Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung eines Gesellschafterdarlehns als Auflösungsverlust nach § 17 Abs. 4 EStG
Leitsatz (redaktionell)
Für die Frage, ob ein Gesellschafterdarlehen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist und sein Ausfall zu nachträglichen Anschaffungskosten i. S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG führt, ist auch nach Außerkrafttreten des § 32a Abs. 1 a.F. GmbHG die Definition der "Krise der Gesellschaft" weiter nach den Maßstäben des § 32a Abs. 1 a.F. GmbHG zu beurteilen.
Normenkette
GmbHG a.F. § 32a; EStG § 17
Tatbestand
Streitig ist, in welcher Höhe im Streitjahr (2009) im Rahmen des Auflösungsverlusts nach § 17 Abs. 4 Satz 1 EStG ein Gesellschafterdarlehen zu berücksichtigen ist.
Der Kläger betrieb ein Gewerbe als Immobilien- und Hausverwalter. 1999 gründete er als alleiniger Gesellschafter die A GmbH in E mit einem Stammkapital von 25.000 EUR. Gegenstand war der Erwerb von Grundstücken zum Zweck der Bebauung oder Sanierung und anschließender Veräußerung. Der Kläger wurde zum alleinigen Geschäftsführer bestellt und vom Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) befreit. Er erhielt ein Monatsgehalt von umgerechnet 7.158 EUR (=14.000 DM) und jeweils ein weiteres Monatsgehalt als Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Weitere Arbeitnehmer gab es nicht. Die GmbH führte im Wesentlichen zwei große Bauprojekte durch.
Das erste Projekt war Wohn- und Geschäftshaus B-Straße … in E. Es handelte sich um ein sanierungsbedürftiges und kriegsbeschädigtes Altbauobjekt, das die GmbH wieder aufbauen, modernisieren und teilweise umbauen wollte. In 2000 erwarb sie das Grundstück und teilte es in zwölf Wohnungseigentums- bzw. Teileigentumseinheiten auf. Diese bot sie schon vor Beginn der Bauarbeiten zum Ankauf und zur Herstellung an. Den Ankauf des Grundstücks und die Bauarbeiten finanzierte die E-Bank mit Darlehen, die durch Grundschulden auf den erworbenen Grundstücken gesichert wurden. In 2002 verkaufte die GmbH alle Einheiten für zusammen 2,71 Mio. EUR. Hierdurch konnte sie das Darlehen der E-Bank zurückzahlen. Der Jahresüberschuss von rund 109.000 EUR in 2002 reichte indessen nicht aus, um die Verluste aus den Vorjahren – zusammen umgerechnet 150.000 EUR – zu decken. In allen drei Jahresabschlüssen überstiegen die Verbindlichkeiten das Aktivvermögen, so dass die GmbH nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbeträge ausweisen musste. Der bei der Aufstellung der Bilanzen mitwirkende Steuerberater M aus E machte den Kläger als Geschäftsführer stets darauf aufmerksam, dass die GmbH nach Buchwerten überschuldet sei und er prüfen müsse, ob dies durch Aufdeckung stiller Reserven beseitigt werde. Der Kläger erklärte darauf als Gesellschafter gegenüber der GmbH, dass er diese bei einer dauerhaften Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit von Verbindlichkeiten in Höhe des Fehlbetrags freistellen werde. Mit Wirkung ab 2002 wurde das Gehalt des Klägers aufgrund einer Vereinbarung mit der GmbH wegen Rückgangs der Bautätigkeit auf 1.600 EUR monatlich reduziert sowie sein Urlaubs- und Weihnachtsgeld gestrichen.
Im Jahr 2000 hatte die GmbH noch ein weiteres Grundstück gekauft, nämlich in Kamen-Methler. Sie wollte dort ein Vierfamilienhaus errichten. Als Anzahlung leistete sie umgerechnet rund 49.000 EUR. Zum Vollzug des Kaufvertrags kam es jedoch nicht mehr.
Das zweite Projekt der GmbH begann im Herbst 2003 mit dem Erwerb des Grundstücks O-Straße … in E für rund 1 Mio. EUR. Dort sollte ein Mehrfamilienhaus mit fünf Wohnungen – unter anderem eine luxuriöse Penthousewohnung – und eine Tiefgarage errichtet werden. Die GmbH kalkulierte einen Verkaufspreis von rund 3 Mio. EUR. Die Finanzierung übernahm erneut die E-Bank. Zur Sicherung wurde eine Grundschuld über 1,757 Mio. EUR bestellt. Die Durchführung dieses Bauvorhabens verlief schleppend und zog sich durch Streitigkeiten mit Nachbarn, der Bauaufsichtsbehörde und den Bauhandwerkern bis zum Streitjahr hin. Die GmbH konnte während der ersten Jahre keine der geplanten und im Bau befindlichen Wohnungen veräußern. Der Kläger stimmte deshalb intern einer weiteren Reduzierung seines Geschäftsführergehalts auf 500 EUR zu.
Unter dem 01.01.2004 vereinbarte der Kläger mit der GmbH, dass sich die GmbH und er wechselseitig Darlehen in Form eines Kontokorrents (§ 355 HGB) gewähren. Ausdrücklich erwähnt wurden Zahlungen, die der Gesellschafter für die Durchführung von Baumaßnahmen leistet. Der Saldo sollte mit 5% und ab 01.01.2006 mit 2,5 % verzinst werden, wobei die Zinsen dem Saldo hinzuzurechnen waren. Der Vertrag wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen und konnte mit einer Frist von 14 Tagen schriftlich gekündigt werden. Das dafür eingerichtete Verrechnungskonto (Nr. 2) wies Anfang 2004 noch eine Forderung gegen den Kläger aus. Erstmals am 29.10.2004 entstand durch eine Zahlung des Klägers auf dem Konto ein Saldo zu seinen Gunsten in Höhe von 13.997 EUR. Der Kläger zahlte seither regelmäßig Beträge in unterschiedlicher Höhe aus seinem Privatvermögen auf das Girokonto der GmbH bei der E-Bank ei...