Entscheidungsstichwort (Thema)
Eigenhändige Unterschrift, Drittstaatenangehörige, Assoziierungsabkommen Türkei, Verhinderung
Leitsatz (redaktionell)
1) Bei einer juristischen Person, die nicht im Gemeinschaftsgebiet, sondern in einem Drittstaat ansässig ist, kann nur der gesetzliche Vertreter die von § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG geforderte "eigenhändige" Unterschrift leisten.
2) Das Erfordernis der Eigenhändigkeit der Unterzeichnung des Vergütungsantrags des in einem Drittstaat ansässigen Unternehmers ist auch nicht nach § 150 Abs. 3 Satz 1 AO entbehrlich. Soweit nach der Rechtsprechung des BFH ein Aufenthalt im Ausland als Verhinderungsgrund i.S.v. § 150 Abs. 3 Satz 1 AO angesehen wird, ist diese Rechtsprechung auf das Vorsteuervergütungsverfahren eines im Drittstaat ansässigen Unternehmers nicht übertragbar.
3) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Assoziierungsabkommen mit der Türkei vom 12.9.1963 (BGBl. II 1964, 509) nebst Zusatzprotokoll vom 23.11.1970 (BGBl. II 1972, 385).
Normenkette
UStG § 18 Abs. 9 S. 5; UStDV §§ 59 ff; RL 86/560/EWG Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2; AO § 150 Abs. 3 S. 1; UStG § 18 Abs. 9 S. 3
Tatbestand
Streitig ist der Vergütungsanspruch der Klägerin für die Zeiträume April bis Dezember 1999 und Januar bis Juni 2000.
Die Klägerin ist ein Unternehmen in der Rechtsform einer Limited mit Sitz in der Türkei. Geschäftsführer der Klägerin war zunächst nur Herr A. Gegenstand des im Jahre 1994 in der Türkei gegründeten Unternehmens ist unter anderem der Import und Export von Lebensmitteln und Getränken aller Art. Daneben gehört zum Gegenstand des Unternehmens die Vermarktung, die Teilnahme im In- und Ausland an Bauausschreibungen und die Durchführung dieser Arbeiten sowie auch das Eingehen von Bau-, Ingenieurwesen-, Architektur- und Projektverpflichtungsarbeiten und deren Durchführung (vgl. die Registerauskunft der Handelskammer P vom 30.7.1997 und vom 10.10.2000).
Im Juni 1997 schloss die Klägerin mit der Firma E GmbH (im Folgenden: E-GmbH) mit Sitz in F einen Werkvertrag über Stahlverlegungsarbeiten betreffend die ICE Neubaustrecke G, und zwar betreffend den Abschnittsbereich H – K. Ausweislich des dem Werkvertrag beigefügten Leistungsverzeichnisses betrug die an die Klägerin für die Durchführung der Arbeiten zu entrichtende Gegenleistung (Pauschalsumme) 5.735.970 DM (inkl. 748.170 DM Umsatzsteuer – 15% –). Mit den Armierungsarbeiten sollte im Juli 1997 begonnen werden. Sie sollten ausweislich des Vertrags bis März 2000 andauern.
1. Vergütungsantrag für die Monate Januar bis März 1999
Die Klägerin reichte einen Vorsteuervergütungsantrag nebst Anlage erstmals für den Zeitraum Januar bis März 1999 beim Beklagten am 26.7.1999 ein. Der Antrag ist mit dem Firmenstempel der Klägerin versehen, indes von dem seinerzeitigen Bevollmächtigten der Klägerin unterschrieben worden. Der Vordruck enthielt die Angaben, dass die Steuernummer der Klägerin … und die Anschrift M Str. … in N laute.
Im Laufe dieses Vorsteuer-Vergütungsverfahrens teilte das Finanzamt O für Körperschaften dem Beklagten auf Nachfrage mit Schreiben vom 10.5.2000 mit, dass die E1 AG, die Muttergesellschaft der E-GmbH, für die Klägerin das Abzugsverfahren durchgeführt habe. Die E-GmbH teilte der Beklagten mit Schreiben vom 26.5.2000 mit, dass sämtliche von der Klägerin ihr gegenüber im Kalenderjahr 1999 erbrachten steuerpflichtige Werklieferungen bzw. sonstige Leistungen der Abzugssteuer unterworfen worden seien.
Die Klägerin teilte der Beklagte im Laufe des Verfahrens mit (Schreiben vom 22.9.2000 und vom 18.10.2000): Der Unternehmerbescheinigung der Finanzdirektion P vom 7.6.2000, die die Klägerin als tätigen Steuerpflichtigen ausweise, sei als Tätigkeit zwar nur der Einzelhandel von Lebensmittelartikeln zu entnehmen. Dies sei aber nur das in der Türkei tatsächlich ausgeübte Gewerbe. In Deutschland seien nur Bauleistungen gegenüber der E-GmbH anlässlich des Werkvertrags erbracht worden. Das Personal für diese Tätigkeit sei nach Deutschland eingeflogen worden. Die Mitarbeiterzahl habe im März 2000 noch 43, im Juni nur noch 15 betragen; seit Juni 2000 sei keiner mehr beschäftigt. Die Arbeiter seien als Bauarbeiter oder Bauhelfer tätig gewesen. Sie seien, wie den in Kopie beigefügten Einzahlungsbelegen an die entsprechende Sozialversicherungsanstalt zu entnehmen sei, in der Türkei versichert gewesen. Als weiterer Geschäftsführer und zwecks Vertretung der Klägerin in Deutschland sei Herr B im Juni 1997 berufen worden. Die Geschäftsführertätigkeit des Herrn B sei – wie dem in Kopie beigefügten Geschäftsführervertrag zu entnehmen sei – auf die Dauer des Auftrags beschränkt gewesen. In dem Büro in N seien die Bauleistungen und die Genehmigungsverfahren für die Arbeiter abgewickelt sowie Schriftwechsel geführt worden. Die Geschäftsleitung habe dort Herr B ausgeübt. Die entstandenen Aufwendungen, die den Vorsteuerbeträgen zugrunde lägen, seien sämtliche Betriebsausgaben gewesen.
2. Vergütungsantrag für den Zeitraum April bis Dezember 1999
Auch im Rahmen dies...