Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldanspruch nach dem Deutsch-Tunesischen Abkommen über Kindergeld
Leitsatz (redaktionell)
Einem tunesischen Staatsangehörigen steht kein Kindergeld nach Art. 7 Abs. 1 des Deutsch-Tunesischen Abkommens über Kindergeld zu, wenn er lediglich Arbeitslosenhilfe bezieht.
Normenkette
Deutsch-Tunesisches Abkommen über Kindergeld Art. 7 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 11.02.2002; Aktenzeichen VIII R 78/01) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Kläger nach dem Deutsch-Tunesischen Abkommen über Kindergeld vom 20. September 1991 (folgend nur: Deutsch-Tunesisches Abkommen) kindergeldberechtigt ist.
Der Kläger ist tunesischer Staatsangehöriger. Er hat zumindest seit Juni 1995 seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Seine Kinder A, geboren am …, B, geboren am … und C, geboren am … waren ausweislich einer Familienstandsbescheinigung vom 26. November 1997 ledig und hielten sich in Tunesien auf; dort lebten sie bei ihrer Tante. Die Kinder A und B studierten in ihrem Heimatland und erzielten keine Einkünfte.
Der Kläger erhielt seit dem 16. Juni 1996 bis 17. Dezember 1996 Arbeitslosengeld und seit dem 18. Dezember 1996 Arbeitslosenhilfe.
Der Kläger beantragte am 9. September 1997 Kindergeld für seine drei Kinder. Mit Bescheid vom 4. Februar 1998 lehnte der Beklagte diesen Antrag ab, weil bei Bezug von Arbeitslosenhilfe kein Anspruch auf Kindergeld bestehe.
Der Kläger legte hiergegen am 6. Februar 1998 Einspruch ein, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. August 1998 als unbegründet zurückwies.
Der Kläger hat am 24. August 1998 vor dem Sozialgericht Köln Klage erhoben. Das Sozialgericht Köln hat mit Beschluss vom 18. Dezember 1998 den Rechtsstreit wegen der Unzulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs nach Anhörung der Beteiligten an das Finanzgericht Köln verwiesen.
Der Kläger macht geltend, der Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass im Fall des Bezugs von Arbeitslosenhilfe ein Kindergeldanspruch nach dem Deutsch-Tunesischen Abkommen nicht bestehe. Aus dem Merkblatt über Kindergeld für tunesische Arbeitnehmer ergebe sich, dass tunesische Staatsangehörige Kindergeld auch für die Zeiten, in denen sie Arbeitslosengeld, Krankengeld oder eine vergleichbare Leistung beziehen, erhielten. Bei der Arbeitslosenhilfe handele es sich – wie bei Arbeitslosengeld – um eine Lohnersatzleistung, weil sie als teilweisen Ersatz für das ausgefallene Arbeitsentgelt geleistet werde.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 4. Februar 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. August 1998 zu verurteilen, ihm Kindergeld ab Antragstellung nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er macht geltend, nach Artikel 7 Abs. 1 des Deutsch-Tunesischen Abkommens bestehe ein Anspruch auf Kindergeld in dem hier einschlägigen Fall nur dann, wenn der Arbeitnehmer Leistungen der Arbeitslosenversicherung erhalte. Der Kläger habe aber keine Leistung der Arbeitslosenversicherung, sondern die aus Steuermitteln finanzierte Arbeitslosenhilfe erhalten, so dass er nicht in den Genuss der Vergünstigung nach dem Deutsch-Tunesischen Abkommen komme.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung verzichtet (Bl. 37,38 d.A.)
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichts- und Kindergeldakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet im Einvernehmen mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Die Klage ist unbegründet.
1.
Die Ablehnung der Festsetzung des Kindergeldes entsprechend dem Antrag des Klägers vom 9. September 1997 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vergl. § 101 Satz 1 FGO).
Zurecht geht der Beklagte davon aus, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld zugunsten des Klägers zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht vorlagen.
a.
Ein Anspruch auf Kindergeld gemäß § 62 des Einkommensteuergesetzes – EStG – besteht nicht, weil nach § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG Kinder nicht berücksichtigt werden, die weder im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und die nicht im Haushalt eines Berechtigten im Sinne des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG leben. So liegt der Fall hier, weil die Kinder des Klägers ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Tunesien hatten; die Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a i.V.m. § 1 Abs. 2 EStG liegen im Fall des Klägers ebenfalls nicht vor, weil der Kläger zum einen nicht deutscher Staatsangehöriger ist, zudem seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte und zusätzlich nicht ersichtlich ist, dass er zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis steht und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse bezog.