruchsentscheidung, mit der er die Beschwerde (= Einspruch) als unbegründet zurückwies. Wegen Einzelheiten zur Begründung, insbesondere auch zu den Ermessenserwägungen, wird auf diese Entscheidung Bezug genommen.

Die hiergegen erhobene Klage wird im wesentlichen wie folgt begründet:

Der Kläger sei nicht in der Lage, das Vermögen einigermaßen sicher zu erklären, wobei die Abgabe der Versicherung einmal als Eidesdelikt und darüber hinaus als Steuerhinterziehung strafbewehrt sei. Die Möglichkeit des Klägers zu einer Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft reiche für die Erstellung einer vollständigen Vermögensaufstellung bei weitem nicht aus. Es seien mehrere tausend Akten beschlagnahmt worden, betreffend ca. 14 Fonds. Die für den Kläger relevanten Akten müßten im Gesamtzusammenhang zur Bearbeitung verfügbar sein.

Des weiteren trägt der Kläger vor, daß die angeblichen Steuerforderungen des Beklagten, nicht existierten. Die Ansprüche aus Umsatzsteuer 1984 und zum Teil aus Umsatzsteuer 1989 und 1990 seien mit dem sich auf Grund der Einkommensteuererklärung für 1987 ergebenden Erstattungsbetrag verrechnet worden. In den Umsatzsteuererklärungen für 1989 bis 1992 sei die Umsatzsteuer mit 0,– DM angegeben worden und Säumniszuschläge seien wegen Mittellosigkeit des Klägers nicht entstanden. Auch habe der Beklagte seine Ermessensausübung nicht zutreffend dargestellt, was spätestens in der Einspruchsentscheidung hätte geschehen müssen. All das führe zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.

Ferner sei bei dem Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im Verwaltungswege der Rechtsgedanke des § 765 a ZPO zu berücksichtigen. Der Beklagte verlange vom Kläger etwas Unmögliches...

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