Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschaffen der Visabestätigung als Besorgungsleistung
Leitsatz (redaktionell)
1) Beim Beschaffen der Visabestätigung handelt es sich um eine Besorgungsleistung (Leistungseinkauf) gem. § 3 Abs. 11 UStG.
2) Die Besorgungsleistung ist nicht steuerbar, wenn die besorgte Leistung von einem Referenzunternehmen in Russland (Drittlandsgebiet) bewirkt wird und damit nicht steuerbar ist.
Normenkette
UStG §§ 25, 3 Abs. 11
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin betrieb in den Streitjahren in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts einen sogenannten Konsularservice. Gesellschafter waren zu je 50 v. H. die Herren T und E. Unternehmensgegenstand war neben der Vermittlung von Flügen die Beschaffung von Einreisedokumenten für Reisen in die Länder der „Gemeinschaft Unabhängiger Staaten” (GUS). Kunden der Klägerin waren sowohl Privatpersonen als auch Reisebüros, die für ihre Kunden die Dienste der Klägerin in Anspruch nahmen. Diese gestalteten sich wie folgt:
Beauftragte ein Kunde die Klägerin mit der Beschaffung eines Visums, so übersandte ihm die Klägerin ein Antragsformular und ein Informationsblatt der Botschaft des Reiselandes über die Einreisebestimmungen und forderte ihn gleichzeitig zur Zahlung der anfallenden Gebühren und Vergütungen mittels eines beigefügten Überweisungsträgers auf. Das ausgefüllte Antragsformular reichte der Kunde unter Beifügung der erforderlichen Reisedokumente (Reisepass usw.) und des Zahlungsnachweises an die Klägerin zurück, die sodann die Unterlagen an die Behörden des Reiselandes weiterleitete.
Nach den im wesentlichen gleichartigen Reisebestimmungen der GUS-Staaten war für die Erteilung eines Touristenvisums die Vorlage einer Reisebestätigung (Voucher) erforderlich, die von einigen großen Reisebüros und Hotels – sogenannten Referenzunternehmen – der Reiseländer ausgestellt wurden. Mit diesen Unternehmen stand die Klägerin in vertraglichen Beziehungen, für Reisen in die Russische Föderation mit der „U”. Für die Ausstellung des Visums erhob das Konsulat eine Gebühr, die in den Streitjahren für ein Touristenvisum für Rußland 55,– DM betrug. Das Referenzunternehmen berechnete für die Visabestätigung ein Entgelt von 35,– DM, mit dem die Klägerin ihre Kunden belastete, während ihre eigenen Dienste mit 40,– DM (Beschaffung des Visums) bzw. 20,– DM (Beschaffung der Visabestätigung) abgegolten wurden, so daß der Kunde insgesamt 150,– DM zu zahlen hatte. Allein das staatlich genehmigte Referenzunternehmen durfte die Bereithaltung der erforderlichen Betreuungsleistungen vor Ort gewähren. Es stand hierfür durch die Angabe seiner Referenznummer im Voucher des Reisenden ein. Bei den Betreuungsleistungen handelte es sich insbesondere um Aufgaben, die das Referenzunternehmen übernehmen mußte, wenn ein Reisender vor Ort Probleme bekam, z.B. aufgrund von Krankheiten. Wegen der Art der von dem Referenzunternehmen erbrachten Leistungen wird beispielhaft auf das Schreiben der Firma U an die Firma T und E GmbH (Blatt 80 f. der Gerichtsakte) Bezug genommen.
In ihren Umsatzsteuervoranmeldungen und Jahreserklärungen 1995 und 1996 behandelte die Klägerin die Konsulargebühren als durchlaufende Posten, während sie das auf die Visabestätigungen entfallende Entgelt in Höhe der an die Referenzunternehmen gezahlten Vergütung als steuerfreie Reisevorleistungen im Sinne des § 25 Abs. 2 Satz 1 UStG ansah und nur ihre eigene Vergütung der Umsatzsteuer unterwarf.
Der Beklagte rechnete hingegen beide Positionen der Bemessungsgrundlage hinzu.
Dem Einspruch gegen die auf dieser Grundlage erlassenen Umsatzsteuerbescheide vom 31.03.1998 half der Beklagte bezüglich der Konsulargebühren ab. Im übrigen vertrat er die Auffassung, daß die Beibringung der Visabestätigung Teil der einheitlichen Leistung „Beschaffung eines Touristenvisums” sei mit der Folge, daß das gesamte dafür vereinnahmte Entgelt zur Bemessungsgrundlage gehöre. Auch soweit die Klägerin mit dem Einspruch erstmals geltend gemacht hatte, daß es sich bei der Vermittlung von Flugreisen um steuerfreie Leistungen gehandelt habe, wies er den Rechtsbehelf als unbegründet zurück, weil die Klägerin die offen ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 3 UStG schulde. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 9.8.2000 Bezug genommen.
Mit der Klage trägt die Klägerin vor:
Der Begriff „Visa-Bestätigung” gebe den Inhalt der damit verbundenen Leistungen nur unzureichend wieder. Neben der Anmeldung der Touristen bei den Behörden bestehe die wesentliche Aufgabe des Referenzunternehmens darin, als Ansprechpartner bei der Lösung auftretender Probleme im Reiseland zu dienen und dem Reisenden weiterzuhelfen. Die ausländischen Behörden wollten durch diese Bestimmung sicherstellen, dass Reisende mit ihren Anliegen, Anfragen und Probleme nicht stattliche Stellen, sondern ausgewählte Spezialisten „belästigen”. Da das Reisen in den ehemaligen Staaten der GUS nicht mit dem in Europa vergleichbar...