Entscheidungsstichwort (Thema)
Antragsfrist des § 27 Abs. 8 Satz 4 KStG verstößt nicht gegen Europarecht
Leitsatz (redaktionell)
Die Antragsfrist gemäß § 27 Abs. 8 Satz 4 KStG zur Feststellung einer Einlagenrückgewähr durch eine Körperschaft oder Personenvereinigung, die in einem anderen Mitgliedstaat der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt, verstößt weder gegen Europarecht noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.
Normenkette
AEUV Art. 63; GG Art. 3 Abs. 1; KStG § 27 Abs. 8 S. 4
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob für die Klägerin eine Einlagenrückgewähr im Sinne von § 27 Abs. 8 KStG für das Jahr 2014 gesondert festzustellen ist.
Am 15.02.2016 stellte die Klägerin einen Antrag auf gesonderte Feststellung der Einlagenrückgewähr für den Veranlagungszeitraum 2014 i.H.v. … €. Zugleich stellte sie einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Im Hinblick auf die Verfristung trug sie vor, dass die Prozessbevollmächtigte am 02.06.2015 den Auftrag zur Erstellung des Antrags auf Feststellung der Einlagenrückgewähr schriftlich erhalten habe, die für die Bearbeitung der Eingangspost zuständige Frau A die Fristenrelevanz jedoch nicht erkannt habe. Die Prozessbevollmächtigte legte Auszüge aus dem Handbuch für den Unternehmensbereich Steuern vor. Des Weiteren verwies sie auf eine Büroanweisung für den Fachbereich Internationales Steuerrecht. Dort sei geregelt, dass fristbehaftete Vorgänge im DATEV-Fristenerfassungsprogramm erfasst werden müssten. Die gesamte Eingangspost werde in der Praxis von Frau A auf fristenrelevante Vorgänge geprüft und sodann erforderlichenfalls in dem DATEV-Programm erfasst. Anschließend werde die Erfassung durch einen Berufsträger auf ihre Richtigkeit hin überprüft. Der eingegangene Auftrag sei von Frau A und der zu diesem Zeitpunkt dem Fachbereich zugeordneten Auszubildenden Frau B bearbeitet worden. In diesem Zusammenhang sei die Fristenrelevanz des Auftrags nicht erkannt worden, sodass auch keine Erfassung im DATEV-Programm erfolgt sei. Nach Unterrichtung des zuständigen Fachmitarbeiters über den Rücklauf des Auftragsangebots sei eine Ablage im Sekretariat erfolgt. Frau A sei seit 2010 für die Prozessbevollmächtigte tätig und seit 2014 im Sekretariat des Fachbereichs Internationales Steuerrecht unter anderem für die Fristenkontrolle zuständig. Diese Tätigkeit sei stets fehlerfrei ausgeübt worden. Die Überprüfung der Fristenerfassungen durch den zuständigen Berufsträger habe zu keinerlei Beanstandungen geführt. Folglich könne der Fehler von Frau A aufgrund ihrer sehr zuverlässigen Arbeitsweise der Prozessbevollmächtigten nicht zugerechnet werden. Es liege auch kein Organisationsverschulden vor, da die Organisationsabläufe grundsätzlich geeignet sein, Fehler bei der Fristenerfassung zu vermeiden. Der Fehler sei erst am 22.1.2016 durch Nachfrage eines Gesellschafters aufgefallen.
Mit Bescheid vom 31.05.2016 lehnte der Beklagte die Feststellung der Einlagenrückgewähr ab. Er verwies auf den Fristablauf für den Veranlagungszeitraum 2014 am 31.12.2015. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand käme nicht in Betracht, da Irrtümer über das Wesen einer Ausschlussfrist oder über das materielle Recht keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begründen könne. Die Unkenntnis über die Rechtsvorschrift des § 27 Abs. 8 KStG sei als Irrtum über materielles Recht zu werten. Wer mit einschlägigen Rechtsvorschriften nicht vertraut sei, müsse sich erkundigen, anderenfalls treffe ihn an der Rechtsunkenntnis grundsätzlich ein Verschulden. Frau A sei eine Erfüllungsgehilfin des zuständigen Beraters. Dass ihr Handeln nicht hinreichend überwacht worden sei und Frau A ihrerseits die notwendigen rechtlichen Informationen nicht eingeholt habe, stelle einen Organisationsmangel dar.
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit einem Einspruch vom 21.06.2016. Im Hinblick auf die Tätigkeit von Frau A hätte kein Anlass für besondere Überwachungsmaßnahmen bestanden, da sie eine erfahrene Angestellte gewesen sei und stets fehlerfrei gearbeitet habe. Die Frist des § 27 Abs. 8 KStG sei ihr bekannt gewesen, da vergleichbare Sachverhalte im Bereich Internationales Steuerrecht bei der Prozessbevollmächtigten häufiger vorkämen. Frau A habe letztlich die Fristenrelevanz nur übersehen. Darüber hinaus stehe Frau A ein zuständiger Berufsträger für Rückfragen zur Verfügung. Im Streitfall habe es lediglich ein unbeachtliches Büroversehen gegeben und keinen Organisationsmangel. Im Dezember 2015 seien die Unterlagen durch die Steuerassistentin Frau C gesichtet und fehlende Unterlagen durch den Steuerberater Herrn D bei der Klägerin angefordert worden.
Im Übrigen sei die Antragsfrist unionsrechtswidrig.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 21.02.2018 als unbegründet zurück. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht zu gewähren. Obwohl der Auftrag nicht wie vorgesehen im DATEV-Programm eingetragen worden sei, sei der fristbehaftete Vorgang vor Ablauf der Frist an den zuständigen Steu...