Entscheidungsstichwort (Thema)
Erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG
Leitsatz (redaktionell)
Für eine im Inland ausschließlich grund- und kapitalverwaltend tätige ausländische Kapitalgesellschaft mit kürzungs-schädlicher Aktivität im Ausland kommt eine erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht in Betracht.
Normenkette
GewStG §§ 2, 9 Nr. 1 S. 2
Nachgehend
BFH (Aktenzeichen XI R 7/24) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in Anspruch nehmen kann.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft in der türkischen Rechtsform einer „Anonim Sirket” mit Sitz in A. Sie ist im Handelsregister A unter der Nr. … eingetragen. Ihr Unternehmensgegenstand ist dort (übersetzt) mit „Tätigkeit im Baugewerbe im In- und Ausland” bezeichnet.
Eine Eintragung der Klägerin im deutschen Handelsregister mit einer inländischen Zweigniederlassung ist nicht feststellbar. Die Klägerin war im Streitjahr jedoch als Alleingesellschafterin an der mit Gesellschaftsvertrag vom 00.00.2015 gegründeten und im Handelsregister des Amtsgerichts B unter HRB … eingetragenen C GmbH mit Sitz in D (nunmehr firmierend als „E GmbH” mit Sitz in B) beteiligt. Deren alleiniger Geschäftsführer, Herr F, war zugleich einzelvertretungsberechtigtes Vorstandsmitglied der Klägerin.
Zum 00.00.2015 erwarb die Klägerin ein Wohn- und Geschäftshaus unter der Adresse Gstraße, D, zu einem Kaufpreis von … €. Ab 00.2015 gab sie beim Finanzamt B Umsatzsteuer-Voranmeldungen ab und machte Vorsteuer geltend. Im 00.2015 führte das Finanzamt B bei der Klägerin eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für den Zeitraum 00.2015 durch. Nach den darin getroffenen Feststellungen plante die Klägerin, das im Erdgeschoss des Objekts Gstraße befindliche, leerstehende Ladenlokal in Zukunft fremd zu vermieten. Im 1. Obergeschoss des Hauses nutzte die Klägerin nach den während der Umsatzsteuer-Sonderprüfung getroffenen Feststellungen Büroräume zu eigenen Zwecken und befanden sich von Herrn F privat genutzte Wohnräume. Herr F war ab 00.2015 unter der Anschrift Gstraße, D, mit seiner alleinigen Wohnung in Deutschland gemeldet. Das Dachgeschoss des Hauses sollte saniert und anschließend mit Büroräumen sowie ggf. Übernachtungsmöglichkeiten für Mitarbeiter aus der Türkei ausgestattet werden. Des Weiteren beabsichtigte die Klägerin zum Zeitpunkt der Umsatzsteuer-Sonderprüfung, eine Produktionshalle nebst Büroräumen auf dem ehemaligen Gelände der Firma H zu errichten. Diese sollte nach Fertigstellung an die C GmbH vermietet werden. Weitere Investitionen in Mietobjekte waren in Planung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bericht des Finanzamtes B vom 00.00.2015 über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung verwiesen.
Im Jahr 2016 erwarb die Klägerin eine weitere Immobilie in der Istraße, J, zu einem Kaufpreis von … € sowie eine Hotelimmobilie in der Kstraße, L, zu einem Kaufpreis von … €. Aufgrund dessen ging die örtliche Zuständigkeit für die Besteuerung der Klägerin auf den Beklagten über (vgl. Aktenvermerk des Finanzamts B vom 00.00.2016), da sich in dessen Bezirk nunmehr der wertvollste Teil ihres Vermögens befand (§ 20 Abs. 3 der Abgabenordnung – AO).
Für das Streitjahr 2015 gab die Klägerin zunächst weder eine Körperschaftsteuer- noch eine Gewerbesteuererklärung ab. Unter dem 00.00.2018 stellte der Beklagte daraufhin eine sie betreffende Anfrage bei der Informationszentrale für steuerliche Auslandsbeziehungen (IZA) des Bundeszentralamts für Steuern. Ferner gab er am 00.00.2018 einen an die Klägerin gerichteten Schätzungsbescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für 2015 frei und erließ ihr gegenüber unter dem 00.00.2018 einen Schätzungsbescheid über Körperschaftsteuer für 2015. Ausgehend von einem zu versteuernden Einkommen bzw. Gewinn aus Gewerbebetrieb i.H.v. … € setzte der Beklagte die Körperschaftsteuer auf … € und den Gewerbesteuermessbetrag auf … € fest. Beide Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO.
Am 00.00.2018 reichte die Klägerin eine Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärung für 2015 nebst Jahresabschluss zum 31.12.2015 beim Beklagten ein. Ihre Geschäftsanschrift gab sie darin jeweils mit „…, A” und die Anschrift ihres gesetzlichen Vertreters F mit Gstraße, D, an. Den Gegenstand ihres Unternehmens bezeichnete sie mit „Baubranche”. Den Gesamtbetrag ihrer Einkünfte bzw. ihren Gewinn aus Gewerbebetrieb deklarierte die Klägerin mit … €. Die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG machte sie in der Gewerbesteuererklärung zunächst nicht geltend. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärungen und den Jahresabschluss der Klägerin für 2015 Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 13.03.2018 übersandte die IZA dem Beklagten in Beantwortung seiner die Klägerin betreffenden Anfrage u.a. einen Handelsregisterauszug (in türkischer Sprache), einen von der Inte...