Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzinsung eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen
Leitsatz (redaktionell)
1) Eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG abzuzinsen.
2) Bei unbestimmter Laufzeit der Darlehen ist die Abzinsung unter Berücksichtigung des § 13 Abs. 2 BewG vorzunehmen.
3) Handelt es sich um eine bereits seit dem 31.12.1998 bestehende Verbindlichkeit, kann eine Rücklage nach § 52 Abs. 16 S. 8 EStG auch dann gebildet werden, wenn die Abzinsung erstmalig zum 31.12. 2002 vorgenommen wird. Die Rücklage bemisst sich dann mit 6/10 des Abzinsungsgewinns.
Normenkette
EStG § 52 Abs. 16 S. 8, § 6 Abs. 1 Nr. 3
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Fragen, ob eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG abzuzinsen sind und ob bei der erstmaligen Erfassung des Abzinsungsertrags im Jahr 2002 eine gewinnmindernde Rücklage nach Maßgabe der Übergangsregelung des § 52 Abs. 16 EStG gebildet werden kann.
Die im Jahr 0000 gegründete Klägerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH einen Schuhwareneinzelhandel. Gesellschafter der Klägerin sind Herr M zu 98 % und Frau N zu 2%.
In ihrer Bilanz auf den 31.12.1998 wies die Klägerin folgende Verbindlichkeiten gegenüber den Gesellschaftern aus:
Darlehen M I |
… DM (… EUR) |
Darlehen M II |
… DM (… EUR) |
Darlehen N |
… DM (… EUR) |
In der Bilanz der Klägerin auf den 31.12.2002 waren diese Darlehen mit folgenden Beträgen enthalten:
Darlehen M I |
… EUR |
Darlehen M II |
… EUR |
Darlehen N |
… EUR |
In der Bilanz zum 31.12.2003 passivierte die Klägerin schließlich ein drittes Darlehen des Gesellschafters M i. H. v. … EUR (Darlehen M III). In den Bilanzen zum 31.12.1998 bis zum 31.12.2002 hatte sie eine summenidentische „Verbindlichkeit gegen Gesellschafter” ausgewiesen (… DM bzw. … EUR).
Für die Veranlagungszeiträume 1999 bis 2001 wurde die Klägerin endgültig veranlagt. Zuletzt ergingen am 21.3.2003 die Bescheide für das Jahr 2001. Mit den antragsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Körperschaftsteuerbescheiden 2002 und 2003 vom 4.8.2004 und 8.3.2005 forderte der Beklagte die Klägerin auf, die diesen Verbindlichkeiten zu Grunde liegenden Darlehensverträge mit den Gesellschaftern zu übersenden. Ausweislich einer Telefonnotiz des Beklagten aus dem April 2005 teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dazu mit, dass die Verträge nicht greifbar seien. Eine Verzinsung sei nicht vereinbart worden.
Nach Erörterung der Rechtsfolgen des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 und der – zunächst auch von dem Beklagten befürworteten – Möglichkeit der Minderung der hieraus resultierenden Gewinnauswirkungen durch Bildung einer antragsgebundenen Rücklage von 9/10 des Abzinsungsbetrages gemäß § 52 Abs. 16 EStG erließ der Beklagte am 29.11.2005 nach § 164 Abs. 2 AO bzw. § 35b Abs. 2 GewStG geänderte Bescheide zur Körperschaftsteuer 2002, der Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2002 und 2003, der Festsetzung der Gewerbesteuermessbeträge 2002 und 2003, der Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2002 und 2003 und der Gewerbesteuermessbetragszerlegung 2002 und 2003, in denen er Gewinnerhöhungen aufgrund der Abzinsung der Gesellschafterdarlehen von … EUR zum 31.12.2002 und … EUR zum 31.12.2003 (Darlehen M III) berücksichtigte. Dabei ging er davon aus, dass es sich um unverzinsliche Gesellschafterdarlehen von unbestimmter Dauer handele und legte der Berechnung des Abzinsungsbetrages unter Hinweis auf § 13 Abs. 2 BewG das 9,3 fache des nach einem Zinsfuß von 5,5% bemessenen Jahreszinses zu Grunde. Wegen weiterer Einzelheiten der rechnerischen Ermittlung wird auf die Anlagen zu den ergangenen Körperschaftsteuerbescheiden verwiesen. Da sich hiernach zum 31.12.2003 kein verbleibender bzw. vortragsfähiger Verlust mehr ergab, stellte der Beklagte mit den am 14. und 25.9.2006 ergangenen Erstbescheiden den verbleibenden Verlustabzug zur Körperschaftsteuer und den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf den 31.12.2004 abweichend von den erklärten Werten (… EUR bzw. … EUR) lediglich in Höhe der im Jahr 2004 erwirtschafteten Verluste (… EUR bzw. … EUR) fest.
Mit den hiergegen gerichteten Einsprüchen vom 22.12.2005 (Streitjahre 2002 und 2003) und 10.10.2006 (Streitjahr 2004) rügte die Klägerin, dass der Beklagte – entgegen seiner ursprünglich bekundeten Absicht – die gewinnmindernde Rücklage in Höhe von 9/10 des Abzinsungsbetrags gemäß § 52 Abs. 16 Satz 8 EStG 2002 (§ 52 Abs. 16 Satz 11 EStG n. F.) nicht berücksichtigt habe. Bei allen Darlehen handele es sich um Altverbindlichkeiten, die im Sinne der Übergangsregelung des § 52 Abs. 16 EStG bereits zum Ende eines vor dem 1. Januar 1999 endenden Wirtschaftsjahres angesetzt worden seien. Dies gelte auch für das Darlehen M III, das daher in gleicher Weise wie die übrigen Darlehen im Kalenderjahr 2002 abzuzinsen sei. Verringere man diese Rücklagen um die in den Jah...