Tatbestand

Der Kläger (Kl) betreibt unter Einsatz nur seiner eigenen Arbeitskraft einen …betrieb. Prozeßbevollmächtigte des Kl ist seine Ehefrau, die als … selbständig tätig ist.

Im Jahr 1994 betrug der Umsatz des Kl zuzüglich der darauf entfallenden Steuer 25.858,00 DM (Umsatzsteuerbescheid 1994 vom 03. September 1996).

Wegen Nichtabgabe der Voranmeldung für die beiden letzten Monate des Streitjahres 1995 setzte der Beklagte (Bekl) die Vorauszahlungen im Wege der Schätzung fest (Bescheide vom 23. Februar 1996). Gleichzeitig mit der Einreichung der Voranmeldungen für diese beiden Monate, die eine Vorauszahlung von ./. 22,20 DM bzw. 1.378,00 DM beinhalteten, beantragte der Kl am 15. März 1996, die für 1995 noch „verbleibenden Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbeträge auf 0,00 DM herabzusetzen”. Seinen – von ihm als Einspruch bezeichneten – Herabsetzungsantrag begründete er unter Bezugnahme auf die Erläuterungen von Stadie in Rau/Dürrwächter, UStG, 7. Auflage, § 19 Anm. 14 ff, zur Frage der Verfassungswidrigkeit der Besteuerung der Kleinunternehmer nach § 19 UStG 1993 mit dem Gebot der Gewährung eines Steuerabzugsbetrages, für den die Obergrenze sachgerechterweise bei 80.000,00 DM bis 100.000,00 DM liegen müßte. Stadie vertritt die Auffassung, daß die sich aus § 19 Abs. 1 UStG 1993 ergebende Steuerbefreiung gegenüber den Unternehmen der gleichen Branche, deren Umsatz die Grenze von 25.000,00 DM nicht wesentlich überschreite, einen Wettbewerbsvorteil bewirke, der einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) darstelle. Diese Benachteiligung sei derart erheblich, daß sie sich nicht mit Gründen der Verwaltungsvereinfachung rechtfertigen lasse. Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Beschluß vom 19. März 1974 – 1 BvR 416, 767, 779/68 – (BStBl II 1974, 273) ausgeführt, daß der übergangslose Wechsel von der damaligen Bruttoumsatzversteuerung mit 4 v. H. gem. § 19 Abs. 1 UStG 1967/73 zur Regelbesteuerung bei einem Gesamtumsatz von mehr als 60.000,00 DM zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen im Grenzbereich führe, die auf Dauer nicht in Kauf genommen werden könnten. Diese Wertung treffe auch auf die jetzige Regelung zu. Die Wiedereinführung des Steuerabzugsbetrages sei deshalb die einzige sachgerechte Lösung und mithin Voraussetzung einer verfassungskonformen Kleinunternehmerbesteuerung. Daran ändere auch nichts, daß das Bundesverfassungsgericht durch Beschluß vom 16. Dezember 1993 – 2 BvR 2635/93 (UVR 1994, 85) wegen der Aufhebung des § 19 Abs. 3 UStG a. F. durch das Steuerreformgesetz 1990 eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen habe, da es sich mit der „hier” aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Problematik nicht habe befassen müssen.

Im übrigen trug der Kl vor, angesichts der Höhe seines Jahresumsatzes liege es auf der Hand, daß er die „formal” in Betracht kommenden Steuerbeträge nicht ohne Eingriff in die Substanz aufbringen könne. Hier gelte folglich das in dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 19. März 1974 Gesagte über das Erfordernis einer sozialpolitisch erforderlichen Steuervergünstigung für Dienstleistungsbetriebe mit ihrer hohen Wertschöpfung, so wie es in seinem Betrieb der Fall sei.

Des weiteren vertrat der Kl die Ansicht, daß im Hinblick auf den Jahresumsatz 1995 i. H. von 43.050,00 DM sowie der darauf entfallenden Steuer i. H. von 4.398,70 DM die von ihm begehrte Herabsetzung auf 0,00 DM unter Berücksichtigung der stattgefundenen Geldentwertung gerechtfertigt sei, da sein Jahresumsatz „bestenfalls einem Umsatz von ca. 25.000,00 DM des früheren Schonungsrahmens” entspreche.

In seiner ablehnenden Einspruchsentscheidung (6. September 1996) stellte der Bekl fest, daß im Hinblick auf die Höhe des Vorjahresumsatzes die Regelung des § 19 Abs. 1 UStG 1993 für das Streitjahr nicht zur Anwendung kommen könne. Des weiteren führte er aus, daß die vom Kl geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken irrelevant seien, und verwies auf den BFH-Beschluß vom 28. September 1993 V B 90/93 (BFH/NV 1994, 206), wonach die Vorschrift des § 19 UStG nicht die Existenzsicherung des Kleinunternehmers bezwecke.

Neben der vorliegenden Klage, mit der der Kl sein Ziel weiterverfolgt, auf der Grundlage des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 19. März 1974 – 1 BvR 416, 767, 779/68 (a. a. O.) seine – des Kl – Existenzfähigkeit vor dem „verfassungwidrigen” umsatzsteuerlichen Zugriff des Staates zu retten, und eine Vorlage gem. Art. 100 Abs. 1 GG begehrt, hatte der KL einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide beim FG gestellt, der beim erkennenden Senat unter dem Az: 12 V 6080/96 anhängig war. Da der erkennende Senat die verfassungsrechtlichen Bedenken des Kl gegen die Vorschrift des § 19 UStG nicht teilte, hatte er den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung mit Beschluß vom 19. März 1997 abgewiesen; die (gleichwohl) zugelassene Beschwerde hatte keinen Erfolg (BFH-Beschluß vom 31. August 1999 – V B 53/97) – wegen der Einzelheiten wird auf die beiden Beschlüsse Be...

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