Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung eines faktischen GmbH-Geschäftsführers
Leitsatz (redaktionell)
1) Der faktische Geschäftsführer haftet nach §§ 34, 35 AO.
2) Bei der Berechnung der Umsatzsteuerhaftungsquote bleibt die im Haftungszeitraum gezahlte Lohnsteuer außer Betracht.
Normenkette
AO 1977 §§ 35, 69; EStG § 41a; AO 1977 § 34
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger als faktischer Geschäftsführer der G GmbH (im folgenden GmbH) wegen rückständiger Umsatzsteuer 1993, 1994, 1995, 1996 und 11/1998 samt Säumniszuschlägen in Höhe von 227.894,40 DM gemäß §§ 34, 35, 69 der Abgabenordnung (AO) haftet.
Der im Jahr 1944 geborene Kläger ist von Beruf …. Er war laut notariellem Gesellschaftsvertrag vom 15.12.1981 alleiniger Geschäftsführer der nach ihm benannten GmbH. Das Stammkapital von 50.000,– DM hielten zunächst der Kläger und die Zeugin G1, seine Ehefrau. Gesellschaftszweck der GmbH war …. Mit notariellem Vertrag vom 19.04.1984 übernahm der Kläger die Geschäftsanteile der Zeugin G1. Mit notariellem Vertrag vom 15.11.1988 wurde das Stammkapital der GmbH auf 100.000,– DM erhöht. Der Zeuge S, geborener H, war seit seinem 16. Lebensjahr zunächst als Praktikant und Auszubildender einer der durchschnittlich 16 Arbeitnehmer der GmbH. Mit Beschluss vom 06.02.1992 wurde der Kläger als Geschäftsführer der GmbH abberufen und der Zeuge S, der die Gesellenprüfung als … ein Jahr zuvor bestanden hatte und zu diesem Zeitpunkt 23 Jahre alt war, zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer ab dem 01.02.1992 bestellt. In dem Anstellungsvertrag für kaufmännische Angestellte vom 01.02.1992 ist vermerkt, dass der Kläger als kaufmännischer Betriebsleiter mit den Obliegenheiten Kundenbetreuung und kaufmännische Auftragsabwicklung eingestellt worden war. Sein monatliches Gehalt betrug 6.800,– DM. Die dem Kläger im Jahr 1991 erteilte Pensionszusage der GmbH blieb laut Vertrag bestehen. Als Dienstantritt wird in dem Vertrag der 01.02.1992 benannt. Laut Geschäftsführervertrag zwischen der GmbH und dem Zeugen S vom 01.02.1992 wurde der Zeuge mit Wirkung vom 01.02.1992 zum Geschäftsführer der GmbH bestellt. Laut § 3 des Vertrages erhielt der Zeuge eine Vergütung in Höhe von 3.300,– DM, monatlich zzgl. 52,– DM vermögenswirksame Leistungen. Im November hatte er zusätzlich Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Monatsgehalts. Des weiteren wurde dem Zeugen S eine Tantieme abhängig von dem Jahresergebnis der GmbH zugesagt. Im Krankheitsfall oder sonstiger unverschuldeter Verhinderung an der Geschäftsführertätigkeit war die Geschäftsführervergütung für die Dauer von 6 Wochen weiterzuzahlen. Auf den Vertrag im Übrigen wird verwiesen.
Mit notariellen Verträgen vom 18.08.1994 wurde das Stammkapital der GmbH erhöht auf 300.000,– DM. Mit notariellen Verträgen gleichen Datums übertrug der Kläger als alleiniger Gesellschafter an die Zeugin G1, seine Ehefrau, in Höhe von 75.000,– DM, an die Zeugin T, seine Tochter, in Höhe von 45.000,– DM und an den Zeugen S in Höhe von 15.000,– DM die entsprechenden Gesellschaftsanteile schenkweise. Der Kläger war damit zu 50 %, die Zeugin G1 zu 30 %, die Zeugin T zu 15 % und der Zeuge S zu 5 % an der GmbH beteiligt. In den Berichten vom 29.07.1994 und 09.04.1997, erstellt anlässlich von Lohnsteueraußenprüfungen bei der GmbH für Zeiträume, in denen der Zeuge S bereits Geschäftsführer der GmbH war, werden als Auskunftspersonen gegenüber der Finanzverwaltung der Kläger und der Steuerberater der GmbH, der Zeuge U, benannt. In dem Bericht vom 28.06.1994 ist der Kläger auch als gesetzlicher Vertreter der GmbH benannt. Für die Veranlagungszeiträume 1993, 1994 und 1995 fand bei der GmbH eine allgemeine Betriebsprüfung (Bericht vom 16.06.1998) statt. Im Rahmen der Prüfung waren Auskunftspersonen der Zeuge U sowie der Kläger. Der Kläger und der Zeuge U nahmen auch an der Schlussbesprechung teil. Die Betriebsprüfung hatte geänderte Umsatzsteuerbescheide 1993 bis 1995, jeweils vom 24.08.1998, zur Folge. Hierdurch entstanden folgende Zahllasten:
1993: 205.624,30 DM, 1994: 6.620,40 DM und 1995: 128.064,60 DM.
Mit Bescheid vom 31.08.1998 erfolgte eine Abrechnung zur Umsatzsteuer 1996. Hieraus erwuchs der GmbH eine Umsatzsteuerzahllast in Höhe von 9.961,60 DM. Auf die Bescheide wird verwiesen. Die Nachforderungen 1993 bis 1995 beruhten gemäß Textziffer 9 des Betriebsprüfungsberichts vom 16.06.1998 in wesentlichen darauf, dass die GmbH bei Erteilung von Endabrechnungen gegen § 14 Abs. 1 Satz 7 UStG alter Fassung (heute § 14 Abs. 5 Satz 2 UStG) verstoßen hatte. Auf den BP-Bericht wird verwiesen.
Am 02.02.1999 wurde Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH gestellt. Antragsteller war der Zeuge S, der zu diesem Zweck jedenfalls in Begleitung von Rechtsanwalt O beim Insolvenzgericht erschien. Am 17.02.1999, eingetragen im Handelsregister am 26.02.1999, wurde Frau Rechtsanwältin L zur vorläufigen Insolvenzverwalterin bestellt. Da...