Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit des in glaubensverschiedener Ehe erhobenen besonderen Kirchgeldes in NW
Leitsatz (redaktionell)
1) Das von einem Ehegatten mit geringem Einkommen erhobene besondere Kirchgeld, das mit Rücksicht auf ein erheblich höheres Einkommen des anderen, nicht kirchenangehörigen Ehegatten mitunter in weitaus größerem Betrag als den eigenen Einkünften bemessen wird, ist verfassungs(rechtlich) nicht zu beanstanden.
2) Die typisierende Regelung, das besondere Kirchgeld nach dem gemeinsamen, viel höheren Einkommen beider Ehegatten zu bemessen, ist verfassungsrechtlich zulässig.
3) Die Übermittlung personenbezogener Daten durch die Finanzämter an die öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften zur Erhebung des besonderen Kirchgeldes ist durch die gesetzliche Regelung des § 31 Abs. 1 AO und § 14 Abs. 1, § 15 Datenschutzgesetz NW erlaubt.
4) Die Verhältnisse dauernd getrennt lebender Ehegatten in glaubensverschiedener Ehe und in einem Haushalt lebender glaubensverschiedener Ehegatten sind wirtschaftlich gesehen nicht vergleichbar, und somit ist auch keine Gleichbehandlung dieser beiden Fälle erforderlich.
5) Dass das besondere Kirchgeld in Nichtveranlagungsfällen nicht erhoben wird, beruht auf rechtmäßiger, abgeltender Typisierung des Lohnsteuerverfahrens und begründet kein verfassungsrechtlich relevantes Vollzugsdefizit.
Normenkette
Kirchensteuerordnung NW Ev § 6 Abs. 1 Nr. 5; Landesverfassung NW Art. 4 Abs. 2; AO 1977 § 31 Abs. 1; Datenschutzgesetz NW §§ 14-15; KiStG (NW) § 4 Abs. 1 Nr. 5
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Verfassungsgemässheit des besonderen Kirchgeldes.
Die Klägerin und ihr Ehemann werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Streitjahr (2001) gehörte die Klägerin der evangelischen Kirche an, während ihr Ehemann keiner steuerberechtigten Kirche angehörte (sog. glaubensverschiedene Ehe).
Im Einkommensteuerbescheid des Streitjahres vom … setzte das Finanzamt … besonderes Kirchgeld für die Klägerin in Höhe von 552,20 EUR fest.
Ein gegen die Kirchgeldfestsetzung eingelegter Einspruch blieb erfolglos.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin geltend, dass die Erhebung des besonderen Kirchgeldes verfassungswidrig sei.
Zunächst sei der Gleichheitsgrundsatz verletzt. Bei der Bemessung und Erhebung des besonderen Kirchgeldes in der jetzigen Form würden bei gleicher Leistungsfähigkeit bzw. gleichem Familieneinkommen nur ein Teil der Kirchenmitglieder erfasst. Es würden nur diejenigen Kirchenmitglieder erfasst, bei denen das Finanzamt das besondere Kirchgeld auf einfachste Art festsetzen und eintreiben könne, nämlich im Fall der Zusammenveranlagung. Dort, wo eine separate Prüfung und Festsetzung notwendig wäre, nämlich bei getrennter und Einzelveranlagung, werde kein besonderes Kirchgeld erhoben. In seiner Entscheidung zur Verfassungswidrigkeit der Zinsbesteuerung habe das Bundesverfassungsgericht 1991 erklärt, der Gesetzgeber müsse die Gleichbehandlung der Bürger nicht nur bei der Festsetzung der Steuerpflicht, sondern auch bei ihrer Durchführung gewährleisten. Genau dies sei aber bei der Erhebung des besonderen Kirchgeldes in der jetzigen Form nicht der Fall.
Ein weiteres zu einer Ungleichbehandlung führendes Vollzugsdefizit liege darin, dass in Fällen, in denen keine Veranlagungspflicht bestehe und auch keine Einkommensteuererklärung abgegeben werde, auch bei zusammenveranlagten Ehegatten auf die Erhebung des besonderen Kirchgeldes verzichtet werde.
Außerdem verstoße die Erhebung des besonderen Kirchgeldes gegen Datenschutzbestimmungen und verletzte das Steuergeheimnis. Betroffen sei zunächst das Grundrecht des Artikel 4 Abs. 2 der Landesverfassung NRW. Danach habe jeder Anspruch auf Schutz seiner personenbezogenen Daten, Eingriffe seien nur in überwiegendem Interesse der Allgemeinheit aufgrund eines Gesetzes zulässig. Durch die Festsetzung des besonderen Kirchgeldes durch das Finanzamt werde der evangelischen Kirche die Konfessionslosigkeit des Ehepartners mitgeteilt. Im Verhältnis zu dem konfessionslosen Ehepartner sei die evangelische Kirche jedoch ein Außenstehender. Ein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit könne hier nun wirklich nicht festgestellt werden, sondern nur ein sehr materielles Interesse der evangelischen Kirche. Durch die festgesetzte Höhe des besonderen Kirchgeldes könne die evangelische Kirche die ungefähre Höhe des Einkommens des nicht kirchensteuerpflichtigen Ehepartners ermitteln. Hier bestehe ein Bruch des Steuergeheimnisses durch das Finanzamt.
Die Klägerin beantragt,
die Festsetzung des besonderen Kirchgeldes 2001 aufzuheben,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen
Die Festsetzung des besonderen Kirchgeldes verstoße im Streitfall weder gegen Verfassungsrecht noch verletze es Bestimmungen des Datenschutzes.
Zunächst sei festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 5 Kirchensteuergesetz NRW (KiStG NW) erfüllt seien.
Die Erhebung des besonderen Kirchgeldes nur in F...