Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermietungsobjekt als erste Tätigkeitsstätte bei VuV
Leitsatz (redaktionell)
1) Für die Frage der ersten Tätigkeitsstätte im Rahmen der Einkünfte aus VuV steht dem Vermieter kein Bestimmungsrecht zu.
2) Für die Beurteilung der ersten Tätigkeitsstätte bei VuV sind die quantitativen Elemente des § 9 Abs. 4 Satz 4 Nr. 1 und Nr. 2 EStG maßgeblich.
3) Eine erste Tätigkeitsstätte liegt dort vor, wo der Vermieter mind. 1/3 seiner Tätigkeiten ausübt.
4) Fahrtkosten zwischen zwei ersten Tätigkeitsstätten sowie Beschaffungsfahrten sind mit den tatsächlichen Kosten anzusetzen.
Normenkette
EStG §§ 21, 9
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigung von Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Der Kläger ist Eigentümer der Mehrfamilienhäuser A-Straße in X und B-Straße in Y (Gemeinde X), eines Zweifamilienhauses C-Straße in Z sowie einer Eigentumswohnung D-Straße in Z. Daneben ist er an der Realgemeinschaft X beteiligt, aus der er Einkünfte aus Land und Forstwirtschaft bezieht. Letztere werden beim Finanzamt T unter der Steuernummer 20/241/20428 gesondert und einheitlich festgestellt. Seit 1997 ist der Kläger in Z nichtselbständig tätig. Das Objekt A-Straße enthält insgesamt fünf Wohneinheiten (EG: 100 m², OG: 45 m² und 53 m², DG: 35 m² und 35 m² = insgesamt 268 m²). In den Streitjahren nutzte der Kläger die im Erdgeschoss des Objekts A-Straße gelegene Wohnung zu eigenen Wohnzwecken und lagerte dort daneben von Mietern hinterlassene Sachen sowie Werkzeug. Das Objekt B-Straße ist in vier Wohneinheiten unterteilt. Das Zweifamilienhaus C-Straße weist eine selbstgenutzte Wohneinheit im Erdgeschoss (86 m²), einen als Arbeitszimmer genutzten Raum im Untergeschoss (20 m²) sowie eine fremdvermietete Wohneinheit im Obergeschoss (83 m²) auf.
Nach einer Google-Maps-Abfrage vom 17.02.2020 beträgt die kürzeste und zugleich verkehrsgünstigste Entfernung von der Wohnung des Klägers zur C-Straße in X 320 km und zum B-Straße in Y 315 km. Die Entfernung zwischen den beiden Objekten beträgt 4 km.
Mit seiner Einkommensteuererklärung 2015 machte der Kläger Fahrtkosten für 21 Wochenendfahrten nach X, insgesamt 14.776 km mit einem Kilometersatz von 0,42 € je gefahrenen Kilometer (insgesamt 6.206 €) geltend und ordnete diese mit 45 % dem Objekt B-Straße, mit 50 % dem Objekt A-Straße sowie mit 5 % den Einkünften aus Land und Forstwirtschaft zu. Für Besorgungsfahrten machte der Kläger 1.476 km mit 0,42 € je gefahrenen Kilometer (insgesamt 620 €) geltend, die er mit 58 % auf das Objekt B-Straße, mit 40 % auf das Objekt A-Straße sowie mit je einem Prozent auf die Objekte in Z verteilte. Den Kilometersatz von 0,42 € ermittelte der Kläger vor 2010 anhand eines Vergleichszeitraums von drei Monaten. Der Kläger nutzte in den Streitjahren ein Dieselfahrzeug, das im Oktober 2011 erstmals zum Verkehr zugelassen wurde. Der Kläger erwarb das Fahrzeug im November 2012 zum Kaufpreis von 20.000 €. Daneben machte der Kläger Verpflegungsmehraufwendungen i.H.v. 768 € sowie 800 € Übernachtungskosten (40 Pauschalen zu je 20 €) geltend und verteilte diese mit 45 % auf das Objekt B-Straße, mit 50 % auf das Objekt A-Straße sowie mit 5 % auf die Einkünfte aus Land und Forstwirtschaft.
Die beim Objekt A-Straße geltend gemachten Nebenkosten von 3.435 € reduzierte der Kläger um 17 % auf 2.851 €. Der Prozentsatz von 17 % resultiert aus früheren Klageverfahren und war die tatsächliche Verständigung eines Privatanteils.
Beim Objekt C-Straße erklärte der Kläger für die selbstgenutzte Wohneinheit einen Privatanteil von 45,5 % bei den Aufwendungen für AfA (4.706 €), Erhaltungsaufwendungen (5 €) und Nebenkosten (3.077 €). Bei der Ermittlung des Prozentsatzes ordnete der Kläger den als Arbeitszimmer genutzten Raum (20 m²) dem vermieteten Teil zu (86 m² eigene Wohnzwecke: 103 m² (20 m² Arbeitszimmer + 83 m² fremdvermietet) = 45,5 %: 54,5 %).
Mit Einkommensteuerbescheid 2015 vom 06.12.2016 erhöhte der Beklagte beim Objekt C-Straße den Privatanteil auf 56 % und reduzierte die geltend gemachten Werbungskosten um 816 €. Daneben ließ der Beklagte die geltend gemachten pauschalen Übernachtungskosten sowie Verpflegungsmehraufwendungen nicht zum Abzug zu. Die geltend gemachten Fahrtkosten reduzierte der Beklagte von 6.206 € auf 1.330 €. Hierbei halbierte er die gefahrenen Kilometer von 14.776 auf 7.388 Entfernungskilometer, multiplizierte diese mit der Entfernungspauschale von 0,30 € und reduzierte den sich so ergebenden Betrag von 2.216 € um einen Privatanteil von 40 % auf 1.330 €.
Die im Rahmen der Einkünfte aus Land und Forstwirtschaft geltend gemachten anteiligen Reisekosten erkannte der Beklagte i.H.v. 349 € mit der Begründung nicht an, dass diese im Rahmen des Feststellungsverfahrens zu berücksichtigen seien.
Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Diesen begründete er damit, dass die Kosten für das Arbeitszimmer Werbungskosten seien und eine Reduzierung der Fahrtkosten auf die Entfernungspauschale nicht möglich sei, da X ni...