Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten für Besuchsfahrten
Leitsatz (redaktionell)
Aufwendungen erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Sie sind außergewöhnlich, wenn sie ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die typischen Vorgänge der Lebensführung und damit verbundene Aufwendungen sind aus dem Anwendungsbereich des § 33 ausgeschlossen. Aufwendungen wie Fahrtkosten, die durch den persönlichen Umgang des Steuerpflichtigen mit seinen Kindern entstanden sind, sind daher nicht als außergewöhnlich anzusehen, da sie durch den Grundfreibetrag des § 32a Abs. 1 Nr. 1 EStG sowie durch die Regelungen des Kinderlastenausgleichs in typisierender Weise abgegolten sind.
Normenkette
EStG § 32a Abs. 1 Nr. 1, § 32 Abs. 6, § 33 Abs. 1
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Kosten des Klägers für Besuchsfahrten zu den bei der geschiedenen Ehefrau lebenden Kindern im Streitjahr 2003 als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind oder ob sie mit dem allgemeinen Kinderlastenausgleich abgegolten werden.
Der Kläger ist seit dem … 2002 geschieden. Aus der geschiedenen Ehe des Klägers stammen die beiden Kinder …, geboren 1992, und…, geboren 1995. Die Kinder leben bei der Mutter in …
Die einfache Entfernung zwischen der Wohnung des Klägers in … und dem Wohnort der Kinder bei der Mutter beträgt 123 km. Im Streitjahr 2003 fanden 13 Besuchswochenenden statt. An diesen Besuchswochenenden fuhr der Kläger von … nach …, holte die Kinder ab und fuhr sofort wieder nach … zurück, um mit den Kindern das Wochenende zu verbringen. Am Ende des Wochenendes fuhr der Kläger erneut nach … und zurück nach …, um seine Kinder wieder zu ihrer Mutter zu bringen.
Die dem Kläger durch die Ausübung des Besuchsrechts im Streitjahr 2003 entstandenen Aufwendungen belaufen sich auf insgesamt 1.918,80 EUR. Sie setzen sich wie folgt zusammen:
123 km × 4 Fahrten × 0,30 EUR × 13 Wochenenden = 1.918,80 EUR.
In seiner Einkommensteuererklärung für 2003 machte der Kläger die Aufwendungen für die Besuchsfahrten (i.H.v. 1.279 EUR = 246 km × 0,40 EUR × 13) als außergewöhnliche Belastungen geltend.
Im Einkommensteuerbescheid 2003 vom … 2005 berücksichtigte der Beklagte diese Kosten nicht. Im Übrigen wurden – aus hier nicht interessierenden Gründen – außergewöhnlichen Belastungen i.H.v. 1.649 EUR angesetzt, die – nach Abzug der zumutbaren Eigenbelastung i.H.v. 1.074 EUR (35.815 EUR × 3 %) i.H.v. 575 EUR den Gesamtbetrag der Einkünfte minderten.
Gegen den Einkommensteuerbescheid 2003 legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom … 2006 als unbegründet zurückgewiesen wurde.
Sodann erhob der Kläger fristgerecht Klage.
Der Kläger trägt vor, dass die Aufwendungen zur Ausübung des Besuchsrechts des nicht sorgeberechtigten Elternteils nach § 1634 BGB als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen seien. Die Aufwendungen seien zwangsläufig i.S.d. § 33 EStG entstanden. Der BFH habe die Frage nach der Berücksichtigungsfähigkeit solcher Aufwendungen im Urteil vom 24. Juni 2004 ausdrücklich offen gelassen (III R 141/95, BFH/NV 2004, 1635).
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 2003 vom … 2005 – unter Aufhebung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung – dahingehend zu ändern, dass weitere außergewöhnliche Belastungen i.H.v. 1.918,80 EUR berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, dass die Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen seien. Denn sie seien bereits durch die Regelungen des Kinderlastenausgleichs abgegolten. In diesem Zusammenhang verweist der Beklagte auf das Urteil des BFH vom 28. März 1996 (III R 208/94, BStBl II 1997, 54)
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Einkommensteuerbescheid 2003 vom … 2005 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Aufwendungen für die Besuchsfahrten stellen keine außergewöhnlichen Belastungen i.S.d. § 33 EStG dar.
I. Gem. § 33 Abs. 1 EStG wird, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen, auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird. Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen nach Maßgabe des § 33 Abs. 2 EStG zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Sie sind außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die typischen Vorgänge der Lebensführung und der dam...