Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinzurechnung, Dauerschuldzinsen, Vorlagepflicht zum EuGH, Niederlassungsfreiheit
Leitsatz (redaktionell)
1) Die vom Steuerpflichtigen an eine direkt oder indirekt beherrschte belgische Gesellschaft gezahlten Dauerschuldzinsen sind bei der Berechnung des Gewerbeertrags gemäß § 8 Nr. 1 GewStG hinzuzurechnen.
2) Diese deutsche Rechtslage verstößt nicht gegen die europarechtliche Niederlassungsfreiheit, so dass eine Vorlage an den EuGH nicht geboten ist.
Normenkette
EGV / AEUV Art. 43 / Art. 49; GewStG § 8 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren über die Änderung der Bescheide über die gesonderte Feststellung der vortragsfähigen Gewerbeverluste auf den 31. Dezember 1999 bis 2003. Die Klägerin begehrt, die von ihr in den Jahren 1999 bis 2001 an eine in diesen Jahren von ihr direkt oder indirekt beherrschte belgische Gesellschaft gezahlten Schuldzinsen nicht als Dauerschuldzinsen bei der Berechnung des Gewerbeertrages hinzuzurechnen. Hinsichtlich der Änderung der Bescheide für die Streitjahre 2002 und 2003 wird (nur) die Anpassung an die Änderung der Bescheide der Vorjahre begehrt.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine amerikanische Inc., die seit ihrer Gründung 1988 ihren satzungsmäßigen Sitz in den Vereinigten Staaten von Amerika – USA – und ihre Geschäftsleitung in Deutschland hat, wo sie seit 1989 mit einer Zweigniederlassung im Handelsregister erfasst ist. Sie war in den Streitjahren 100%ige Tochtergesellschaft der L Inc., J/, USA. Sie ist die Holdinggesellschaft eines Teils der Firmengruppe. Zwischen ihr und diversen inländischen Gesellschaften bestand jeweils ein Beherrschungsund Gewinnabführungsvertrag – GAV –. Sie war vor den Streitjahren körperschaftsteuerliche Organträgerin der inländischen Gesellschaften des Firmenverbundes.
Außerdem war sie in den Jahren 1995 bis 1998 unter anderem an der belgischen L Europe S.A. N.V. zu 99,999% beteiligt. Im ersten Streitjahr, 1999, ergaben sich insoweit Veränderungen. Zum 29. November 1999 wurde eine hundertprozentige dänische Tochtergesellschaft, die L Denmark ApS, gegründet. Mit Vertrag vom 31. Dezember 1999 wurden die Anteile an der belgischen Gesellschaft in die dänische Tochtergesellschaft zu Buchwerten eingelegt.
Die L Europe S.A. N.V. ihrerseits war bis zum 30. Dezember 1999 mit anderen ausländischen hundertprozentigen Tochtergesellschaften der Klägerin an der L Services N.V.IS.A., Belgien – X – zu 100% beteiligt. Mit Vertrag vom 30. Dezember 1999 erwarb die Klägerin 52,655% der Anteile an dieser Gesellschaft. Der Kaufpreis für den Anteil an der X von 300.000.000 DM wurde durch ein Darlehen der Verkäuferin, der in die dänische Tochtergesellschaft eingelegten L Europe S.A. N.V., finanziert.
Ausweislich der Bilanz der Klägerin hielt zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1999 eine hundertprozentige kanadische Tochtergesellschaft der Klägerin, die L Canada Inc., die weiteren Anteile von 47,345% an der X. Wie der Rechtsübergang von der L Europe S.A. N.V. auf die L Canada Inc. erfolgt ist, kann den vorliegenden Unterlagen nicht entnommen werden.
Nach der Darstellung in Anl. VI, Seite 21/22 zum Jahresabschluss auf den 31. Dezember 1999 hatte die Klägerin gegenüber der X Verbindlichkeiten i.H.v. 500.000.000 DM, die unterjährig mit 5,5% verzinst worden waren. Die Zinsaufwendungen gegenüber der X sind mit 20.000.000 DM (Anl. VI, Seite 29) ausgewiesen. Die Bilanz der Klägerin für das Jahr 1999 weist keine Beteiligungserträge von der X aus.
Zum 29. Dezember 2000 schüttete die kanadische Tochtergesellschaft Gewinn an die Klägerin aus und beglich einen Teil der Ausschüttungsverpflichtung durch „Einlage” ihrer Beteiligung (47,345%) an der belgischen X in das Vermögen der Klägerin (Bilanz 2000, Anlage VI, Seite 5). Ausweislich der Bilanz auf den 31. Dezember 2000 war die Klägerin zu diesem Zeitpunkt mit 99,9% an der belgischen Gesellschaft beteiligt. Weitere 0,1% sollen sich im Besitz von Dritten befunden haben. Weiterhin weist die Bilanz 2000 einen Beteiligungsertrag von der X von 30.000.000 DM (entspricht 17.000.000 EUR) aus. Wie und wann die Ausschüttung erfolgt ist, kann den Unterlagen nicht entnommen werden. Die Verbindlichkeiten der Klägerin gegenüber der X sind mit 600.000.000 DM (Anl. VI, Seite 19 zur Bilanz), die Zinszahlungen mit 30.000.000 DM (Anl. VI, Seite 27) ausgewiesen.
Nach der Bilanz auf den 31. Dezember 2001 war die Klägerin zu diesem Zeitpunkt weiterhin mit 99,9% an der X beteiligt. Die restlichen 0,1% sollen sich im Besitz anderer Unternehmen der Gruppe befunden haben. Die Bilanzerläuterungen weisen aus, dass zum 14. Mai 2001 eine Kapitalerhöhung im Umfang von ca. 51 Millionen Euro bei der X stattgefunden hat, wofür die Klägerin eine Zahlung in zumindest nahezu voller Höhe erbracht hat. Zum Bilanzstichtag ist die Beteiligung nur noch mit null Euro bilanziert. Die Erläuterungen zur Bilanz zeigen insoweit einen Abgang aus dem Anlagevermögen in Höhe ...