Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Erstattung der Aufwendungen von kirchlichen Behörden im Kirchensteuerrechtsstreit
Leitsatz (redaktionell)
Der Ausschluss der Kostenerstattung gem. § 139 Abs. 2 FGO für Aufwendungen der Finanzbehörden gilt auch für solche von kirchlichen Behörden im Streit über Kirchensteuern.
Normenkette
FGO § 139 Abs. 2, 1
Tatbestand
I. Der Erinnerungsführer hatte sich gegen die Einspruchsentscheidung des C. (Erinnerungsgegner) über die Einsprüche gegen die in den Einkommensteuerbescheiden für 2001 und 2000 festgesetzten Kirchensteuer gewandt und auf Erstattung von Kirchensteuer für das Jahr 2000 (Verfahren 11 K 670/02) und für das Jahr 2001 (Verfahren 11 K 1400/03) geklagt. Streitig war dabei vor allem, ob der Erinnerungsführer einen Wohnsitz im Inland beibehalten hatte. Die Klage hatte keinen Erfolg, die Kosten des Verfahrens wurden dem Erinnerungsführer auferlegt. Die Nichtzulassungsbeschwerde blieb ebenfalls ohne Erfolg. Mit Beschluss vom 00.00.0000 wurden die in den Verfahren 11 K 670/02 und 11 K 1400/03 dem Erinnerungsgegner zu erstattenden Kosten auf insgesamt … EUR festgesetzt.
Der Erinnerungsführer ist der Auffassung, die Kostenfestsetzung hätte nicht erfolgen dürfen, da es sich bei den kirchlichen Behörden um Finanzbehörden handle, die gemäß § 139 Abs. 2 FGO dazu verpflichtet seien, ihre Auslagen selbst zu tragen. Diese gelte umso mehr, wenn es wie im Streitfall um einen nur geringen Streitwert gehe.
Entscheidungsgründe
II. Die Erinnerung ist begründet. Ein Erstattungsanspruch besteht nicht, weil das C. als Finanzbehörde i.S. § 139 Abs. 2 FGO zu qualifizieren ist.
1. Nach § 139 Abs. 1 FGO fallen unter die Kosten auch die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Die Aufwendungen der Finanzbehörden sind nach § 139 Abs. 2 FGO indessen nicht zu erstatten.
2. § 139 Abs. 2 FGO enthält keine Definition des Begriffs „Finanzbehörde”. Dieser Begriff bedarf daher der Auslegung.
a) Bei reiner Wortauslegung des Begriffs „Finanzbehörden” ist zunächst an diejenigen Behörden zu denken, denen nach Art. 108 des Grundgesetzes (GG) die Verwaltung der Steuern in Bund und Ländern zugeteilt ist. Es sind dies die Behörden der Bundes- und Landesfinanzverwaltung, deren nähere organisatorische Ausgestaltung im Finanzverwaltungsgesetz ihren Niederschlag gefunden hat. Von ihnen treten vornehmlich die örtlichen Behörden, die Finanzämter (FÄ) und die Hauptzollämter (HZÄ) einschließlich ihrer Dienststellen, dem einzelnen Staatsbürger gegenüber. Nach dem Kernbereich des Wortsinns „Finanzbehörden” wird deshalb der allgemeine Sprachgebrauch darunter die angeführten örtlichen Finanzbehörden und die ihnen übergeordneten Behörden verstehen (BFH-Beschluss vom 31. Oktober 1972 VII B 134/70, BFHE 107, 352, BStBl II 1973, 243).
b) Gleichwohl ist der Begriff „Finanzbehörde” nach höchstrichterlicher Rechtsprechung weiter zu fassen. Dabei kann zwar allein aus der Eröffnung des Finanzrechtswegs für Streitigkeiten über Kirchensteuern durch Landesgesetz nicht hergeleitet werden, dass der Erinnerungsgegner (Kostengläubiger) eine Finanzbehörde im Sinne des § 139 Abs. 2 FGO ist, es handelt sich jedoch um ein bedeutsames Indiz, dass derartige Streitigkeiten vor den Finanzgerichten und nicht vor den Verwaltungsgerichten ausgetragen werden (BFH-Beschlüsse vom 31. Oktober 1972 VII B 134/70, BFHE 107, 352, BStBl II 1973, 243, vom 25. Februar 1975 VII B 80/73, BFHE 115, 182, BStBl II 1975, 489 für das Bundesamt für Ernährung und Forstwirtschaft).
Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich ferner, dass es sich bei der Entscheidung des Gesetzgebers, dass nur Finanzbehörden keinen Auslagenersatz verlangen können, um eine Kompromissentscheidung handelt, die von dem Gedanken getragen war, dass die Aufwendungen einer Finanzbehörde zur Verteidigung ihrer Steuerbescheide im finanzgerichtlichen Verfahren zu den Kosten der Steuererhebung rechnen, die vom Staatshaushalt getragen werden müssen (zur Entstehungsgeschichte BT-Drucks. II/1716 zu § 118 Abs. 1, BT-Drucks. III/127 zu § 116; anders dann BT-Drucks. IV/1446 zu § 130 in Anlehnung zu § 162 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –, jedoch mit der Ergänzung in Abs. 2, nach der Aufwendungen der Finanzbehörden nicht zu erstatten sind, vgl. schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses -BT-Drucks. IV/3523; ferner BFH-Beschluss vom 31. Oktober 1972 VII B 134/70, BFHE 107, 352, BStBl II 1973, 243, auch zur Abweichung von der andersartigen Regelung des § 162 VwGO). So gibt es Steuern, die nicht von Bundes- oder Landesbehörden verwaltet werden, insbesondere die Gemeinde- und Kirchensteuern, deren Verwaltung Gemeinde- und Kirchensteuerämtern obliegt. Daher ist unter dem Begriff Finanzbehörde im Sinne des § 139 Abs. 2 FGO jede steuerverwaltende Behörde zu verstehen, die einen Verwaltungsakt, der den Gegenstand des Klageverfahrens bildet, erlassen hat oder von der der Erlass eines Verwaltungsakts oder einer solchen Leistung begehrt wird (BFH-Beschluss vom 31...