Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der erweitert unbeschränkten Steuerpflicht gem. § 1 Abs. 3 EStG
Leitsatz (redaktionell)
1) Voraussetzung der Behandlung eines im Ausland wohnenden Steuerpflichtigen als erweitert unbeschränkt steuerpflichtig gemäß § 1 Abs. 3 EStG ist, dass die inländischen Einkünfte im Sinne des § 49 EStG mindestens zu 90 v.H. der deutschen Einkommensteuer unterliegen und dass die übrigen Einkünfte in 1998 nicht mehr als 12.000 DM betragen. Die Höhe der Einkünfte ist nicht nach ausländischem, sondern nach deutschem Steuerrecht zu ermitteln.
2) Eine Bindung der deutschen Finanzbehörden an die Bescheinigung der ausländischen Steuerbehörden tritt nicht ein, auch wenn die dortigen Beträge bei schwieriger Ermittlung von den deutschen Finanzbehörden übernommen werden können.
3) § 1 Abs. 3 EStG verstößt nicht gegen europäisches Gemeinschaftsrecht.
Normenkette
EStG § 1 Abs. 3
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin nach § 1 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1997 (EStG) als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt werden kann.
Die Klägerin lebt seit … von ihrem – inzwischen von ihr geschiedenen – Ehemann getrennt. Ihren Wohnsitz hat sie zusammenm mit ihren beiden minderjährigen Kindern seit … in C.. Sie erzielt als … und … Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Deutschland. Ihr in Deutschland wohnhafter früherer Ehemann zahlte im Streitjahr – ausweislich der Anlage U – Unterhalt in Höhe von … DM an die Klägerin.
Nachdem die Klägerin ihrer Verpflichtung zur Abgabe der Einkommensteuer-Erklärung nicht nachgekommen war, führte der Beklagte die Veranlagung für das Jahr 1998 unter Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 der Abgabenordnung 1977 (AO) mit Einkommensteuerbescheid vom … durch. Er ging hierbei von der beschränkten Einkommensteuerpflicht der Klägerin aus. Die festgesetzte Einkommensteuer belief sich – ausgehend von einem geschätzten Gewinn von … DM – auf … DM.
Den hiergegen eingelegten Einspruch vom … begründete die Klägerin durch Vorlage der Einkommensteuer-Erklärung, nach der sie einen Gewinn aus selbständiger Tätigkeit von … DM erzielt hatte. In der nachgereichten Bescheinigung EU/EWR vom … bestätigte die … Steuerbehörde, dass die Klägerin 1998 in C. der Besteuerung unterliegende Einkünfte in Gestalt von „Unterhalt-Brutto …” (= … DM bei Umrechung … = … DM) bezogen habe.
Auf den Hinweis des Beklagten, dass die an die Klägerin geleisteten Unterhaltszahlungen keine inländischen Einkünfte im Sinne des § 49 EStG, sondern ausländische Einkünfte darstellten, die nach deutschem Steuerrecht zu ermitteln seien und eine Veranlagung nach § 1 Abs. 3 EStG nicht erfolgen könne, da deren Höhe über der in dieser Vorschrift angegebenen absoluten Begrenzung der ausländischen Einkünfte von 12.000,00 DM liege, verwies die Klägerin darauf, dass von ihrer steuerlichen Beraterin versehentlich der Betrag aus der Anlage U in die Bescheinigung EU/EWR übernommen worden sei. Die unveränderte Übernahme dieses Betrages sei nicht korrekt gewesen, da die Bescheinigung Auskunft über „Einkünfte, die im Ansässigkeitsstaat der Besteuerung unterliegen” erteilen solle. Dies sei – wie dem vorgelegten … Steuerbescheid entnommen werden könne – nur in Höhe von 80 v. H., also von … der Fall. Die Klägerin legte zur Bestätigung eine neue Bescheingung EU/EWR der … Steuerbehörden vom … vor, in der die Unterhaltsleistungen in der vorgenannten Höhe ausgewiesen sind.
In dem … Steuerbescheid 1998 erfolgten u. a. steuerliche Abzüge im Hinblick auf die beiden Kinder der Klägerin.
Nach Hinweis auf die Möglichkeit einer verbösernden Entscheidung erhöhte der Beklagte die Einkommensteuer 1998 mit Einspruchsentscheidung vom … auf … DM. Zur Begründung führte er aus, dass eine Veranlagung nach den Grundsätzen der erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG nicht in Betracht komme. Die Klägerin sei nach den Grundsätzen der beschränkten Steuerpflicht (§§ 1 Abs. 4, 49 ff. EStG) zu veranlagen.
Gemäß § 1 Abs. 3 EStG würden auf Antrag auch natürliche Personen als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt hätten, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 EStG bezögen. Dies gelte nur, wenn der überwiegende Teil der Einkünfte (mindestens 90 %) der deutschen Einkommensteuer unterliege oder der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegende Teil der Einkünfte nicht mehr als 12.000,00 DM im Kalenderjahr betrage. Weitere Voraussetzung sei, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen werde. Bei der Prüfung der Einkommensgrenzen seien die nicht der deutschen Besteuerung unterliegenden Einkünfte sowohl hinsichtlich der relativen als auch der absoluten Grenze grundsätzlich nach deutschem Steuerrecht zu ermitteln. Nur in Einzelfällen könne aus Vereinfachungsgründen die in de...