Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlöschen von Kindergeldansprüchen durch dreiseitigen Verrechnungsvertrag
Leitsatz (redaktionell)
1) Durch Abschluss eines dreiseitigen Verrechnungsvertrags können Ansprüche auf Kindergeld in sog. Weiterleitungsfällen zum Erlöschen gebracht werden.
2) Bei einer aufgrund eines Verrechnungsvertrags vorgenommenen Umbuchung handelt es sich um eine Zahlung i.S. des § 267 BGB.
Normenkette
BGB § 267; AO § 47
Tatbestand
Die Beteiligten streiten zum einen darüber, ob von der Beklagten für die beiden Töchter der Klägerin für den Zeitraum Januar 2011 bis November 2012 Kindergeld auszuzahlen ist oder ob der Auszahlungsanspruch der Klägerin infolge von ihr abgegebener Weiterleitungserklärungen erloschen ist. Des Weiteren streiten die Beteiligten darüber, ob die Beklagte zu Recht das an die Klägerin ausgezahlte Kindergeld für die Tochter A für die Monate August bis Oktober 2012 zurückgefordert hat.
Die Klägerin hat zwei Töchter: A, geboren ….1989, und B, geboren ….1993. Ausweislich entsprechender schriftlicher Nachweise absolvierte die Tochter A im Zeitraum Januar 2011 bis November 2012 ein Hochschulstudium. Die Tochter B wurde im Februar 2011 volljährig; sie bestand in Juni 2012 ihr Abitur und studierte seit Oktober 2012 Erziehungswissenschaften. Die erklärten Einkünfte und Bezüge beider Töchter überschreiten nicht den bis 2011 geltenden jeweiligen Grenzbetrag.
Für beide Kinder stellte die Klägerin mit Datum 30.10.2014 bei der Beklagten einen Antrag auf Kindergeld für den Zeitraum 1.1.2011 bis 30.11.2012. In diesem Antrag gab sie an, leiblicher Vater beider Kinder sei Herr C. Dieser habe für beide Kinder beim LBV NRW als Familienkasse (im folgenden: LBV) Kindergeld erhalten, es aber zwischenzeitlich wieder zurückgezahlt. Er habe kein Kindergeld erhalten für November 2012 (für A) bzw. August bis November 2012 (für B). Der Kindesvater sei beschäftigt im … Landes NRW.
Die Klägerin fügte ihrem Antrag zwei Bescheide des LBV bei, die an den Kindesvater adressiert sind:
Mit Bescheid vom 22.1.2013 hat dieses dem Kindesvater gegenüber die Kindergeldfestsetzung für A ab Januar 2011 bis einschließlich November 2012 aufgehoben, da A bis 30.11.2012 im Haushalt der Klägerin gelebt habe. Zugleich wird ausgeführt, die Kindergeldzahlungen von Januar 2011 bis einschließlich Oktober 2012 i.H.v. 4.048 Euro seien grundsätzlich zu erstatten. Sodann heißt es:
„Mit Erklärung vom 27.12.2012 hat die Kindesmutter die Weiterleitung des Kindergeldes für den vorgenannten Zeitraum bestätigt. Mein Erstattungsanspruch ist insofern als erfüllt anzusehen.”
Mit weiterem Bescheid vom 13.12.2012 hob das LBV die Kindergeldfestsetzung für B ebenfalls ab Januar 2011 bis November 2012 mit der Begründung auf, sie habe in diesem Zeitraum im Haushalt der Klägerin gelebt. Das für den Zeitraum Januar 2011 bis einschließlich Juli 2012 an den Kindesvater ausgezahlte Kindergeld ergebe einen grundsätzlich gemäß § 32 Abs. 2 AO zu erstattenden Betrag von 3.496 Euro. Sodann heißt es in diesem Bescheid:
„Mit Erklärung vom 16.11.2012 hat die Kindesmutter die Weiterleitung des Kindergeldes und damit die Erfüllung ihres Anspruchs auf Kindergeld für den vorgenannten Zeitraum als erfüllt bestätigt. Folglich ist mein Erstattungsanspruch Ihnen gegenüber ebenfalls als erfüllt anzusehen, so dass keine Rückzahlung geleistet werden muss.”
Auf Nachfrage teilte das LBV der Beklagten am 12.1.2015 mit, beide Bescheide seien bestandskräftig. Die Eltern lebten seit Januar 2011 getrennt. Dem Kindesvater werde seit Dezember 2012 wieder Kindergeld gewährt, da er den höheren Unterhalt leiste.
Die beiden beigefügten Weiterleitungsbescheinigungen der Klägerin sind in Bl. 35 und 36 der Kindergeldakte enthalten; auf deren Form und Inhalt wird hier ergänzend Bezug genommen. Beide Erklärungen tragen den Eingangsstempel des LBV vom 20.11.2012 bzw. 3.1.2013. Beide sind auf Formularen der Überschrift „Bestätigung über die Weiterleitung von Kindergeld zur Vorlage bei der Familienkasse” gefertigt und an das LBV gerichtet. Beide weisen den Namen des Kindesvaters und dessen Kindergeldnummer (Personalnummer) beim LBV sowie in der Codierzeile den Namen und das Geburtsdatum des jeweiligen Kindes auf. In beiden sind zu Z. 1 „Angaben zur Person (Kindesmutter)” unter Z. 2 „Angaben zur Person des Kindes” gemacht. Im Feld zu Z. 3 des Formulars „Weiterleitung von Kindergeld” ist ausgeführt, das LBV habe Kindergeld für „01.01.2011 bis 30.11.2012” (A) bzw. „31.7.2012” (B) nicht an die Klägerin ausgezahlt, sondern an den Vater der Kinder. Die Datumsangaben sind handschriftlich von der Klägerin ergänzt. Weiter heißt es: „Ich bestätige hiermit unwiderruflich, dass dieser das Kindergeld nicht für sich behalten, sondern weitergeleitet hat. Ich sehe daher meinen Anspruch auf Kindergeld für den o.g. Zeitraum als erfüllt an (§ 37 Absatz 2 Abgabenordnung) und verzichte damit auf die Auszahlung von Kindergeld durch die u.g. Familienkasse.” Beide Formulare sind datiert (16.11.2012 bzw. 27.12.2012) und von der Kl...