Entscheidungsstichwort (Thema)
Ernsthaftes Bemühen um einen Ausbildungsplatz
Leitsatz (redaktionell)
1) Ein Kind ist nur dann gem. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 c EStG gehindert, seine Ausbildung mangels Ausbildungsplatz zu beginnen oder fortzusetzen, wenn es sich um einen Ausbildungsplatz ernsthaft bemüht. Der Kindergeldberechtigte trägt insoweit die Feststellungslast.
2) Die Bewerbungen um einen Ausbildungsplatz müssen zwar Monat für Monat kontinuierlich erfolgen, um ein ernsthaftes Bemühen um einen Ausbildungsplatz bejahen zu können, der Auszubildende muss jedoch die Möglichkeit haben, das Ergebnis seiner Bewerbung abzuwarten, ohne sich parallel auch für andere Ausbildungsplätze bewerben zu müssen.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2c
Tatbestand
Die Beklagte hatte dem Kläger das Kindergeld für seinen im Juli 1981 geborenen Sohn … (D) bewilligt, weil D seit November 1999 bei der Berufsberatung als Bewerber um eine Ausbildungsstelle gemeldet war. D hatte die Schulausbildung zunächst ohne Abschluss beendet, seinen Hauptschulabschluss dann aber im Jahr 1999 nachgeholt. In der Zeit von Februar 2000 bis August 2001 und von November 2001 bis Juli 2002 nahm D an einem Methadonprogramm teil. Die Verbindung zur Arbeitsvermittlung sowie zur Berufsberatung des Arbeitsamts endeten aufgrund des Verhaltens von D (…) im Dezember 2001. An einer vorgeschlagenen Maßnahme zur Berufsförderung nahm D ebenfalls nicht teil. Da seine eigenen Bewerbungen um einen Ausbildungsplatz erfolglos blieben, nahm D bereits ab 2001 hin und wieder Gelegenheitsarbeiten war (beispielsweise im Jahr 2002 insgesamt … EUR im Zeitraum April bis Mai oder in 2003 monatlich … EUR in den Monaten März bis Mai). In den Monaten von August 2002 bis Dezember 2002 (Bescheinigung des Berufskollegs Oberberg) und in den Monaten Oktober 2003 bis August 2004 (Bescheinigung des Caritasverband) nahm D an einer ergänzenden schulischen Ausbildung bzw. einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teil.
Mit Bescheid vom 23. Juli 2003 hob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung für D für die Monate ab Dezember 2001 auf. Gleichzeitig forderte sie den Kläger zur Erstattung des nach ihrer Ansicht für die Monate Dezember 2001 bis Juni 2003 überzahlten Kindergelds auf, das sie mit 2.925,39 EUR (300 DM für Dezember 2001 und 18 × 154 EUR für die Monate Januar 2002 bis Juni 2003) bezifferte.
Mit dem Einspruch machte der Kläger geltend, D habe sich auch nach Beendigung der Verbindung zum Arbeitsamt laufend – wenn auch erfolglos – um einen Ausbildungsplatz bemüht. Zum Nachweis legte der Kläger eine Reihe von Bewerbungsschreiben/Absagen vor (s.u.). Weitere Bewerbungsschreiben konnten nicht vorgelegt werden, weil die jeweiligen Bewerbungsschreiben nicht einzeln gesichert, sondern jeweils überschrieben worden seien.
Vorgelegte Bewerbungen/Absagen, für die Hauptschulabschluss ausreicht:
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03/2000: … |
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01/2001: … |
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02/2001: … |
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01/2002: … |
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02/2002: … |
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04/2002: … |
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05/2002: … |
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08/2002: … |
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09/2002: … |
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10/2002: … |
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02/2003: … |
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04/2003: … |
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04/2003: … |
Bewerbungen, für die Fachschulabschluss/Realschulabschluss erforderlich wäre:
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01/2001: … |
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01/2001: … |
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08/2002: … |
Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Zur Begründung führte die Beklagte in der Einspruchsentscheidung vom 17. September 2003 aus: Der Tatbestand des § 32 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. c EStG liege nur dann vor, wenn sich das Kind ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemühe und die Bewerbungen für den nächstmöglichen Ausbildungsbeginn abgegeben würden. Für Kinder, die wie D nicht beim Arbeitsamt als Bewerber um eine Ausbildungsstelle geführt würden, seien die Bemühungen um einen Ausbildungsplatz durch die Vorlage der Bewerbungsschreiben sowie deren Ablehnungen glaubhaft zu machen. Die im Rahmen des Einspruchsverfahrens vorgelegten Bewerbungen bedingten mindestens die Fachoberschulreife oder den Realschulabschluss und könnten somit nicht berücksichtigt werden. Ausweislich eines Aktenvermerks bestehen nach Ansicht des Beklagten wegen des Alters und der früheren Drogenprobleme von D ohnehin Zweifel an dessen Ausbildungseignung (Kindergeld-Akte, Bl 199).
Mit Änderungsbescheid vom 13. Mai 2004 wurde festgestellt, dass dem Kläger ein Kindergeldanspruch für D in den Monaten August bis Dezember 2002 zustand, weil ihm für diesen Zeitraum die Teilnahme an einer schulischen Ausbildung bescheinigt worden war. Dadurch minderte sich der Rückforderungsanspruch auf 2.155 EUR.
Mit der Klage bezieht sich der Kläger im Wesentlichen auf seinen Vortrag im Einspruchsverfahren und trägt vor, D habe sich ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht.
Der Kläger beantragt, den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 23. Juli 2003, zuletzt geändert am 13. Mai 2004 sowie die Einspruchsentscheidung vom 17. September 2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Auch wenn sich im Klageverfahren ergeben habe, dass die Einkünfte und Bezüge von D die maßgebenden Grenzbeträge nicht überschritten, könne kein Kindergeld gewährt werden, weil D sich nicht ernsthaft um einen Ausbildu...