Entscheidungsstichwort (Thema)
Einheitswert: Wertminderung wegen behebbarer Baumängel
Leitsatz (redaktionell)
1) Eine Ermäßigung des Grundstückswerts wegen Verkehrslärm-Immissionen kommt nur bei „ungewöhnlich starken Beeinträchtigungen” in Betracht, die nur in seltenen - extrem gelagerten - Ausnahmefällen vorliegen.
2) Eine Abschlag wegen behebbarer Baumängel setzt nicht voraus, dass es sich um einen „erheblichen” Baumangel handelt.
Normenkette
BewG § 82
Nachgehend
BFH (Aktenzeichen II B 38/19) |
Tatbestand
Der Kläger und seine Brüder B und B1 sind zu gleichen Teilen Eigentümer eines neu erbauten Mietwohngrundstücks mit 3 Wohnungen in … A, F-Straße ….
Nach Fertigstellung der Wohnungen im 1. und 2. Obergeschoss im Mai 2013 stellte der Beklagte mit Art- und Wertfortschreibungsbescheid auf den 01.01.2014 vom 05.11.2013 (erneute Bekanntgabe des Bescheids vom 29.10.2013 unter diesem Datum) unter Ansatz einer Wohnfläche von 205 m² und einer Monatsmiete/m² i.H.v. 3,60 DM sowie einer Garage (Jahresmiete: 300 DM) sowie dreier Stellplätze (Jahresmiete: 360 DM) den Einheitswert mit 87.500 DM (44.738 €) fest. Dabei legte er eine Jahresrohmiete von 9.516 DM und einen Vervielfältiger von 9,2 zugrunde. Dieser bestandskräftig gewordene Bescheid wurde an Herrn B als Empfangsbevollmächtigten mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten bekannt gegeben.
Nach Fertigstellung der Wohnung im Dachgeschoss des Hauses stellte der Beklagte mit Wertfortschreibungsbescheid zum 01.01.2015 vom 29.05.2015 den Einheitswert für das Objekt unter Ansatz einer zusätzlichen Wohnfläche von 74 m² und einer hierfür angesetzten Monatsmiete/m² i.H.v. 3,60 DM – also insgesamt unter Berücksichtigung einer Wohnfläche von 279 m², der Garage und der 3 Stellplätze sowie unverändertem Mietansatz für den zum 01.01.2014 bereits fertig gestellten Teil – mit 116.900 DM (59.770 €) fest. Dabei legte er eine Jahresrohmiete von 12.713 DM und einen Vervielfältiger von 9,2 zugrunde. Auch dieser Bescheid wurde an Herrn B als Empfangsbevollmächtigten mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten bekannt gegeben.
Der hiergegen im Namen des Beigeladenen B eingelegte Einspruch wurde mit Schreiben vom 06.07.2015 und 01.09.2015 damit begründet, dass es sich bei dem Objekt nicht um ein Mietwohngrundstück, sondern um selbstgenutztes Eigentum handele. Die Stellplätze bestünden lediglich aus Sickersteinen. Die Bauausführung des Hauses sei eine Basisausführung. Weiterhin werde ein Mietwertansatz von 0,50 DM unter Reduzierung der Wohnfläche auf 266,70 m² gemäß beigefügter Flächenberechnung ihres Architekten vom 02.06.2012 beantragt.
Im Rahmen einer am 15.11.2016 erfolgten Besichtigung des Objekts, an der neben der Sachbearbeiterin C auch der Kläger und ein steuerlicher Vertreter der Einspruchsführer (Herr D von der E Steuerberatungs GmbH) teilnahmen, stellte der Beklagte Folgendes fest:
Das Objekt F-Straße … sei ein Mietwohngrundstück mit drei abgeschlossenen Wohnungen im 1. Obergeschoss, 2. Obergeschoss und Dachgeschoss. Ein Keller sei nicht vorhanden. Dafür befänden sich im Erdgeschoss neben einer überbreiten Hofeinfahrt und einer separaten Garage zwei Abstellräume (Heizen, Waschen, Abstellen). Das Haus sei ein beidseitig angebauter Massivbau mit guter Ausstattung:
- Straßenfassade mit Klinker und mit Schallschutzfenstern
- bodentiefe Fenster im 1. und 2. OG mit Sicherheitsgittern aus Edelstahl
- hofseitige Rückfront mit Putz
- gute Isolierfenster im gesamten Haus
- Gas-Fußbodenheizung in den Wohnungen mit geeignetem, guten Bodenbelag
- hochwertige Verfliesung der Hausflurtreppe
- Treppengeländer aus Edelstahl
- gute Badausstattung
- gute Rolltore zur Garage bzw. Hofeinfahrt
- gute Haustür
- extra hohes Rolltor zur Hofeinfahrt im Zusammenhang mit Brandschutz.
Im Ergebnis vertrat der Beklagte die Auffassung, dass der Ansatz eines Mietwerts von 3,60 DM/m² in dem angegriffenen Einheitswertbescheid (Mittelwert „gute Ausstattung”, Baujahr nach 1990) nicht zu beanstanden sei. Weiterhin ergebe sich nach den letztgültig im Baugenehmigungsverfahren anerkannten Bauunterlagen (Stand 18.6.2012) eine Wohnfläche von 284,90 m², die im Fall einer erforderlichen Einspruchsentscheidung im Wege der Verböserung gemäß § 367 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung – AO – berücksichtigt werden müsse (1. OG: 103,96 m²; 2. OG: 104,13 m²; DG: 76,81 m²). Die sich danach ergebende Jahresrohmiete betrage 12.928 DM.
Mit der an den Kläger bekannt gegebenen Einspruchsentscheidung vom 14.12.2016 stellte der Beklagte den Einheitswert zum 1.1.2015 auf 118.900 DM (60.792 €) fest und wies den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies er nochmals auf die nunmehr mit 284 m² zu berücksichtigende Wohnfläche und den nach seiner Auffassung zutreffenden Mietwertansatz mit dem Mittelwert der guten Ausstattungsstufe i.H.v. 3,60 DM.
Mit der vorliegenden, am 16.01.2017 eingegangenen Klage macht der Kläger geltend, dass der Mietansatz zum 01.01.1964 auf 3,00 DM/m² zu ermäßigen sei und bei der Berechnung des Einheitswerts ein Vervielf...