Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung einer Einlagenrückgewähr. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: VIII R 16/24)
Leitsatz (redaktionell)
Bei vollständiger Übertragung des Vermögens auf den Anteilseigner im Rahmen einer Transmission Universelle du Patrimoine nach französischem Gesellschaftsrecht besteht Anspruch auf Feststellung einer Einlagenrückgewähr.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nrn. 1, 9; KStG §§ 28-29, 27 Abs. 8
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die gesonderte Feststellung einer Einlagenrückgewähr gemäß § 27 Abs. 8 KStG für das Jahr 2018.
Die Klägerin ist eine französische Aktiengesellschaft in Form der société par actions simplifée (SAS) – „vereinfachte Aktiengesellschaft”. Alleiniger Gesellschafter ist ein Sondervermögen (Z-Immobilienfonds), welches durch eine GmbH (früher: Y Kapitalverwaltungsgesellschaft mbh, heute firmierend unter: X Kapitalverwaltungsgesellschaft) verwaltet wird. Anleger des Sondervermögens sind Versicherungen.
Am ….2018 wurde die Auflösung der Klägerin beschlossen. Eine Liquidation wurde nicht durchgeführt, vielmehr fand eine Auflösung durch vollständige Übertragung des Vermögens (Transmission Universelle du Patrimoine) auf den Alleingesellschafter statt.
Am ….2018 beantragte die Klägerin die gesonderte Feststellung einer Einlagenrückgewähr i.H.v. … € für das Jahr 2018. Bei dem Betrag handele es sich um die Summe aus den Einlagen in das Nennkapital i. H. v. … € zzgl. weiterer Einlagen i. H. v. … € zur Gründung der Gesellschaft.
Den Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 21.11.2019 ab. Im Streitfall fehle es an einer Leistung, da das Sondervermögen schlicht Gesamtrechtsnachfolger der Klägerin geworden sei, ohne dass ein Umwandlungsvorgang gegeben sei. Es fehle ein Abfluss und ein Zufluss.
Den hiergegen gerichteten Einspruch vom 20.12.2019 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 02.07.2020 als unbegründet zurück, da die Klägerin nach französischem Gesellschaftsrecht ohne Liquidation unter Übertragung des gesamten Vermögens auf ihren Alleingesellschafter abgewickelt worden sei, ein solcher Fall der Abwicklung durch Gesamtrechtsnachfolge einer Verschmelzung gleiche und daher keine Einlagenrückgewähr im Sinne von § 27 Abs. 1 KStG erbracht worden sei. Da der Anteilseigner der Klägerin ein Sondervermögen sei, welches zivilrechtlich als nicht rechtsfähiges Zweckvermögen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG einzuordnen sei, sei dieser kein verschmelzungsfähiger Rechtsträger im Sinne von § 3 UmwG. Aus diesem Grunde sei der französische Umwandlungsvorgang nicht mit einer Verschmelzung im Sinne des deutschen Umwandlungsgesetzes vergleichbar. Die zivilrechtliche Rechtsfähigkeit sei von der steuerrechtlichen Rechtsfähigkeit zu unterscheiden. Auch ein nicht rechtsfähiges Zweckvermögen unterliege der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht. Steuerrechtlich könne eine Gesamtrechtsnachfolge auch im Verhältnis zu einem nichtrechtsfähigen Sondervermögen eintreten. Bei der Nennkapitalrückzahlung sei Gesellschaftsvermögen im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge auf den Alleingesellschafter übergegangen. Es handele sich jedoch nicht um eine Leistung im Sinne von § 27 Abs. 8 S. 3 KStG, da der im Körperschaftsteuerrecht verwendete Leistungsbegriff die Gewährung eines gesellschaftsrechtlich begründeten Vermögensvorteils beschreibe. Im Streitfall führe das übertragene Nennkapital nicht zu Einkünften im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 9 KStG, sodass es sich auch nicht um eine Leistung im Sinne von § 27 Abs. 8 KStG handeln könne, die einer Freistellung bedürfe. Weiterhin liege bereits kein tatsächlicher Abfluss vor. Ein Abfluss setze eine objektive Entreicherung voraus. Hieran fehle es im Streitfall, da das Vermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergegangen sei und der übertragende Rechtsträger erloschen sei.
Hiergegen richtet sich die Klage vom 30.07.2020. Die Klägerin habe eine Einlagenrückgewähr erbracht, als sie infolge ihrer Auflösung das gesamte Vermögen ausgekehrt habe. § 28 Abs. 2 KStG komme zur Anwendung, wenn eine Körperschaft aufgelöst werde. Ob eine Liquidation durchgeführt werde, sei bedeutungslos. Ebenso sei bedeutungslos, auf welche Weise die Rückzahlung des Nennkapitals erfolge. Eine Sachauskehrung stelle eine solche Rückzahlung dar. Ihre Auflösung erfülle alle Tatbestandsmerkmale von § 28 Abs. 2 KStG.
Darüber hinaus konstituiere die Auskehrung des gesamten Vermögens und insbesondere die Verschmelzung eine Leistung von ihr an ihren Gesellschafter. Dies werde durch § 29 Abs. 1 KStG bestätigt. Die Argumentation des Beklagten sei widersprüchlich. Nach dessen Auffassung handele es sich bei der Transmission Universelle du Patrimoine um eine Verschmelzung. Wäre diese Auffassung richtig, wären sämtliche Voraussetzungen von § 29 Abs. 1 KStG erfüllt. Die Vorschrift setze ausschließlich voraus, dass ein Umwandlungsfall im Sinne von § 1 UmwG vorliege. Dies sei der Fall, weil sie und ihr Gesellschafter Kapitalgesellschaften im Sinne d...